Einmal im Jahr - stets Ende April - geben jene etwas auf ihre Art zurück und präsentieren sich beim Olympiatravet, so sie denn nicht wegen Meisterschaften oder ferner Trainingslager unabkömmlich sind, bei „ihrem“ Renntag. Seit 1979 - erste Sieger waren der legendäre Pershing des Stalles K.G.B. und Berndt Lindstedt - wird mit diesem Stelldichein zwei- und vierbeiniger Koryphäen die große Trabersaison Schwedens eingeläutet.
Eine Stunde, nachdem Aubrion du Gers als erster Tipp des Nachmittags seine 12:10-Pflichtaufgabe 1300 Kilometer südwestlich in Argentan erledigt hatte, vollstreckte die chronologische Nummer zwei: Für 14:10 war „Europameister“ Propulsion, nach dem Gewinn des Masters-Finales am 16. September in Östersund vom Stall Zet um Trainer Daniel Redén in Rente bzw. ins Deckgeschäft entlassen und dann doch noch einmal angeworfen, im „Feuchtgebiet Mölndal“ Chef im nassen Ring. Wie sehr sich der Rücktritt vom Rücktritt gelohnt hat, wurde an diesem kühlen, verregneten Nachmittag im Süden Göteborgs offenbar. Mit den heutigen 1.500.000 Kronen hat der Achtjährige seither schon wieder 2.753.745 Kronen zur Seite geschafft (insgesamt 24.939.062 SEK) und damit mehr als so manch einer seiner neun Mitstreiter im Lauf der gesamten Karriere.
Bis die 1,5 Millionen und „Gold“ im Sack waren, hatten Entourage, Fahrer und Anhänger des Muscle-Hill-Sohnes, für den der Stall Zet Ende vierjährig stolze 220.000 US-Dollar auf den Tisch eines US-Auktionshauses gelegt hatte, bange Momente zu überstehen, denn geschenkt wurde dem nunmehr 34 Siege schweren Braunen nichts. Startplatz „7“ war durchaus suboptimal, und so ließ es Örjan Kihlström verhalten angehen, was fast zum Genickbrecher geworden wäre. Überraschend kam Cyber Lane (5) den entscheidenden Tick fetziger in die Hufe als der an der „3“ ideal aufgestellte Blitzstarter Handsome Brad, was auf der Piste mit dem doppelten Open Stretch keine Vorentscheidung war. Hinter diesem Duo hatte die Prix-de-Belgique-Zweite Bahia Quesnot ihr Plätzchen vor dem früh nach hinten innen beorderten Day or Night In gefunden. Auf dem äußeren Gleis gab der Björn Goop anvertraute Muscle Hustle vor Cokstile, Coach Franbleu und Seinäjoki-Sieger Atupem den Takt vor, während Propulsion die rote Laterne blieb. Milligan’s School hatte sich vor der Startmarke im Galopp verabschiedet. (Foto: harnessracingupdate.com)
So weit hinten wollte und durfte der Favorit nicht lange verharren, und so machte sich der „Iceman“ auf der ersten Überseite schwungvoll in dritter Spur auf die Strümpfe. Offensichtlich hatte Goop von Robert Bergh die Order erhalten, auf Gedeih oder Verderb gegenzuhalten oder gar selbst „von Kraft geträumt“. Jedenfalls nahm Muscle Hustle, der bereits in Umeå nach ähnlicher Taktik die Überlegenheit des Amis deftig zu spüren bekommen hatte, die Herausforderung an, so dass Propulsion die zweite Kurve in dritter Spur beackerte und erst 1100 Meter vorm Ziel an die Flanke Cyber Lanes herunterkam - ein immenser Kraftakt, der bei Einigen tiefe Sorgenfalten hinterlassen haben dürfte.
Kihlström indes wusste offenbar, was dieser Propulsion auch in harten Zeiten drauf hat. Hatte Goop bereits im Schlussbogen lange Arme - Muscle Hustle wurde für die Majestätsbeleidigung mit Platz acht abgestraft - und war Cyber Lane zu Beginn der Zielgeraden Geschichte, so schüttelte Propulsion den Überlandtransport ab wie die lästigen Regentropfen. Zwei-, dreimal die Peitsche sanft auflegen genügte, ihm, der tags zuvor stolzer „Papa“ eines Stutfohlens aus der 6,7 Millionen Kronen schweren Viola Siolas geworden war, die nötigen Reserven zum sicheren oder gar leichten Eine-Länge-Sieg zu entlocken.
Vom Rest am meisten im Angebot hatten Handsome Brad, der die erste innere Überholspur nutzte, und Bahia Quesnot, die auf der zweiten aktiv war. Beide lieferten sich ein brandheißes Kopf-an-Kopf-Duell, das haarscharf zugunsten des erst vor kurzem in die Gulddivisionen aufgestiegenen Brad-de-Veluwe-Sohnes ausging. Mit Day or Night In schnappte der vierte „Innenspurler“ nach einem gewagten Slalom Trainingskamerad Cyber Lane die vierte Prämie vor der Nase weg. Als Sechster bot Atupem keine schlechte Partie, doch bekam Finnlands Hoffnungsträger bei der ersten Saisonniederlage nach fünf „Dingern“ an der Strippe recht deutlich aufs Brot geschmiert, dass es in derart hochkarätigen Aufgaben viel härter zur Sache geht als in seiner Heimat.
„Eigentlich ist ein Sieg nach solch einem Verlauf gar nicht möglich. Er ist unglaublich“, kommentierte Kihlström, der in einem womöglich noch emotionaleren Olympiatravet 2013 mit Maharajah triumphiert hatte, und bekannte, „unmittelbar nach dem Match ein paar Mal kräftig geschluckt zu haben. Solch ein Wahnsinns-Auftritt geht an niemandem spurlos vorbei.“ Ein paar Jahre gealtert schien Redén: „Bei solch einem Ritt zuschauen zu müssen, ist die Hölle. Ich habe geschrien und gebetet. Welch ein Kämpfer! Er ist geradezu grausam stark und wohl das härteste Pferd, das ich je trainiert habe. Man mag nicht glauben, dass nach all den hammerharten Schlachten auf höchstem Niveau, die er seit 2016 für und bei uns bestritten hat, noch so viel Willen, so viel Moral in ihm steckt. Bis zum Elitloppet, in dem er zweimal in Folge Zweiter war und in dem der Bock nun endlich umgestoßen werden soll, hat er Zeit, sich von den heutigen Strapazen zu erholen.“ (Foto: harnessracingupdate.com)
Wohl kein Thema ist die Sprinter-WM am letzten Mai-Sonntag für Handsome Brad, obwohl sich der Sechsjährige dafür nachdrücklich empfahl. Carl Johan Jepson: „Ich bin nur der Fahrer, doch ich denke, der ist eine Stufe höher anzusiedeln als der Olympiatravet und kommt ein Jahr zu früh. Handsome Brad ist ja noch nicht so lange in dieser gehobenen Gesellschaft aktiv.“ Bei 1:10,9 stand Ringostarr Trebs im Vorjahr auf blanke 1:10 gedrückter Rennrekord nie zur Disposition; kein Wunder bei dem Gewaltmarsch außen herum auf der etwas schmierigen Piste.
39. Olympiatravet - Finale (Gruppe I int., UET Masters)
2140m Autostart, 2.780.000 SEK
1. Propulsion 10,9 Örjan Kihlström 14
8j.br. Hengst von Muscle Hill a.d. Danae von Andover Hall
Be: Stall Zet (Bengt Ågerup); Zü: Fredericka Caldwell & Bluestone Farms, US; Tr: Daniel Redén
Pflegerin: Ellinor Wernebring
2. Handsome Brad 3. Bahia Quesnot 4. Day or Night In 5. Cyber Lane 6. Atupem 7. Cokstile 8. Muscle Hustle 9. Coach Franbleu Milligan’s School |
11,0 Carl Johan Jepson 11,0 Junior Guelpa 11,2 Peter Untersteiner 11,3 Johan Untersteiner 11,5 Santtu Raitala 11,6 Lars Anvar Kolle 11,9 Björn Goop 12,1 Jorma Kontio agh. Ulf Eriksson |
308 392 465 75 176 348 211 180 141 |
Sieg: 14; Richter: sicher 1 - k.Kopf - 1½ - 1½ Längen; 10 liefen dis.r.
Zw-Zeiten: 09,6/500m - 11,0/1000m - 10,8/1500m - 11,6/letzte 500m
Wert: 1.500.000 - 700.000 - 325.000 - 150.000 - 75.000 - 30.000 SEK
Bequemer Saisoneinstand
Eher einem Galopp-Festival denn einem Trabrennen glich der 2010 installierte Lovely Godivas Lopp für fünfjährige Stuten, in dessen kurzer Siegerliste Namen wie Tamla Celeber (2012) und Wild Honey (2017) stehen. Dibaba fiel vor Erreichen der Startstelle aus, im Bemühen, die Spitze zu behaupten, patzte Carna Sensei Ende der ersten Geraden, 100 Meter weiter war’s um Calamara’s Girl und Valchiria OP geschehen. Bei dem ganzen Durcheinander brauchte Björn Goop mit Favoritin Mellby Free schlappe 1:13,6 für die ersten 500 Meter zu investieren, um vor Commit Boom Bay und Havefunwithme locker in Front zu ziehen und fortan gemütlich zu regieren. Nach hinten versetzt führte Catch my Love die äußeren Gespanne an und wurde für die Schlussrunde von der Norwegerin Calina abgelöst, die gegenüber vergebens Druck auf die Leaderin auszuüben suchte.
Mit der Saisondebütantin, die im Vorjahr dank Erfolgen in Breeders‘ Crown und StoChampionatet vier Millionen Kronen für ihre Züchter und Besitzer, den in Malmö ansässigen Stall Mellby Gård, gescheffelt und als Zweite zu Villiam im UET-Championat der Vierjährigen in Vincennes ebenfalls eine exquisite Visitenkarte abgeben hatte, blieb der 42-jährige viel leichter voraus, als der im Rennbericht verzeichnete Vorteil von einer Länge aussagen mag. Goop schaute links, wo sich Commit Boom Bay vergeblich über den Open Stretch mühte, und rechts, wo Calina in der Todesspur nie aufsteckte, aber eben nicht näher kam, und brauchte weder Finger noch Peitsche zu rühren: „Das war nach fünf Monaten Auszeit ein nicht zu anspruchsvoller Einstand nach Maß, der ihr nicht allzu viel abverlangte. Wir werden sehen, wie sie sich in dieser Übergangssaison schlägt, in der sie sicherlich irgendwann mal auf ältere, erfahrene Stuten treffen wird. Spätestens 2020 wird es Ernst. Ich denke, sie hat das gewisse Extra, um auch gegen die Elite-Stuten bestehen zu können.“ Mit 1:14,4, der zweitlangsamsten Siegzeit, musste sich die wie Propulsion von Muscle Hill gezeugte Dunkelbraune kein Bein ausreißen; den Rennrekord hält Wild Honey mit 1:11,9. (Foto: aftonbladet.se)
Lovely Godivas Minne (Gruppe II int., fünfjährige Stuten)
2140m Autostart, 589.000 SEK
1. Mellby Free 14,4 Björn Goop 23
5j.dklbr. Stute von Muscle Hill a.d. Mellby Ticket von Windsong’s Legacy
Be / Zü: Mellby Gård AB; Tr: Björn Goop
2. Calina 14,5 3. Commit Boom Bay 4. Catch my Love 5. Queen of Sand 6. Normandie Royal 7. Europhile Am 8. Valchiria OP 9. Dibaba Havefunwithme Calamara’s Girl Carna Sensei |
14,5 Frode Hamre 14,6 Johnny Takter 14,7 Carl Johan Jepson 14,7 Stefan Söderkvist 14,9 Ulf Ohlsson 14,9 Peter Untersteiner 15,0g Alessandro Gocciadoro 15,5g Örjan Kihlström dis.r. Johan Untersteiner dis.r. Emilia Leo dis.r. Steen Juul |
371 226 266 461 423 439 32 84 313 263 112 |
Sieg: 23; Richter: leicht 1 - ½ - ½ - Hals - 1½ Längen; 12 liefen
Zw-Zeiten: 13,6/500m - 17,0/1000m - 16,0/1500m - 11,2/letzte 500m
Wert: 300.000 - 150.000 - 68.000 - 33.000 - 19.000 - 11.500 - 7.500 SEK
Im einleitenden Olympiastayern über mindestens 3140 Meter nutzte Örjan Kihlström mit dem von Robert Bergh trainierten Whipped Eggs konsequent die bis zu 40 Meter Vorsprung, die ihm die Ausschreibung zugestand. Sofort das Dirigat übernehmend, stellte der 56-jährige den Tempomat auf 1:14 und zog stets mindestens 20 Meter vorneweg seine einsamen drei Runden. Als Antonio Trot 600 Meter vorm Ziel endlich ernsthaft nachzusetzen begann, war der Drops für den Ready-Cash-Sohn längst gelutscht, der sogar noch einen Zacken zulegte, rund 30 Meter voraus in 1:14,2/3140m um 150.000 Kronen reicher und damit für so manches Pech entschädigt wurde, das ihm bei den letzten vier Auftritten widerfahren war. Der von Joakim Lövgren gesteuerte Lasbeker Juan, wie Antonio Trot und einige andere mit 40 Meter Zulage bedacht, trug lange die rote Laterne und ergatterte mit gepflegtem Endspurt Rang fünf und 12.000 Kronen.
