Da war vorab die traurige Nachricht, es würde nichts mit der Rückkehr des verlorenen einheimischen Sohnes Looking Superb, den Jean-Michel Bazire in der Ferne zum Europastar geformt hatte: Der von Jomar Blekkan ins Trabereinmaleins eingeführte Orlando-Vici-Sohn war wegen eines Fieberschubs in seiner Wahlheimat geblieben.
Nach dem Großen Preis ging der restlos angefressene Wim Paal mit seinem Kollegen Flemming Jensen hart ins Gericht: „Es ist sein gutes Recht, so lange gegenzuhalten, aber es war eine Fahrweise, ohne das Gehirn eingeschaltet zu haben.“ Dabei war der deutsche Weltenbummler vor dem Ab superoptimistisch: „Jerry hat mir versichert, Ringostarr Treb habe bestens trainiert. Der letzte Start innen eingesperrt war extrem gut für die Moral, und wenn du mit einem pfeilschnellen Beginner wie ihm von der ‚3‘ loslegen darfst, kommt zwangsläufig ein Bombengefühl auf.“
Gesagt - und nur halb getan. Zum einen wirkte der kleine Italiener, der nach seinem ebenso überraschenden wie spektakulären Elitloppet-Sieg 2018 lange verletzt ausgefallen war, sich den Trip zum International Trot nach Yonkers hätte sparen sollen und erst am 22. April sein Saisondebüt gegeben hat, längst nicht so spritzig wie in besten Tagen. Das bewog zum anderen Flemming Jensen an der „1“, mit Slide So Easy gegenzuhalten, „bis Blut kommt“ - den Mittelsmann Perfect Spirit hatte das Duo bei der knallharten Bataille um die Spitze per Galopp im ersten Bogen verloren. Paals erster Zugriff nach 300 Metern wurde ebenso schnöde abgeschmettert wie der zweite eine halbe Runde später, und schon dort musste man um den kleinen Kerl fürchten, der auf Sprintstrecken ohnehin besser aufgehoben ist. Erst Numero drei klappte, weil Slide So Easy 700 Meter vorm Ziel ganz geschmeidig die Waffen streckte und drei Weilen abgehängt fast im Schritt am Zielrichter vorbeischleichen sollte. Zwar kam Ringostarr Treb dort endlich vorbei, doch hatte der Run außen herum enorm viel Kraft gekostet. Da nützte dem Classic-Photo-Sohn das riesengroße Kämpferherz nichts mehr: Zu Beginn der Zielgeraden fiel er über seine müden Beine und landete am Turm.
Die entscheidenden Daumenschrauben hatte ihm Bahia Quesnot angesetzt, mit der Junior Guelpa nach einer Runde aus vierter Außenposition hinter Ringostarr, Nadal Broline und Vitruvio in dritter Linie ein Fass aufgemacht hatte. In jenem Moment, als Slide So Easy zum Rückzug blies, tauchte sie an der Seite des Riordan-Schützlings auf und ließ ihn nicht mehr aus den Fängen. Lange hing für die Achtjährige, die der 31-jährige aus Südfrankreich erst im Dezember übernommen und binnen Kurzem zwei Level höher gehievt hat, der verhangene Himmel voller Geigen: Europabummlerin Uza Josselyn und der seinen zweiten Start unter Goops neuer Regie absolvierende Nadal Broline hatten auf den finalen 250 Metern absolut nichts mehr im Angebot, und der Rest schien locker machbar für die Dritte des Olympiatravet und Siegerin des Algot Scott Minne.
Dann jedoch kam einer auf Touren, mit dem man nach einem „Ausbruch“ im Schlussbogen in die vierte Spur schon nicht mehr rechnen konnte. Jorma Kontio hatte Vitruvio, der rund 15 Meter verlor, rasch wieder im Griff und rollte das Feld wie auf Schienen auf. Im Ziel hatte der Adrian-Chip-Sohn, für den Alessandro Gocciadoro auf einen Start im Prix d’Amérique in diesem Winter und nach der schwachen Vorstellung im Lotteria auch auf den Elitloppet verzichtet hatte und der mit 15 Siegen, darunter fünf der höchsten Kategorie I, und 872.920 Euro an den Oslo-Fjord gereist kam, die tapfere Bahia Quesnot locker um 1½ Längen weggebügelt.
Prächtig auf Touren kam aus dem Windschatten des Siegers mit dem Dänen Valokaja Hindö ein weiterer „no name“, dem Bazire seit Herbst letzten Jahres enorm Beine gemacht und zu neun Siegen (der jüngste über Orlando Jet) und 249.550 Euro verholfen hatte. Überglücklich war Magnus Teien Gundersen über Platz vier des norwegischen Derby-Siegers 2018 Gretzky B.R. in dieser noblen Gesellschaft: „Unterwegs waren einige in halber Spur unterwegs, so dass ich in der letzten Kurve ein wenig spät herauskam. Wäre alles optimal verlaufen, wären wir vielleicht einen Rang weiter vorn gelandet, aber auch so bin ich stolz und hochzufrieden mit ihm - er ist ja erst fünf!“
Jorma Kontio, der nach 2010 mit Lisa America seinen zweiten Oslo Grand Prix gewann, kommentierte gewohnt sachlich: „Warum er im Schlussbogen plötzlich weggebrochen und aus dem Takt gekommen ist, kann ich nicht sagen. Wie er das weggesteckt und leicht gewonnen hat, war beeindruckend - schließlich ist er so oft noch nicht gegen Ältere angetreten.“ „Das war ganz und gar nicht Nadal Brolines Tag“, wischte sich ein enttäuschter Björn Goop den Mund ab, „nach diesem Traum-Trip muss er eigentlich um den Sieg mitmischen, nachdem die Mitfavoriten mehr oder weniger große Aussetzer hatten.“
51. Oslo Grand Prix (Gruppe I int.)
2100m Autostart, 2.870.000 NKR
1. Vitruvio 11,6g Jorma Kontio 71
5j.br. Hengst von Adrian Chip a.d. Tigre OM von Zebu
Be: Pink & Black; Zü: Scud. Sant’Andrea Srl; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Bahia Quesnot 3. Valokaja Hindö 4. Gretzky B.R. 5. Uza Josselyn 6. Nadal Broline 7. Slide So Easy Perfect Spirit Ringostarr Treb |
11,8 Junior Guelpa 11,9 Christophe Martens 11,9 Magnus Teien Gundersen 13,1 Gabriele Gelormini 13,1 Björn Goop 15,5 Flemming Jensen dis.r. Örjan Kihlström dis.r. Wilhelm Paal |
166 143 238 212 25 369 57 34 |
Sieg: 53; Richter: leicht 1½ - 1 - ½ - 12 Längen; 9 liefen (NS Looking Superb / Fieber)
Zw-Zeiten: 07,4/500m - 10,2/1000m - 11,5/1500m - 11,9/letzte 500m
Wert: 1.500.000 - 750.000 - 375.000 - 130.000 - 75.000 - 40.000 NKR