Vincennes, Dienstag, 4. Juni 2024. Bei den vielen „Qualifikationsrennen“ für die fünf Klassiker, die am Super-Sonntag ausgetragen werden, lässt Vincennes die älteren Monté-Spezialisten nicht darben. Im Prix Paul Delanoë, dem finanziellen Höhepunkt der Nachmittagskarte, stritten sie um 90.000 Euro.
Was auf dem geduldigen Papier so unschuldig daherkam mit den vor starken Auftritten nicht eben strotzenden acht Kandidaten - unter den je fünf aktuellen, also insgesamt 40 Formen waren nur fünf Volltreffer -, entpuppte sich als grandioses Spektakel, an dessen Ende ein neuer Bahnrekord stand. Der geht nur deshalb nicht in die Annalen als Weltbestzeit im Trabreiten ein, weil die Bahnvermessung von Vincennes nicht den UET-Regeln entspricht.
Be Mine de Houëlle, Dreambreaker und Florida Sport dürfen sich dank der 2018, 2021 und 2022 erzielten 1:09,8 beim Hochgeschwindigkeits-Festival von Solvalla Ende Mai weiterhin als offizielle Weltrekordler fühlen.
1:09,6 lautet die neue Monté-Bestmarke „en France“ und fürs Plateau de Gravelle, womit die alte, von Granvillaise Bleue (2022), Gigolo Lover und Fulton (2023) gehaltene um 0,3 Sekunden verbessert wurde. Zugetraut hatten dies weder Trainer Laurent-Claude Abrivard, der Hanna des Molles einen gelben Smiley mit auf den 2.175 Meter kurzen Weg gegeben hatte, noch die „turfists“, die sie mit 76:10 nur als fünfte Chance sahen.
Kein Wunder, denn die letzten beiden Siege hatte die Allrounderin, allerdings in dieser Disziplin auf Gruppe-I-Ebene, am 5. Februar und 4. März 2023 erzielt und seither aus elf Versuchen nur je eine dritte und siebte sowie zwei sechste Prämien nach Hause gebracht. Und auch Alexandre Abrivards persönliche Comeback-Bilanz nach der verletzungsbedingt viermonatigen Pause sah seit dem 24. Mai alles andere denn verlockend aus.
Er wagte sich erst zum zweiten Mal in den Sattel, und wie befreiend der erste Gruppe-Erfolg beim Rentrée für den 30-jährigen war, sah man ihm beim Passieren des Zielschilds an.
Viel bei zur neuen Marke trug mit Gold Voice die Ärmste des Rudels. Guillaume Martin kannte mit der Jag-de-Bellouet-Tochter keine Angst vor großen Namen, schmetterte, ziemlich weit außen eindrehend, mit Schmackes ins Kommando, rochierte im Bogen von Joinville „lang“ mit der ebenfalls brillant in die Puschen gekommenen Titelverteidigerin Granvillaise Bleue und führte das schmale Feld wuchtig den Berg hinauf.
Dritter war Distanz-Spezialist Fulton, dann klaffte eine kleine Lücke zu Gigolo Lover, Hanna des Molles, Hirondelle du Rib sowie den außen engagierten Geisha Speed und Go For The Gold, der schwer an der knappen Favoritenbürde zu tragen hatte und von hinten nie entscheidend wegkam. Das gelang Hanna des Molles umso besser, als Gold Voice 550 Meter vorm Ziel endlich müde wurde und das Feld dicht zusammenschloss. Granvillaise Bleue war da schon längst auf „Attacke“ gepolt, doch einmal mehr zeigte sich, dass die 1,3-fache Millionärin noch nicht auf dem Level der vorigen Saison angekommen ist.
550 Meter vorm Ziel zog Alex Abrivard bei Hanna die Zaumklappen - und zur Verblüffung (fast) Aller legte die Village-Mystic-Tochter nicht nur eine, sondern zwei Schippen drauf. An der letzten Ecke war sie bereits drei Längen voraus, zog ihren Stiefel gnadenlos durch und kreuzte geschlagene sechs Längen vor der ebenfalls enorm speedigen Geisha Speed die Linie.
Selbst ihr Reiter schien dem Braten nicht ganz zu trauen nach all dem Pech der letzten Zeit - am 29. Mai war er in Caen aus dem Sulky gestürzt, wobei er sich zum Glück keine Blessuren zugezogen hatte - und jubelte trotz des gewaltigen Vorsprungs erst, nachdem der Pfosten passiert war. An der entthronten Granvillaise Bleue tankte sich mit den letzten Schritten auch Hirondelle du Rib vorbei, die bei nunmehr 950.210 Euro die magische Million dicht vor Augen hat.
Eine glückliche Eingebung hatte Züchter Jean-Louis Béraud, Hanna des Molles einst auf der Jährlingsauktion von Deauville für 35.000 Euro zurückzukaufen: Mit ihrem zwölften Erfolg sprang das Konto der Braunen auf 944.620 Euro.
Laurent-Claude Abrivard: „Dass Alex auch im Monté wieder voll einsatzfähig ist, ist für ihn und mich mindestens so wichtig wie der Sieg an sich. Für uns war’s seit dem Unfall im Januar alles andere als einfach. Was Hanna betrifft. Sie hat mich die letzten Male vorm Sulky, wo sie ja auch ihre Meriten hat, sehr enttäuscht. Also habe ich viele Dinge geändert. Ob das im Rennen funktionieren würde, konnte man vorher nicht wissen.“
Sein Filius ergänzte: „Die Rückkehr zu den Pferden war das, was mich in der langen und mental schweren Zeit motiviert hat. Ich habe mich sehr angestrengt, in den Sport zurückzukommen, und sie revanchieren sich. Was den Rekord betrifft: Wir sind im Monté auf bestem Weg, genau so zügig unterwegs zu sein wie im Sulky.“
Prix Paul Delanoë - Monté - (Gruppe III int., Sechs- bis Elfjähr.)
2175m Bänderstart o.Z., 90.000 Euro
1. Hanna des Molles 09,6* Alexandre Abrivard 74
7j.br. Stute von Village Mystic a.d. Ultimate Jet von Nuage de Lait
Be: Jean-Louis Béraud; Zü: Sas JLB Management; Tr: Laurent-Claude Abrivard
2. Geisha Speed 10,1 Anthony Barrier 46
3. Hirondelle du Rib 10,1 Jean-Loïc Claude Dersoir 100
4. Granvillaise Bleue 10,2 Camille Levesque 46
5. Gigolo Lover 10,3 François Lagadeuc 320
6. Go For The Gold 10,4 Mathieu Mottier 34
Fulton dis.r. Damien Bonne 60
Gold Voice dis.r. Guillaume Martin 240
*Bahnrekord und Monté-Rekord auf französischem Boden
Sieg: 74; Richter: überlegen 6 - ¾ - 1¼ - 1 - 1½ Längen; 8 liefen (NS Filou d’Anjou)
Zw-Zeiten: 06,4/675m - 07,8/1175m - 09,6/1675m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 (- 900) Euro