Campbellville / Ontario, Samstag, 15. Juni 2024. Nordamerikas erster Monsterrenntag der Saison für die Standardbreds fand im Woodbine Mohawk Park vor den Toren der Millionenmetropole Toronto statt. In erster Linie war‘s ein Festmahl für die Pacer, deren Dreijährige im zum 41. Mal ausgetragenen Pepsi North America Cup um eine runde Million Maple-Leaf-Dollar stritten, was nach derzeitigem Kurs nur rund drei Viertel dessen in harter US-Währung bedeutet.
In dem am Toto recht offen gehandelten Match - fünf der zehn Kombattanten wurden zwischen 36 und 75:10 notiert - profitierte der Sieger Nijinsky von einer gewieften Fuhre Louis Philippe Roys. Einer von Kanadas jungen Wilden verpasste dem Bettor’s-Delight-Sohn den perfekten Trip im zweiten Paar außen und tanzte den lange führenden Favoriten Captains Quarters/Jody Jamieson in einem packenden Finish um 1½ Längen aus.
Der sechste Sieg des 120.000-US-Dollar-Jährlings (Harrisburg 2022), der bis auf einen Breeder’s-Crown-Vorlauf ausschließlich in Kanada unterwegs war, ließ sein Konto um 500.000 auf 723.362 CAD explodieren und bescherte Trainer Anthony Beaton, der zehn Jahre lang „erster Mann“ im Stall von Casie Coleman gewesen war, den ersten bedeutenden Titel.
Das Fan Hanover Final, Gegenstück für die dreijährigen „Pacer-Fillies“ um 425.000 CAD, ging auf die Kappe der ebenfalls von Bettor‘s Delight gezeugten It‘s a Love Thing, die mit James Macdonald eine Länge vor den fast gleichauf den Pfosten kreuzenden Caviart Belle/Yannick Gingras und My Girl Ej/Dexter Dunn für fünffache Sieg-Odds anschlug.
Das 305.000 Dollar wertvolle Roses are Red Final für dreijährige und ältere Stuten hingegen ging in die States. Kurz nach der Halbmeilen-Marke in Front geschickt, wurde die 2020 geborene Roll-with-Joe-Tochter Twin B Joe Fresh ihrer bei 15:10 sehr exponierten Stellung gerecht und holte sich mit Dexter Dunn den Titel vor der nur noch auf eine Länge herankommenden Sylvia Hanover, die als 36:10-Chance von Bob McClure pilotiert wurde.
Call me Goo schürft Gold
Zwei sechsstellig dotierte Prüfungen waren den Trottern vorbehalten. Wie erwartet machten im an Joe O’Briens Wunderstute Armbro Flight, die in den 1960er Jahren fünf Weltrekorde aufgestellt hat und von 1964 bis 1966 zu Kanadas „Trotter of the Year“ gekürt worden war, erinnernden Trot für ältere Stuten die beiden Vorlaufsiegerinnen M-m’s Dream und Call me Goo die Spitzenplätze unter sich aus, wobei Beide anders zu Werke gingen als vor einer Woche in den Vorläufen.
Da hatten sie die Pflicht vor der Kür locker von der Spitze weg erledigt. Nun lautete die Order, möglichst aus der Deckung zuzuschlagen - eine Strategie, die sich als wohlfeil entpuppte. Call me Goos Coach Jason Skinner hatte Tim Tetrick mit auf den Weg gegeben, wenn es irgend ginge, der großen M-m’s Dream nicht vom Hacken zu weichen. Der „Bionic Man“ erfüllte des Trainers Wunsch punktgenau.
Da sich Dave Miller mit M-m’s Dream zu Beginn an der „6“ eher bedeckt hielt und ihm Tetrick tatsächlich auf Schritt und Tritt folgte, bewarben sich Andere um die Spitze. Mit gewaltigem Antritt düste von der „10“ Tipsy Moni, M-m’s Dream Runner-up vom 8. Juni, vor Tactical Mounds (2) und Chake (3) nach vorn und regierte bis in den Einlauf. Dahinter reihten sich M-m’s Dream, Call me Goo, Rose Run Yolanda (1) und Adare Castle (7) ein. Vorjahrssiegerin Refined (4) beackerte weit nach hinten versetzt Gleis zwei und wartete auf eine Lokomotive.
Die kam erst eingangs des weiten Schlussbogens in Form von M-m’s Dream, an der Call me Goo förmlich festgeklebt war. 150 Meter weiter scherte Chake vor den „siamesischen Zwillingen“ aus und begann als Erste, Tipsy Moni zu massieren. So entschlossen sich die von International Moni gezeugte Vierjährige auch wehrte, blieb ihr in dem engen Endkampf doch nur die kleinste Prämie. Für die größte schien lange die von Per Engblom gemanagte Chake beste Karten zu haben, bis die beiden Favoritinnen auf Hochtouren liefen.
Skinners Plan ging exzellent auf: Kaum hatte M-m’s Dream die Nase vorn, konnte es Call me Goo noch ein bisschen besser, obwohl sie 100 Meter vorm Pfosten um eine Viertelspur nach innen in die Linie der Konkurrentin schwankte. Von Tetrick rasch korrigiert, raufte sich die Tochter des Halbpacers Googoo Gaagaa, der sich als Stallion insbesondere in Schweden einen erstklassigen Namen gemacht und aktuell Hail Mary und Borups Victory als Juwelen in der Auslage hat, um eine halbe Länge zum 20. und mit Abstand wertvollsten Erfolg ihrer 28 Versuche umfassenden Karriere vorbei.
Das Girl aus Maryland, nicht gerade die erste Adresse der nordamerikanischen Standardbred-Zucht, hat in dieser Saison eine fast blütenweiße Weste, denn bei fünf Starts musste sie nur einmal eine Bessere vor sich dulden: Im 2. Lauf des Miss Versatility Trot hier in Mohawk hatte sie als Leaderin gegen M-m’s Dream um Haupteslänge den Kürzeren gezogen.
„Es lief perfekt. Diese beiden Ausnahmestuten trennt kaum etwas. Heute ist unser Plan voll aufgegangen, nächstes Mal kann’s wieder anders rum sein“, strahlte Tetrick, „hat sie einen Helm vor sich, ist sie brillant und wartet nur darauf, losgelassen zu werden, und noch besser ist’s, wenn der Helm zu Dave gehört“, spielte er auf Miller an. „Hat sie dann freie Bahn, gibt’s kein Halten mehr. Dann wirft sie alles in die Waagschale, was sie hat. Bei einigen der letzten Aufgaben hat‘s nicht ganz so geklappt, obwohl sie trotzdem überzeugt hat.“
Jason Skinner ergänzte: „Sie ist ein echtes Grand-Circuit-Pferd, das beste, das ich je in Händen hatte. Ich war schon einige Mal in solchen Matches engagiert, aber noch nie mit einem solch chancenreichen, dominanten Pferd, wie sie es ist“, deren „bankroll“ vorerst bei 556.168 US-Dollar gestoppt hat.
Armbro Flight Trot -Final - (int., dreij. & ältere Stuten)
1609m Autostart, 233.000 CAD
1. Call me Goo 09,2 Tim Tetrick 43
4j.br. Stute von Googoo Gaagaa a.d. Callmemza von Great George Two
Be: Graham Grace Stables, US; Zü: William Roberts, US; Tr: Jason Skinner
2. M-m’s Dream 09,2 David Miller 13
3. Chake 09,4 Todd McCarthy 149
4. Tactical Mounds 09,5 Scott Zeron 176
5. Tipsy Moni 09,6 Yannick Gingras 268
6. HP Mama B 09,7 Louis-Philippe Roy 803
7. Refined 09,9 Douglas McNair 149
8. Adare Castle 10,0 James Macdonald 688
9. Warrawee Xenia 10,0 Bob McClure 339
10. Rose Run Yolanda 10,7 Dexter Dunn 692
Sieg: 43; Richter: sicher ½ - ¾ - 1¼ - ½ - 1¼ - 1¼ - ¼ - ½ - 5¾ Längen; 10 liefen
Wert: 116.500 - 58.250 - 27.960 - 18.640 - 11.650 CAD
Stallions: Googoo Gaagaa – Swan for All – Donato Hanover – Tactical Landing – International Moni
Klare Sache für den Senkrechtstarter
Nichts, aber auch gar nichts anbrennen ließ 50 Minuten später im Goodtimes Trot für dreijährige Traber Kanadas Hoffnung Highland Kismet. Der erst in diesem Jahr ins Arbeitsleben eingestiegene, noch die Farben seiner Züchter verteidigende Father-Patrick-Sohn vollbrachte nach drei Siegen und einem Ehrenplatz aus den ersten vier Aufgaben in dem 225.000er sein erstes vorläufiges Meisterstück.
