Cagnes-sur-Mer, Samstag, 21. Dezember 2024. Stets ein wenig im Schatten des Winter-Meetings in Vincennes läuft jenes in Cagnes-sur-Mer. Es ist konträr zu dem im Pariser Südosten ein gemischtes, zu dem die Vollblüter ein gerüttelt Maß beitragen. Erster Höhepunkt für die Traber auf dem Hippodrome de la Côte d’Azur ist stets der Grand Prix de Noël kurz vor Weihnachten für ältere europäische Recken, die keine 1.000.000 Euro auf der hohen Kante haben durften.
Sechs Vierbeiner, die bereits 2023 dabei waren, reisten zur schönen Bescherung von 80.000 Euro an, darunter Vorjahrssieger Bordeaux S., der seit März 2024 nicht mehr vom Team Bazire, sondern aktuell von den Gebrüdern Martens gecoacht wird, sowie dessen Runner-up Gimy du Pommereux.
Beide spielten keine Rolle, wobei Bordeaux S. wie Eberton und El Greco Bello 25 Meter Zulage wettzumachen hatte und von diesem Trio als „brotloser“ Achter noch am weitesten kam.
Favoriten und allein unter 10-fachen Odds zu haben waren drei Zugereiste: Hede Darling und Hedic Géma wagten den 750 Kilometer langen Trip von Grosbois an die Côte d’Azur, Alessandro Gocciadoro entsandte den Lasbeker Schweden Oscar L.A. auf die Bahn am Mittelmeer mit dem ewigen Einlauf.
Die zwei Runden rum über insgesamt 2.925 Meter schienen dem in Lasbek geborenen Langstrecken-Aficionado sehr entgegenzukommen. Ein schwacher Start verfrachtete den Ready-Cash-Sohn zunächst ins Hintertreffen, von wo er sich auf der letzten Überseite in dritter Spur aufwändig verbesserte. Im Schlussbogen an fünfter Position liegend, machte ein schwerer Fehler alle Hoffnungen auf eine kleine Prämie zunichte.
Besser versahen die beiden anderen „Zugereisten“ ihren Dienst. Schoss zunächst der vor 22 Monaten von der Courant AB verkaufte und von Jörgen Westholm zu Yannick Henry gewechselte Gardner Shaw wie der Blitz ins Kommando, so ließ sich der Schwede eingangs des ersten Bogens von Hede Darling ablösen und war nach einem weiteren Tapetenwechsel zu Beginn der ersten Überseite zu Hedic Géma innerer Dritter vor Honky Tonk Blues.
Als die beiden Gemeinten ausgangs der Schlusskurve zwei Gänge höher schalteten, konnte ihnen Gardner Shaw als Einziger auf den Fersen bleiben. Mehr noch: Die „turfists“ glaubten ihren Augen nicht zu trauen, als des Trainers Tochter Lana Henry so frech wie couragiert ab Mitte der Zielgeraden kräftig zur Attacke blies.
Der Ready-Cash-Sohn strafte seine wenig begeisternden aktuellen Formen kräftig Lügen und raufte sich zu Frankreich-Sieg Nummer sieben, der zugleich der 19. der Karriere war. Eine Länge zurück erwischte Hede Darling Tempomacher Hedic Géma mit den letzten Schritten und sicherte sich den Ehrenplatz. Erst sechs Längen dahinter führte Cagnes-Spezialist Honky Tonk Blues den Rest am Pfosten vorbei.
Lana Henry, die erst am 18. November mit dem 50. Sieg in den Rang eines Jockeys (Berufsreiter bzw. -fahrer) - die Bezeichnung „Jockette“ oder „Jockeuse“ hören die Reiterinnen auch in Deutschland gar nicht gern - aufgestiegen ist und mit dem Grand Prix de Noël ihre ersten halbklassischen Lorbeeren gewann, konnte ihr Glück kaum fassen.
„Es ist mehr als ein schönes Weihnachtsgeschenk, es ist ein Traum, dieses Event zu gewinnen. Ich hatte mir Cagnes-Prüfungen angeschaut und festgestellt, dass der Zug in der Deckung oft der richtige war. Das Tempo war unterwegs gleichmäßig zügig, und Gardner Shaw wusste, wie er aus dieser Lage stark abschließen kann. Wir sind seit zwei Tagen (mit den Pferden ihres Vaters Yannick/Anm.d.Red.) im Süden, und es läuft ziemlich gut“, kommentierte die 19-jährige fast noch zurückhaltend.
Nicolas Bazire indes haderte mit der Situation 150 Meter vorm Ziel, als Gardner Shaw leicht nach innen schwankte: „Bis dahin lief alles optimal, aber dann musste ich Hede Darling kurz korrigieren, was ihn vielleicht den für den Sieg entscheidenden Schwung gekostet hat. Zum Glück fing er sich wieder, aber Gardner Shaw war da schon weg.“ Ein bisschen enttäuscht war Alan Gendrot: „Vielleicht hätte ich einen Tick früher losfahren sollen. Hedic Géma war stark genug.“
Grand Prix de Noël (Gruppe III int.; Sieben- bis Zehnj., keine 1.000.000 Euro)
2925m Bänderstart, 25m Zulage ab 400.000 Euro; 80.000 Euro
1. Gardner Shaw 2925 13,2 Lana Henry 162
8j.br. Wallach von Ready Cash a.d. Bloom Boko von Cantab Hall
Be: Jérôme Larquet; Zü: Julinus AB, SE; Tr: Yannick Henry
2. Hede Darling 2925 13,3 Nicolas Bazire 30
3. Hedic Géma 2925 13,3 Alan Gendrot 40
4. Honky Tonk Blues 2925 13,7 Nicolas Ensch 180
5. Gingko Thélois 2925 14,0g Yannick-Alain Briand 210
6. Gimy du Pommereux 2925 14,1 David Cinier 880
7. Félix du Bourg 2925 14,2 Bruno Marie 580
8. Bordeaux S. 2950 13,6 Christophe Martens 160
9. Eberton 2950 13,8 Junior Guelpa 320
10. Girolamo 2925 14,4 Théo Briand 910
11. El Greco Bello 2950 13,9 Jean-Charles Féron 190
French Man 2925 dis.r. Pierrick Le Moel 890
Oscar L.A. 2925 dis.r. David Békaert 45
Gaotcho Jiel 2925 dis.r. Romuald Mourice 300
Sieg: 162; Richter: sicher 1 - Kopf - 6 - 4½ - 1½ - 1 - 1½ - 1 Länge; 14 liefen
Wert: 36.200 - 20.000 - 11.200 - 6.400 - 4.000 - 1.600 - 800 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-12-21/601/2
Zum Auftakt im Prix de la Solidarité (Sechs- bis Achtjährige, keine 197.000 Euro; 2.150m Autostart; 35.000 Euro) durfte der von Henk Grift trainierte Hooper des Chasses lange mit dem Ehrenplatz liebäugeln. Von Christophe Martens früh in die Todeslage lanciert, biss sich der bei 69:10 notierte Quaker-Jet-Sprössling zunächst am von Lana Henry schneidig vorneweg vorgetragenen In Love Méslois die Zähne aus.
Der schier unendlich lange Einlauf machte dem Vertreter des Stalles Habo auf den finalen 100 Metern mit jedem Schritt mehr zu schaffen. Platz um Platz verlor der zähe, weitgereiste Siebenjährige, so dass zu seinen 194.432 Euro nur noch 700 Euro für Rang sechs hinzukamen.