Vincennes, Dienstag, 28. Mai 2024. An einem ganz normalen Dienstagnachmittag hatte die Berg- und Talbahn auf dem Plateau de Gravelle neben Alltagskost zwei mit je 120.000 Euro dotierte Halbklassiker auf der Acht-Gänge-Karte - so etwas gibt’s nur im Temple du Trot.
Für die reicheren Vertreter der einheimischen Generation 2021, den Jahrgang „L“, war es die letzte Gelegenheit, für den 23. Juni zu proben: An jenem Super-Sonntag mit fünf Gruppe-I-Klassikern steht für sie, dann für „Männlein und Weiblein“ gemeinsam, der Prix Albert Viel zur Debatte. Die etwas Ärmeren - jene, die keine 75.000 Euro auf der hohen Kante haben - haben am 7. Juni noch eine kleine Chance, sich für den 200.000ern zu qualifizieren.
Bélinas Töchterchen immer besser
Eine überaus eindrucksvolle Vorstellung über die Sprintstrecke von 2.175 Metern gab im mit 15 Demoiselles bis zum Anschlag besetzten Prix Ozo, der jener Französin gewidmet ist, die unter anderem mit Gerhard Krüger jenseits des Atlantiks 1962 den Transoceanic Trot und 1965 mit Johannes Frömming den Prix d’Amérique gewonnen hat, Liza Josselyn.
Das erste Fohlen der Bélina Josselyn holte sich nach zwei Treffern auf Gruppe-III-Niveau den ersten auf echtem halbklassischem Level gegen alle, die bislang Rang und Namen erlaufen haben. Dass der Start des Sprints nicht ganz simpel ist, weil man rasanter als sonst in die Hufe kommen muss, spürten Lipanga de Guez, Lush Life, Lady und Lizy Josselyn die noch vor Erreichen der ersten Kurve ausgehängt waren.
Dort regierte Luna Nova Gwen, mit 50.370 Euro die ärmste der 15 Kandidatinnen, vor Lotta Bourbon, der überzeugenden Siegerin des Prix Masina, Lilas Castelle sowie La Joyeuse Wicz, die mit dem Critérium des Jeunes den bislang einzigen Klassiker ihres Jahrgangs an ihre Fahne geheftet hat.
Geschlafen hatte aber Jean-Mchel Bazire nicht und war nach 400 Metern kräftig auf dem Vormarsch mit Liza Josselyn, die so gar nicht an ihre elegante, kapriziöse, fast 2,7 Millionen reiche Mutter erinnert, die nicht umsonst von den „turfists“ mit dem Beinamen „La Ballérine“ geadelt worden ist. Die Braune, mit ihrer bulligen, muskelbepackten Physiognomie eher an Ready Cash und ihren Großvater Love You erinnernd, übernahm für den Anstieg den Part der Anführerin.
Außen produzierte sich Louisiane de Bomo vor Lopigna, Let me Shine Gio, Layla und Lexie de Banville. Kaum schnupperten die Verfolger nach dem langsamen dritten Abschnitt Morgenluft, wurde ihnen auch schon der Wind aus den Segeln genommen.
Zwei unmerkliche Winke ihres Meisters, der anschließend die Hände in den Schoß legen konnte - schon stiefelte Liza los und schlug 2½ Längen voraus in einer Mischung zwischen „leicht“ und „überlegen“ zum sechsten Mal in ihrer lediglich sieben Auftritte umfassenden Laufbahn als Beste an. Drei Gruppe-Treffer und 163.680 Euro prangen nun in ihrem Fahrtenbuch, womit sie ihrer viel später reiferen Mutter klar voraus ist: Bélina hat ihren ersten Gruppe-Treffer erst ein Jahr später als Vierjährige am 19. Mai 2015 gelandet - beim 14. Engagement.
Den Ehrenplatz hielt Riesenaußenseiterin Luna Nova Gwen eisern gegen die enorm zuverlässige Louisiane de Bomo fest, die mit 218.500 Euro ihren Status als Gewinnsummen-Königin des Jahrgangs verteidigte. Pech hatte Lotta Bourbon, die sich nie recht zu entfalten vermochte und tatenlos zusehen musste, wie ihr mit Lilas Castelle ein weiterer Longshot die vierte Prämie vor der Nase wegschnappte.
Mit 1:13,1 blieb die im Vorjahr von Kana de Beylev auf blanke 1:12 geschraubte Rennbestzeit unangetastet.
„Liza hat dieses Rennen gebraucht, denn seit ihrem letzten Start sind schon wieder fünf Wochen ins Land geggangen. Sie entwickelt sich mental wie körperlich, wie es besser nicht sein könnte, und kann die Tempi sehr effektiv wechseln. Wie’s heute aussah, können wir guter Dinge zum Prix Albert Viel reisen“, bestätigte Bazire die Eindrücke der Kiebitze.