Während Myretirementdream (7) sofort patzte, hielt ihn Bob McClure an „Hole 6“ ein wenig zurück und begann praktisch aus der zweiten Startreihe. Das klappte dennoch ausgesprochen gut, denn nachdem sich mit gewaltigem Antritt Shermont (9) vor Top Mast (5) das Kommando gesichert hatte, rückte der 14:10-Favorit hinter dem die äußere Garde anführenden Private Access Ende der Startgeraden bereits auf Platz vier vor.
Sein Vordermann übernahm eingangs der Überseite das Zepter - das Signal für McClure, seinem Partner den Kopf frei zu geben. Der schien auf das „Go“ regelrecht gelauert zu haben, schoss los wie eine Rakete und war am Halbmeilenpfosten „in the lead“. Weil außen Pick Pocket mit Winter Soldier nur dezent vorankam, hatte Louis Roy alle Zeit der Welt, Mitte des langen Schlussbogens Private Access auf Attacke zu polen.
Was 150 Meter lang recht gefährlich für den Piloten wirkte, weil der Angreifer schwungvoll an seine Seite zog, entpuppte sich für die entscheidenden 350 Meter als Strohfeuer. Eine minimale Aufforderung, und der „Highlander“ legte einen gehörigen Gang zu, schnurrte auf und davon, baute überlegen drei Längen voraus sein Konto mit dem vierten Volltreffer kräftig um 112.500 auf 149.500 Can-Dollar aus und kletterte auf ein neues Niveau.
McClure, der ihn bis auf die Qualifikation stets in Händen hatte, schwärmte: „Was für ein Typ! Er ist an zwei Fingern zu fahren. Du kannst mit ihm losdüsen, bremsen, gerade wie es die Situation erfordert - er macht alles mit. Ich hab ihn mit Absicht nicht so dicht ans Auto geführt und hatte dadurch alle Zeit der Welt, ihn außen unterzubringen. Was für ein Kick auf der Zielgeraden - er hat das alles ganz easy gemacht. Zweijährig war er nicht zu gebrauchen, hatte enorme Probleme, seine Beine zu sortieren. Das mag man gar nicht glauben, wenn man ihn heute fährt. Mark Etsell hat ihn toll geformt und ihm die nötige Zeit zur Reife gelassen.“
Mit 1:09,4 egalisierte er zugleich den zehn Jahre alten Rennrekord eines gewissen Trixton, der sich drei Wochen später in der Siegerliste des Hambletonian verewigte. Etsell, McClure und das Umfeld hätten nichts dagegen, wiederholte sich die Geschichte gegen T C I, Karl & Co. Eingeschrieben ins Hambletonian - für das nordamerikanische „Derby“ ist eine Nachnennung nicht möglich - ist er jedenfalls…
Goodtimes Trot - Final - (int., dreij. Hengste & Wallache)
1609m Autostart, 225.000 CAD
1. Highland Kismet 09,4 Bob McClure 14
3j.br. Hengst von Father Patrick a.d. Top Hill von Muscle Hill
Be / Zü: Highland Thoroughbred Farm; Tr: Mark Etsell
2. Private Access 09,7 Louis-Philippe Roy 76
3. Top Mast 10,0 Sylvain Filion 135
4. Winter Soldier 10,4 Dexter Dunn 108
5. Goober Smack 10,6 Tyler Borth 604
6. Pick Pocket 10,7 James Macdonald 114
7. Griff 10,9 Tim Tetrick 267
8. Finite 10,9 Chris Christoforou 815
9. Shermont 11,1g Trevor Henry 493
Myretirementdream dis.r. Jody Jamieson 209
Sieg: 14; Richter: überlegen 3¼ - 1½ - 3½ - 2 - ¾ - ¾ - ¼ - 2¼ Längen; 10 liefen
Wert: 112.500 - 56.250 - 27.000 - 18.000 - 11.250 CAD
Stallions: Father Patrick – Muscle Hill – Walner – Face Time Bourbon – Flanagan Memory