Elitloppet 2019: Ein Außenseiter-Sieg mit viel Gesprächsstoff
28. Mai 2019
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Da musste der Schweden Liebling Readly Express, keinen Schritt mehr zum sauberen Trab zu bewegen, fünf Minuten vor dem Start wegen Lahmheit zurückgezogen werden und verließ unter riesigem Beifall die Arena, die nach dem rundum überzeugenden Vorlaufsieg für ihn zur großen Bühne werden sollte. Björn Goop steuerte ihn extra nochmals zu den Fans vor die Tribüne, die den charismatischen Braunen mit 27 Siegen aus 37 Starts und 23.211.565 Kronen im Rucksack vermutlich für immer mit donnerndem Applaus verabschiedeten. „Er ist so ein grandioser Typ, da sollte er nicht leise durch die Hintertür abtreten, sondern mit Hurra vor seiner großen Kulisse“, gestand Goop mit einer Träne im Augenwinkel jene Momente.

Dijon Einlauf

Propulsion sollte für ihn in die Bresche springen, was den Heimsieg gegen die „Franzmänner“ betraf - und bot die schwächste Vorstellung der letzten Monate. Daran änderte auch eine andere Zäumung nichts, die sich Örjan Kihlström nach dem Vorlauf ausbedungen hatte. Und dann hatte sich der sonst so gewiefte Jos Verbeeck, der die Antritts- schnelligkeit eines Dijon eigentlich kennen sollte und als Erster den Finalplatz hatte wählen dürfen, gründlich verspekuliert. „Hochmut kommt vor dem Fall“ - was im Vorlauf von der „1“ bestens geklappt hatte, gelang im Endlauf eben nicht: locker-flockig die Spitze übernehmen. Dafür legte besagter Dijon viel zu rassig los, Aubrion du Gers war dahinter eingeklemmt, weil außen Next Direction und Propulsion die Gunst der taktischen Stunde resolut nutzten und das Gefängnis ausbruchsicher vernagelten. (Foto: pt.se)

Als Kihlström sich für die Schlussrunde am Finnen vorbeitankte und zu Dijon vorrückte, rempelte sich Verbeeck in höchster Verzweiflung frei bzw. in seines erklärten Rivalen Rücken - eine Unsportlichkeit, die, obwohl eine Runde vorm Ziel, gerade in Skandinavien auch schon mit nachträglicher Disqualifikation geahndet worden ist. Die Stewards ließen Gnade vor Recht ergehen und bedienten den 62-jährigen mit schmalen 10.000 Kronen (ca. 950 Euro) Geldbuße und drei Tagen Fahrverbot - in Anbetracht des Rennpreises ein echter Witz. Witzig allerdings war Verbeeck nach dem Match ganz und gar nicht zumute, der wusste, dass überwiegend er selbst schuld an der Niederlage Aubrion du Gers‘ war, etwas von „hätte ich gewusst, dass Readly Express nicht starten kann, hätte ich selbstverständlich nicht die ‚1‘ gewählt. Zudem verstehe ich die Gangartrichter nicht: Dijon ging die letzten 50 Metern Pass“ von sich gab.

Dijon Pass

An der Gangart des Ganymède-Sohnes, der vorneweg unbeeindruckt und relativ unbehelligt seinen Stiefel durchziehen, Propulsion an der letzten Ecke abschütteln konnte und auch vom enorm, aber viel zu spät hochtourig heranrasenden Aubrion du Gers nicht zu ballern war, entzündeten sich endlose Diskussionen nicht nur beim aus Lennart Forsgren und Stefan Hultman bestehenden Experten-Team von ATG-TV. Es war weder lupenreiner Pass noch Dreischlag, aber eben auch kein astreiner Trab, was der Sechsjährige auf den finalen 20 Metern produzierte. „In Frankreich wäre er ohne Zweifel am Turm gelandet. Es wird Zeit, dass die Regeln überall identisch sind“, knurrte ausgerechnet der angefressene Verbeeck, während Ulf Ohlsson freimütig zugab: „Aus meiner Lage direkt hinter Dijon war nicht auszumachen, wie der die fraglichen Meter absolvierte, und die Fernsehbilder lassen ebenfalls einiges im Unklaren. In der Haut der Rennrichter mochte ich nicht stecken. Wie sich Jos freigerempelt hat, war auch nicht die feine englische Art.“ (Foto: sverigesradio.se)

Verbeeck

Wären beide Franzosen disqualifiziert worden - dies Prozedere lag bis zum endgültigen Richterspruch zehn Minuten lang in der Luft -, wäre der über sich hinauswachsende Makethemark als Sieger aufgezogen worden und hoch im Norden in Boden, dem Standort seines Trainers Petri Salmela, die dort ohnehin zu dieser Jahreszeit fast nicht eintretende Nacht endgültig Tag geblieben. Nach langer Beratung beließen es die Stewards beim „Ergebnis aufm Platz“, „das man so akzeptieren muss“, wie Verbeeck dann doch kurz und bündig zusammenfasste. (Foto: travronden.se)

„Im Vorlauf ging es lediglich darum, sich fürs Finale zu qualifizieren. Dijon, den ich von Anfang an im Training habe, ist ein ausgesprochener Sprinter - das hat er schon in Italien und jüngst im Vitesse von Cagnes bewiesen, wo er nur Readly Express unterlegen war. Vor dem zweiten Heat hatte ich keine Angst. Er ist ein harter Knochen, der so etwas wegsteckt. Von vorn geht er am besten, und genau dorthin wollte ich mit seinem enormen Antritt. Ein fantastisches Pferd, ein grandioses Publikum“ - selbstverständlich war für Romain Derieux der Tag trotz der vielen Grautöne nicht nur des Himmels rosarot. Dijons 13. Sieg passte andererseits bestens zum kleinen Jubiläum von dessen 50. Start. „Die zehn Minuten Wartezeit auf das endgültige Ergebnis waren die längsten meines Sportlerlebens. Ich war mir nicht sicher, wie die hiesigen Rennrichter die Gangart auf den letzten Metern beurteilten. Er ist sehr empfindlich auf solchen Regenbahnen und verliert dann leicht den Stil, und genau das ist heute passiert“, gestand der 35-jährige, „umso glücklicher bin ich natürlich, dass es trotzdem gereicht hat. Der Elitloppet ist eines jener ausländischen Rennen, das ich von Kindesbeinen an verfolgt habe. Schon eine Einladung zu erhalten war ein Traum - und beim ersten Mal gleich ganz vorn zu landen, ist die Krönung.“

Dijon Parade

Bedient war Daniel Redén, der als bislang einziger Trainer vier Elitloppet-Starter anspannte. Von dieser Armada scheiterten Heavy Sound und Double Exposure an der Todesspur und Sorbet an Startplatz „8“ im Vorlauf. Allein Propulsion überstand das Qualifikationssieb und musste zum vermuteten Abschied von den Rennpisten der Welt mit Platz vier und 375.000 Kronen vorliebnehmen. „Er hatte heute sicher nicht seinen besten Tag. Bereits im Vorlauf, noch stärker im Finale fehlte der gewohnte Biss. Ich habe bewusst nicht auf Dijon gedrückt, um ihn nicht für Aubrion du Gers zu knacken, doch am Ende kam viel zu wenig. Da war die Taktik letztlich egal – gewonnen hätte er so oder so nicht“, zog Örjan Kihlström eine bittere Bilanz. (Foto: alltomtrav.info)

 

Der Rennverlauf

Dijon Ehrung

Wieder begann Aubrion du Gers wie der Blitz, doch den entscheidenden Zack besser kam Dijon in die Hufe und stürmte problemlos in Front. Weil auch Iikka Nurmonen mit Next Direction auf die Karte des frühen Gehens setzte, von der „8“ zackig losdüste und außen hängenblieb, fand Kihlström für Propulsion in dessen Windschatten kein gar so schlechtes Plätzchen. Makethemark, Looking Superb und Milliondollarrhyme retteten sich in die Innenspur und harrten der Dinge, die die Großen veranstalten würden. Das war im Fall Propulsions nach 600 Metern  das Umkurven Next Directions, um Dijon vorn nicht mutterseelenallein sein Ding durchziehen zu lassen. Wie von Hexerhand lag plötzlich Aubrion du Gers in seinem Fahrwasser, mit dem Verbeeck die Mini-Lücke entschlossen genutzt hatte, um sich vor Next Direction ganz uncharmant aus der „Haft“ zu rempeln. (Foto: hevosurleilu.fi)

Zu spät merkte der Belgier, dass sein ernsthaftester Rivale nicht Propulsion, sondern der unverdrossen seines Wegs ziehende Dijon war. Als Aubrion du Gers im Scheitel der Schlusskurve endlich die wohlfeile Deckung aufgab - zum gleichen Zeitpunkt sprang sich Looking Superb als Laternenträger des Siebener-Feldes um Kopf und Kragen -, war es fast schon zu spät, Dijon noch einzufangen, der einen bequemen Vorsprung für die letzten 200 Meter mitbrachte. Der schmolz wie Schnee in der an diesem trüben Nachmittag kaum vorhandenen Sonne, als Bazires Wallach zur finalen Flugshow ansetzte. In Lichtgeschwindigkeit rauschte der Neunjährige heran und verpasste den 17. Sieg in Folge gegen einen wankenden Dijon, den Romain Derieux nach allen Regeln der Kunst zusammenhielt, um Haupteslänge. 1½ Längen dahinter hatte Makethemark, der als Profiteur von Verbeecks unfairem Manöver in den Sog des Taktgebers vorrücken durfte, mit eben diesem Abstand Propulsion im Griff.

 

68. Elitloppet (Gruppe I int., ab vierjährig; UET-Masters-Serie, Grand Slam)

1609m Autostart, 6.000.000 SEK

1.      Dijon                                 10,3    RomainDerieux               277

         6j.br. Hengst von Ganymède a.d. Sonate d’Aunou von Coktail Jet

         Be: Mauricette de Sousa; Zü: Louis Derieux; Tr: Romain Derieux

2.      Aubrion du Gers                    

3.      Makethemark                

4.      Propulsion               

5.      Milliondollarrhyme        

6.      Next Direction                

7.      Looking Superb             

10,3    Joseph Verbeeck                 

10,5    Ulf Ohlsson                   

10,7    Örjan Kihlström                          

10,8    Fredrik Larsson                

11,1    Iikka Nurmonen               

dis.r.   Åke Svanstedt                    

19        

86

28

293

434

87

Sieg: 277; Richter: Kampf Kopf - 1½ - 1½ - 1 - 2 Längen; 7 liefen (NS Readly Express / lahm)

Zw-Zeiten: 08,1/500m - 09,9/1000m - 10,4/letzte 500m

Wert: 3.000.000 - 1.500.000 - 750.000 - 375.000 - 175.000 - 100.000 - 60.000 - 40.000 SEK

Rennvideo (mit Zeitlupen des Einlaufs): https://www.youtube.com/watch?v=v3F9lIscRiU

 

Readly Express‘ mächtige Muskelspiele

Pünktlich zum 1. Vorlauf ließ sich die Sonne sehen. Auf die brutale Tour steckte mit Readly Express einer der Vorausfavoriten auf den Gesamtsieg seinen Claim ab. Von der „7“ machte Björn Goop dem Ready-Cash-Sohn richtig Dampf, fegte in dritter Spur durch den ersten Bogen und bekam von Makethemark, der an der „1“ flink wie nie vor Disco Volante und Next Direction auf die Beine gefunden hatte, nach 500 Meter die Kapitänsmütze anstandslos überreicht. Damit war die Messe für den vermutlich lediglich wegen der anspruchsvollen Startnummer bei 19:10 gehandelten Braunen gesungen. Double Exposure bekam vor Uza Josselyn, Looking Superb und Sorbet der äußere Gegenwind denkbar schlecht. Lange konnte sie zwar den nach einer Runde in dritter Spur auf Eroberungstour gehenden Amérique-Zweiten Looking Superb draußen halten, bezahlte dies jedoch mit einem deftigen Rückzug, als es ans Eingemachte ging.

Readly-Express-Elitloppet-karsinta-2019

Anders Readly Express, der nicht ansatzweise in Gefahr geriet und vom gefeierten „Goooop“ nur deswegen ein wenig aufgemuntert wurde, weil „er so allein in Front ziemlich faul ist.“ Ohne Schwitzen erledigte Timo Nirmos‘ brauner Bomber die erste Etappe eine Länge vor dem über sich hinauswachsenden Makethemark, der die von der abfallenden Double Exposure geschaffene Lücke nutzte, seinen Kopf um eben diesen Abstand vor dem außen herum brillant durchhaltenden Looking Superb an die Linie zu strecken. Eine Länge dahinter ging Finalplatz vier an den außen auf Touren kommenden Next Direction knapp vor der sich innen versuchenden Uza Josselyn, die das Pech hatte, hinter Double Exposure erst zeitraubend nach einem Ausweg suchen zu müssen. (Foto: hevosurheilu.fi)

 

Elitloppet - 1. Vorlauf - (int.)