Prix Ozo (Gruppe II nat., dreij. Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Liza Josselyn 13,1 Jean-Michel Bazire 16
3j.br. Stute von Ready Cash a.d. Bélina Josselyn von Love You
Be / Zü: Ecurie Yvan Bernard; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Luna Nova Gwen 13,3 Yoann Lebourgeois 880
3. Louisiane de Bomo 13,4 Benjamin Rochard 56
4. Lilas Castelle 13,4 Mathieu Mottier 490
5. Lotta Bourbon 13,4 Eric Raffin 82
6. Lopigna 13,6 Gabriele Gelormini 850
7. La Joyeuse Wicz 13,7 Gwenn Junod 440
8. Lexie de Banville 14,4 Adrien Lamy 1210
9. Layla 14,6 Alexandre Abrivard 810
Let Me Shine Gio dis.r. Matthieu Abrivard 380
Lady dis.r. Clément Duvaldestin 180
Lizy Josselyn dis.r. Anthony Barrier 720
Love Letter dis.r. Julien Dubois 200
Lush Life dis.r. David Thomain 250
Lipanga de Guez dis.r. Tristan Ouvrie 780
Sieg: 16; Richter: leicht 2½ - ½ - Hals - ½ - 2 - 1 Länge; 15 liefen
Zw-Zeiten: 07,9/675m - 10,3/1175m - 14,6/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-05-28/7500/2
Der „Maître“ auch bei den Hengsten
War „JMB“ mit Liza Josselyn bei schmalen 16:10 ganz klar allererste Wahl, so zählte er 70 Minuten später im Prix Kalmia für die Hengste eher zur Kategorie I b, obwohl sich Lucky Jackson vor 18 Tagen im Prix Paul Karle mit Filius Nicolas an Bord als Zweiter zu Luciano Menuet nachdrücklich angekündigt hatte.
Mit dem Schützling aus dem Hause Allaire knöpfte Alex Abrivard dem von ganz außen mit Verve nach vorn gehuschten Largo de Castelle nach 400 Metern das Kommando ab und schleppte das Feld, aus dem einzig Love and Sun den Dienst im Galopp quittierte, den Berg hinauf bis auf die Zielgerade.
Den am Totalisator knapp vor ihm rangierenden Lovino Bello wusste er als inneren Dritten von Trainingsgefährte Little Brown sowie dessen Anhängseln Lucky Jackson, Lombok Jiel, Lash Perrine und Le Voyou d’Almo wohl bewacht. Reichen sollte es zum vierten halbklassischen Treffer dennoch nicht für den Feliciano-Sohn.
In einem engen Finish gewann letztlich Lucky Jackson um eine Länge die Oberhand und gebietet mit dem zweiten Erfolg aus 14 Versuchen über 129.790 Euro. Auf Platz zwei spurtete der diesmal fehlerlose Lombok Jiel, der am 10. Mai nach einem verpatzten Start viel Speed verraten und die fünfte Prämie eingeheimst hatte, vor Luciano Menuet und Lovino Bello, den beiden mit 224.050 bzw. 215.395 Euro Reichsten des männlichen 2021er Crops.
„Man lernt nie aus“, gestand Bazire senior (53), „noch im Winter haben wir darüber nachgedacht, Lucky Jackson kastrieren zu lassen, weil er im Wettkampf unkonzentriert und zappelig war. Das muss er mitbekommen haben, verbesserte sich im Frühjahr in jeder Hinsicht. Ihm fehlt noch ein bisschen Zähigkeit und Härte, aber er hat unsere Erwartungen perfekt erfüllt. Ich denke, wir können uns am 23. Juni im Prix Albert Viel berechtigte Hoffnungen auf eine Prämie machen.“
Dann wird er erneut auf Lombok Jiel treffen, „der sich in die richtige Richtung entwickelt. Einige Kleinigkeiten müssen wir noch ändern, denn er ist noch immer zu Beginn sehr angespannt, wie nach dem Fehlstart zu sehen“, war Jean-Luc Dersoir mit seinem Protegée zufrieden, der in dieser Hinsicht stark an den jungen Hokkaido Jiel erinnert.
Prix Kalmia (Gruppe II nat., dreij. Hengste)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Lucky Jackson 12,8 Jean-Michel Bazire 80
3j.schwbr. Hengst von Ready Cash a.d. Statue of Liberty von Goetmals Wood
Be / Zü: New Blue 1 LLC (Ecurie Wildenstein); Tr: Jean-Michel Bazire
2. Lombok Jiel 12,9 Pierre-Yves Verva 58
3. Luciano Menuet 12,9 Alexandre Abrivard 39
4. Lovino Bello 13,0 Eric Raffin 32
5. Largo de Castelle 13,0 Benjamin Rochard 150
6. Loulou de Mye 13,2 Matthieu Abrivard 100
7. Little Brown 13,5 David Thomain 100
8. Learn to Fly 13,6 Frédéric Senet 910
9. Le Voyou d’Almo 13,9 Charley Heslouin 1070
10. Lash Perrine 18,4 Franck Nivard 290
Love and Sun dis.r. Laurent-Cl. Abrivard 970
Sieg: 80; Richter: sicher 1 - Kopf - Kopf - 1 - 1¼ - 3½ - 1 Länge; 11 liefen
Zw-Zeiten: 10,4/675m - 12,9/1175m - 14,1/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro