Vincennes, Sonntag, 28. Januar 2024. Erster Höhepunkt des Sonntags war der 120.000 Euro wertvolle Prix Jacques Andrieu für gestandene internationale Sattelspezialisten. Ohne Filwell, für den Camille Levesque die 25 Meter Zulage, die einer der herausragenden Monté-Spezialisten dieses Meetings hätte abarbeiten müssen, als zu anspruchsvoll angesehen und ihn gar nicht erst genannt hatte, wetzten insbesondere dessen mehrmalige Runner-ups Homer de Fromentel und Granit Méslois entschlossen die Messer.
Kam zunächst Inshore am zackigsten in die Hufe der knapp drei Kilometer langen Prüfung, so war nach 800 Metern auf Zielschildhöhe Homer de Fromentel als Ablöser da. Das ließ Victor Saussaye nicht ruhen, der sofort nachsetzte und Homer zu einem Duell den Berg hinauf bis zu 30 Meter vor dem von Inshore angeführten Rest bat. Vorbei kam der granitene Belloche-Schützling erst ausgangs der Schlusskurve, als der Vorsprung auf die Verfolger wie Schnee in der Sonne zusammengeschmolzen war.
Es war jedoch weder Inshore noch der krass enttäuschende Go For The Gold, der das zweifelhafte Vergnügen hatte, bei dem horrenden Tempo durch die Außenspur zu pflügen, der den Flüchtlingen den Garaus machte. „Auf den letzten 300 Meter ist sie förmlich geflogen“, stammelte ein konsternierter Guillaume Martin, wie Edition Géma, vor einer Woche im Prix de Cornulier als 1230:10-Chance ausdruckslos auf dem elften Rang gelandet, die Gemeinten aus dem inneren Mittelfeld kommend im Hurra-Stil links liegen ließ.
Sage und schreibe neun Längen trennten die von Marc Sassier vorbereitete Tochter des einstigen Sattel-Heros Prince Gédé von Granit Méslois, der Inshore um eine halbe Länge abbügelte. Für den ausgepumpten Homer de Fromentel langte es zu Platz vier vor Inès des Rioults und Go For The Gold.
In neuer Rennrekordzeit von 1:11,9 - der 150 Meter kürzere Cornulier war vor einer Woche in 1:12,3 entschieden worden - holte sich Edition Géma mit dem 15. Sieg aus 95 Engagements im 19. Anlauf endlich die erste Gruppe-Weihe und übersprang mit 512.705 Euro die Halbmillionenen-Marke.
Verblüfft war selbst Marc Sassier: „Sie hat einen solchen Erfolg ohne Frage redlich verdient, aber gerechnet hab ich beileibe nicht damit. Ich wäre mit Platz fünf bis sieben hochzufrieden gewesen. Offensichtlich hat heute alles gepasst.“ Gut möglich, dass damit die eigentlich für dieses Frühjahr geplante Karriere als Mutterstute um ein Jahr aufgeschoben ist: „Es ist nicht so einfach, Pferde solcher Qualität zu bekommen; zudem fühlt sie sich im Training wohler als auf der Weide.“
Guillaume Martin war „sehr froh über den Erfolg der Stute, die ich seit den Anfängen ihrer Laufbahn immer wieder mal geritten habe, bis Marc wegen der Gewichtsvorteile zu Gaëlle (Godard/Anm.d.Red.) umgeschwenkt ist. Bergauf ist sie zwischen zwei Pferden durchgerutscht, was ihr vielleicht die große Moral gegeben hat. Ich war verblüfft, wie viel ich in der Schlusskurve noch in Händen hatte - und sie hat mich nicht im Stich gelassen. An einen Sieg am Amérique-Tag erinnert man sich zeit seines Lebens.“
Prix Jacques Andrieu - Monté - (Gruppe II int., Fünf- bis Elfj., ohne die ersten Drei des Cornulier 2024)
2850m Bänderstart, 25 Meter Zulage ab 530.000 Euro (unbesetzt); 120.000 Euro
1. Edition Géma 2850 11,9 Guillaume Martin 797
10j. Fuchsstute von Prince Gédé a.d. Jaflosa Gédé von Jet du Vivier
Be / Tr: Marc Sassier; Zü: Marie-Annick Sassier
2. Granit Méslois 2850 12,5 Victor Saussaye 31
3. Inshore 2850 12,6 David Thomain 210
4. Homer de Fromentel 2850 12,7 Christopher Corbineau 51
5. Inès des Rioults 2850 12,8 Florian Desmigneux 580
6. Go For The Gold 2850 12,9 Mathieu Mottier 40
7. Fine Perle of Love 2850 13,6 Pierre-Yves Verva 900
8. Gabiano 2850 15,1 Benjamin Rochard 460
9. Imhatra Am 2850 16,1 Eric Raffin 76
10. Héros de Fleur 2850 19,5 Alexis Collette 1130
Gala d’Urfist 2850 dis.r. Adrien Lamy 58
Sieg: 797; Richter: überlegen 9 - ½ - 2½ - 1 - 2 Längen; 11 liefen
Zw-Zeiten: 12,7/1350m - 11,3/1850m - 11,7/2350m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-01-28/7500/4
Im Sturmschritt hingekämpft
Desgleichen machten es die fünfjährigen einheimischen Satteltraber im 2.175-Meter-Sprint des Prix Camille Blaisot mit 1:10,6 nicht unter einer neuen Rennbestmarke. Hauptverantwortlich dafür zeichnete der mittig eindrehende Jean Balthazar, dem Benjamin Rochard umgehend enorm Beine machte. Just One Night, Jubilé Prior und Jasmine de Neuvy kurz nach dem Start, Joli Chéri und Joyner Sport im ersten Bogen konnten sich die weitere Teilnahme wegen ausgiebiger Galoppaden abschminken, während es Jean Balthazar kräftig kesseln ließ.