1609m Autostart, 500.000 SEK

1.      Readly Express          10,2     Björn Goop                         19

         7j.br. Hengst von Ready Cash a.d. Caddie Dream von Viking Kronos

         Be: Bro Byggnads AB (Rolf Andersson); Zü: Carlsson Ekonomi  & AB Lavec; Tr: Timo Nurmos

         Pflegerin: Inga Perk

2.      Makethemark       

3.      Looking Superb        

4.      Next Direction          

5.      Uza Josselyn            

6.      Double Exposure    

7.      Sorbet                         

8.      Disco Volante            

10,4     Ulf Ohlsson                     

10,4     Åke Svanstedt                   

10,5     Iikka Nurmonen             

10,5     Gabriele Gelormini        

10,7     Erik Adielsson                   

11,0     Carl Johan Jepson        

11,8     Jorma Kontio                  

225

39

369

341

47

209

187

Sieg: 19; Richter: leicht 1 - k.Kopf - 1 - Kopf - 2 Länge; 8 liefen

Zw-Zeiten: 08,4/500m - 11,7/1000m - 08,0/letzte 500m

Wert: 250.000 - 125.000 - 75.000 - 50.000 SEK

 

Der Hexer obenauf

Wer gedacht hatte, Propulsion habe von der „5“ nur eine Pflichtaufgabe für den Sieg in Vorlauf 2 zu erledigen, wurde gründlich eines Besseren belehrt. Für den mit 15 Siegen am Stück angereisten Aubrion du Gers, bislang nicht als Startrakete verschrien und vermeintlich mit der „1“ gefährlich bedient, „haben wir uns ein bisschen was einfallen lassen - keine Bange“, hatte „Ersatzmann“ Jos Verbeeck im Vorfeld berichtet. Der durfte mal wieder für Jean-Michel Bazire ran, weil Frankreichs Champion keine sonderliche Lust hatte, sich in Schweden ein Fahrverbot einzuhandeln, „was dort schneller geschieht, als du ‚A‘ sagen kannst.“ Der teuflische Belgier, in Frankreich weiterhin wegen Problemen mit den Finanzbehörden „persona non grata“, bewies, dass er als Startkünstler nichts verlernt hat. „Es war, als ob ein Ferrari gegen Citroën antreten würde“, grinste der 62-jährige nach verblüffend leicht vollbrachter Tat. In der Tat begann der Memphis-du-Rib-Sohn wie ein Torpedo. Keine Chance für den sich in sein Fahrwasser verkrümelnden Milligan’s School noch Bahia Quesnot oder Propulsion, ihm das Kommando abzujagen.

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Kihlström schickte Trainingskamerad Heavy Sound vor, der sich an die Flanke des Franzosen legte. Von der „8“  hatte Dijon als innerer Dritter seinen Platz gefunden, äußeres Schlusslicht war Milliondollarrhyme; Day or Night In war mit dem Startschuss explodiert. Unbedrängt zog Verbeeck seine Bahn, zumal Örjan Kihlström mit Propulsion im dritten Paar überwiegend bedacht schien, das Finale so schonend wie möglich zu erreichen. 550 Meter vorm Ziel beorderte er seinen Schützling endlich in Spur drei, der mächtig zu kauen hatte, um an der allmählich Wirkung zeigenden Bahia Quesnot vorbei zu kommen, die ihn durch die Schlussbiege außen hielt. Auf der Zielgeraden machte sich Aubrion du Gers ganz leicht frei. Dass Propulsion bis auf eine Länge heran durfte, war der Großzügigkeit Monsieur Jos‘ zu danken, der seinen Partner kein Stück bemühte. Dijon kam ohne Probleme um den müden Milligan’s School herum streng innen zu „Bronze“ vor Milliondollarrhyme, wogegen Heavy Sound auf der Zielgeraden mucksmäuschenstill war und 50 Meter vorm Ziel schwer gezeichnet die Balance verlor - da war die Finalkarte längst futsch. (Foto: sulkysport.se)

 

Elitloppet - 2. Vorlauf - (int.)

1609m Autostart, 500.000 SEK

1.      Aubrion du Gers             10,2    Joseph Verbeeck                28

         9j.br. Wallach von Memphis du Rib a.d. J’Arrive du Gers von Baccarat du Pont

         Be / Tr: Jean-Michel Bazire; Zü: Marie-Brigitte Anty

2.      Propulsion                      

3.      Dijon                             

4.      Milliondollarrhyme       

5.      Milligan’s School        

6.      Bahia Quesnot             

7.      Day or Night In           

         Heavy Sound                

10,4    Örjan Kihlström                  

10,5    Romain Derieux              

10,5    Fredrik Larsson                

10,9    Ulf Eriksson                      

11,1    Junior Guelpa                  

agh.    Johan Untersteiner         

dis.r.   Kenneth Haugstad            

19

476

332

422

211

425

60

Sieg: 28; Richter: leicht 1¼ - ¾ - ½ - 2½  Längen; 8 liefen

Zw-Zeiten: 10,5/500m - 10,7/1000m - 09,8/letzte 500m

Wert: 250.000 - 125.000 - 75.000 - 50.000 SEK

Nachschau des Rahmenprogramms folgt im Laufe des Tages

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