Zum 38. Mal geht es beim Grand National du Trotauf 13 verschiedenen Hippodromen nicht Sonntags, sondern „immer wieder Mittwochs“ mal rechts-, mal linksherum bis zum 20. November kreuz und quer durch die Fünfte Republik. Beschlossen wird der GNT mit einem Finale für die 20 startwilligen Punktbesten am 1. Dezember in Vincennes - das nächste Winter-Meeting wirft in Form dieser Clôture seine Schatten also schon ein wenig voraus.
Natürlich hat der Rotstift von PMU, SECF und LeTrot auch vor dieser Etappenfahrt nicht Halt gemacht, doch fielen die Kürzungen mit jeweils 85.000 statt 90.000 Euro sehr moderat aus. Es winkt fette Beute auf den diversen Pisten, und weil die Atmosphäre stets eine ganz besondere ist, den drei punktbesten Fahrern wertvolle Ehrenpreise winken und die drei erfolgreichsten Trainer mit Prämien von 15.000, 7.500 und 3.000 Euro beglückt werden, sind die Größen des Fachs zur Freude der stets in Massen anrückenden „turfistes“ mehr oder weniger häufig präsent.
Auf dem 1100 Meter kurzen Rechtskurs des Hippodrome de Petit Saint-Jean waren fast drei Runden zu absolvieren, wobei der Wettergott sich gnädig zeigte. Bei 13 Grad war der Himmel zwar entgegen der Schlagzeile Grau in Grau, doch war und blieb es trocken, so dass den Gespannen im Gegensatz zu 2017, als der GNT hier letztmals Station gemacht hatte, vom Geläuf her keine Schlammschlacht abverlangt wurde. Die gab es im übertragenen Sinn. Hoffentlich gilt dies nicht als schlechtes Omen für die weiteren Stationen, denn es bedurfte sechs abgebrochener Versuche, vier Fehlstarts und eines Radwechsels bei der immer hibbeliger werdenden Favoritin Cadix, bis das 15er-Feld - der als Solist mit 50 Meter Zulage bedachte Atout du Lerre war gestrichen worden - mit zehnminütiger Verspätung auf die 2900 Meter lange Reise geschickt wurde.
Erstaunlicherweise nahm dies einzig Amour Orageux krumm, war nicht zum Traben zu bewegen und landete früh am Sünderturm, wo er in Agi de Crennes erst im Schlussbogen Gesellschaft bekam. Selbst die mittlerweile schneeweiß gekochte Cadix focht die Verzögerung nicht an. Jedes Mal brachte sie Alain Laurent ganz außen ab, wo sie auch beim gültigen „Ab“ wie der Blitz loslegte und sich vor Contrée d’Erable und Agi de Crennes auf den Regiestuhl pflanzte, noch ehe die erste Kurve erreicht war. Für Spur zwei spielte Bleu Ciel, der später auch mal als innerer Dritter kurz Luft holte, vor Cobra Ar Carac und Diego du Guelier die Lokomotive. Von den drei Bezulagten war Captain Sparrow am zügigsten in die Hufe gekommen. Gabriele Gelormini scheuchte den Sohn der Gruppe-Sieger Ready Cash und Holly du Locton in dritter Spur voran, als die Tribüne das erste Mal passiert wurde, kam jedoch weder vorbei noch ins Versteck und nahm ihn, nachdem er durch die zweite Kurve enorm eierte und auf dem Sprung lag, wieder ans Ende zurück, von wo es kein zweites Auftauchen gab.
Für die Schlussrunde löste Cyriel d’Atom mit „Mr Quinté“ Eric Raffin dann Bleu Ciel als äußerer Anführer ab, sah jedoch nur bis ausgangs der Schlusskurve verheißungsvoll aus. Die unermüdlich weiterstiefelnde Cadix bekam er ebenso wenig zu packen, wie er die Attacke des von Adrien Lamy in dritter Spur eingesetzten Bleu Ciel zu parieren vermochte. Noch mehr drauf hatte Contrée d’Erable, mit der sich David Thomain innen an der etwas nach außen driftenden Cadix vorbeimogelte und sicher mit einer knappen Länge die Oberhand behielt. War innen Platz genug zum Überholen oder nicht, lautete die Frage, die die Stewards mittels „Enquête“ zu klären hatten. Aus der Front-Perspektive klar ersichtlich war, dass Thomain zwei Pylonen unterfahren hatte - eine zuviel nach französischem Reglement.