Unmittelbar darauf in der Klass I war der inzwischen für die Interessen Ulrich Mommerts laufende Norton Commander eine Klasse für sich. Aus Startreihe zwei im vierten Paar außen untergeschlüpft, machte sich Marc Elias 900 Meter vorm Ziel in dritter Spur mutig auf den weiten Weg nach vorn, schluckte Gegner um Gegner, kreuzte 500 Meter weiter neben Tempomacher Deep Pockets auf und setzte sich auf der Zielgeraden unangefasst auf 2½ Längen ab. 125.000 Kronen waren nach 1:13,8/2140m für den bei 32:10 notierten Fuchs mit der breiten Blesse im Kasten, „der ein Pferd mit enormem Potential ist, das nur nicht immer fehlerfrei aufs Parkett zu bringen vermag“, wie Trainer Conrad Lugauer resümierte. (Foto: jagersro.se)
Sehr achtbar hielt sich in einer hammerhart bestückten Bronsdivisionen der zu Björn Goop gewechselte Pelle Barosso, den der zwölffache Schweden-Champ beim dritten Auftritt unter seiner Regie erstmals selbst an die Hand nahm; in Vincennes hatte ihn Eric Raffin zu den Plätzen zwei und fünf geführt. Goop lancierte den Jauss-Traber ins dritte Paar innen, wo er aus weiter Ferne zusah, wie sich der von Markus Waldmüller von der „7“ an die Spitze katapultierte Harran Boko und Vincero‘ Gar 40 Meter vor dem Rest in irrwitzigem Tempo beharkten. Nach 700 Meter hatte Alessandro Gocciadoro ein Einsehen und parkte nach Partialen von 1:07,8 für 500 und 1:09,9 für 1000 Meter dahinter ein.
Auf der zweiten Überseite, als die rasende Fahrt auf 1:11,8 für 1500 Meter gedimmt war, rückte das Feld dichter zusammen. Als Italiens „Mann in Gelb“, der bereits die Silverdivisonen mit Varieta‘ Luis abgeräumt hatte, 500 Meter vorm Ziel dem Lugauer-Schützling ein zweites Mal auf den Zahn fühlte, war‘s um den rasch geschehen: In 1:13,5 erreichte er ausgepumpt als Neunter die Linie. Anders der SJ’s-Photo-Sohn, der sich unverdrossen reinhängte und vier Längen vor dem durchweg ersten Verfolger Cobbys Olifant nach 1:11,9/2140m hart erarbeitete 125.000 Kronen einsackte. Pelle Barosso rannte, was die Lungen hergaben, und hatte als Fünfter (1:12,6 / 10.000 SEK) das nötige Quäntchen Glück, dass Gina Schermer und Martin de Bos um einen Hauch zu spät kamen.
V75-1 (Stayer): V75-2 (Klass I): V75-3 (Silver): V75-4 (Klass II): V75-5 (Sto-El.): V75-6 (Brons): V75-7 (Olympia): |
Whipped Eggs / Örjan Kihlström 63 Norton Commander / Marc Elias 32 Varieta’ Luis / Alessandro Gocciadoro 55 Remarkable Feet / Jörgen Westholm 317 Mellby Free / Björn Goop 23 Vincero‘ Gar / Alessandro Gocciadoro 20 Propulsion / Örjan Kihlström 14 |
Umsatz V75: 101.650.149 SEK
1. Rang: 5.256 Systeme à 5.028 SEK
2. Rang: 51 SEK
3. Rang: Jackpot
Umsatz Top-7 (Klass I): 1.642.537 SEK