So fiel der Sieg doch noch an Bleu Ciel, für den sein Trainer und Züchter Jean Morice (70) im Vorfeld verhalten optimistisch gewesen war: „Zuletzt in Vincennes hat er nach einem taktisch nicht sonderlich günstig ablaufenden Rennen auf dem finalen Kilometer stetig Boden gutgemacht. Körperlich geht’s ihm prächtig, die Rivalen sind seine Kragenweite, und rechtsherum ist er sogar einen Tick stärker. Passt der Rennverlauf halbwegs, sollte er nicht enttäuschen und weit vorn landen.“
Gesagt, getan - nicht mit gütiger Hilfe der Rennleitung, die gar nicht anders durfte, als Contrée d’Erable zu disqualifizieren, die ohne das riskante Überholmanöver nur „Bronze“ ergattert hätte. Die ging an Diego du Guelier, der nach Jahren der Pleiten, Verletzungen und roten Karten sehr manierlich lief und vielleicht doch noch mal an jene glorreichen Tage anknüpfen kann, die ihm 2016 zum Sieg im Critérium des 3 Ans vor Cracks wie Django Riff, Dawana, Draft Life, Dijon und Délia du Pommereux verholfen hatten. Platz vier ging an Beerscott vor Cyriel d’Atom und Cantin de l’Eclair als Bestem des Zulagenbandes, aus dem Cicero Noa überhaupt keine Rolle spielte und nie entscheidend von hinten wegkam.
1. Etappe des GNT
Prix Geny Courses (Gruppe III national, Fünf- bis Zehnjährige)
2900 Meter Bänderstart; 25 Meter Zulage ab 263.000, 50 Meter ab 442.000 Euro; 85.000 Euro
1. Bleu Ciel 2900 13,8 Adrien Lamy 91
8j.br. Wallach von Milord Drill a.d. Quelle Action von And Arifant
Be: Jocelyne Morice; Zü / Tr: Jean Morice
2. Cadix 3. Diego du Guelier 4. Beerscott 5. Cyriel d’Atom 6. Cantin de l’Eclair 7. Cobra Ar Carac 8. Cicero Noa 9. Captain Sparrow 10. Bon Jénilou 11. Allegro Nonantais 12. Arno de Bossens Contrée d’Erable* Amour Orageux Agi de Crennes |
2900 13,9 Alain Laurent 2900 14,1 Mathieu Mottier 2900 14,1 Franck Nivard 2900 14,1 Eric Raffin 2925 13,6 Tony Le Beller 2900 14,3 Anthony Barrier 2925 14,1 Pierre Vercruysse 2925 14,3 Gabriele Gelormini 2900 15,0 Bernard Piton 2900 15,4 François Lecanu 2900 15,5 Jean-Loïc Claude Dersoir 2900 1.dRL David Thomain 2900 dis.r. Yoann Lebourgeois 2900 dis.r. Jérémy-Pascal Maillard |
28 80 181 100 363 105 134 368 427 1515 743 86 355 329 |
*als Siegerin wegen Verlassens der abgesteckten Bahn auf der Zielgeraden disqualifiziert (mehr als 1 Pylone unterfahren)
Sieg: 91; Richter: (sicher ¾) - 1½ - 2 - Hals - ½ - 1 - 2½ - 6 Längen; 15 liefen (NS Atout du Lerre / 2950m) o.Z.
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 - 850 Euro
Link zum Rennvideo: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2019-03-06/8002/1
Punkte nach Etappe 1 (Amiens):
Bleu Ciel Cadix Diego du Guelier Beerscott Cyriel d‘Atom Cantin de l‘Eclair Cobra Ar Carac |
15 (1 Sieg) 10 8 6 5 4 3 |
Die Mehrzahl der heutigen Teilnehmer wird man auf Etappe 2 vermutlich nicht wiedersehen, denn dafür müssten sie quer durch Frankreich reisen: In drei Wochen, am 27. März, geht es in Marseille-Borély, dem neueren, 1375 Meter weiten Linkskurs der Metropole am Ufer des Mittelmeers, weiter.
Fotos: geny.com (entscheidende Rennszene), letrot.com (Siegerehrung)