In seinem Windschatten hatte es sich J’Adore vor Jodie du Vivier und Joy For Us gemütlich eingerichtet - und blies an der Einmündung zur kleinen Bahn kräftig zum Rückzug. Dafür warfen June und Jewelcandle Fac ihre Herzen immer besser in die Schlacht, die längst noch nicht zugunsten des Favoriten entschieden war. Über dem Alto-de-Viette-Sprössling begann Rochard rechtzeitig zu arbeiten und entlockte ihm jene Körner, die zum hart erkämpften achten Sieg reichen sollten.
Es waren jedoch nicht Jewelcandle Fac noch June, die ihm bis zum Ziel am meisten zusetzten. Kaum hatte er diese halbwegs abgewimmelt, als aus dem Nirgendwo Joy For Us angefegt kam; es reichte für die von Texas Charm gezeugte Ärmste des Zwölfer-Pulks jedoch nur noch zum Ehrenplatz.
Als Sahnehäubchen auf der Torte verbesserte Jean Balthazar die im Vorjahr von Ina du Rib aufgestellte Marke um 0,9 Sekunden und erschloss damit neue Dimensionen.
„Er hat mir prächtig gefallen, war von Anfang bis Ende sehr locker und trabte perfekt. Man kann nicht immer hauruck vorneweg reiten, aber heute war der richtige Tag dafür. Wenn er das Gefühl hat, dass die Gegner näher kommen, legt er immer noch was drauf“, resümierte Rochard. Eine Stunde nach seinem Sensationssieg konnte sich Guillaume Martin über den nicht weniger unerwarteten Ehrenplatz freuen - und hatte dennoch Grund zum Hadern: „Hätte ich sie vorher schon mal geritten oder ein wenig mehr Vertrauen zu ihr gehabt, hätte ich vielleicht auch dieses Ding gewinnen können. Auf der Zielgerade lag sie perfekt und ist förmlich geflogen.“
Prix Camille Blaisot (Prix RMC) - Monté - (Gruppe II nat., fünfj. Hengste und Stuten)
2175m Bänderstart o. Z., 120.000 Euro
1. Jean Balthazar 10,6 Benjamin Rochard 21
5j.br. Hengst von Alto de Viette a.d. Dynamite des Vaux von Saxo de Vandel
Be: Sandrine Loncke & Pierre-Antoine Petit; Zü: S.A.S. Normandie Trot; Tr: Pascal Castel
2. Joy For Us 10,6 Guillaume Martin 320
3. Jewelcandle Fac 10,6 Damien Bonne 58
4. June 10,7 Mathieu Mottier 80
5. J’Adore 11,5 Alexis Collette 440
6. Jodie du Vivier 11,6 Eric Raffin 120
7. Jelyson 11,7 Adrien Lamy 360
Jubilé Prior agh. Aurélien Desmarres 310
Joyner Sport dis.r. Paul-Philippe Ploquin 710
Joli Chéri dis.r. Florian Desmigneux 1190
Just One Night dis.r. David Thomain 240
Jasmine de Neuvy dis.r. Camille Levesque 61
Sieg: 21; Richter: Kampf ½ - Kopf - 1 - 8 Längen; 12 liefen (NS)
Zw-Zeiten: 08,0/675m - 09,0/1175m - 10,0/2675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 (- 1.200) Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-01-28/7500/6
Rennrekord durch Ibiki de Houëlle
Im Prix Jean-René Gougeon, einem mit 90.000 Euro dotierten Autostart-Examen für sechs- bis achtjährige europäische Hengste und Wallache, die keine 361.000 Euro auf dem Sparbuch hatten, half alles Daumendrücken für den unter der Regie Fabrice Souloys sein drittes Match absolvierenden Oscar L.A. nicht. Dem ins schwedische Register eingetragenen Lasbeker, der seinen zweiten Versuch in Vincennes am 16. Dezember mit Bravour eingeklinkt hatte, verschrieb François Lagadeuc einen beinharten Run.
Nachdem sich Gibus, sein Führpferd durch die dritte Spur, auf den Todessitz neben Idéal du Rocher vorgearbeitet hatte, stand der Ready-Cash-Sohn an der ganz frischen Luft ohne Deckung da. Lagadeuc machte das Beste aus der misslichen Lage, gab dem Achtjährigen die Sporen und spielte bergauf den Anführer der zweiten Linie, während noch weiter außen Indy Rock vor Ibiki de Houëlle Programm machte. Dem Spitzentrio machte der Aufwand zu Beginn des Einlaufs schwer zu schaffen:
Idéal du Rocher empfahl sich im Galopp, Indy Rock „rockte“ nach hinten bis zu Platz zwölf ab. Nur Oscar L.A. (48:10) wehrte sich aus Leibeskräften und konnte nach 1:10,7/2100m wenigstens den fünften Scheck in Höhe von 4.500 Euro requirieren.
Der Sieg ging an den noch vor einer Woche im Prix de Cornulier vorneweg zur Hälfte des Weges disqualifizierten Ibiki de Houëlle, der bewies, dass er nicht unbedingt die Spitze benötigt, um zu gewinnen. Aus der Deckung schlug Eric Raffin mit dem von Franck Leblanc trainierten, bei 27:10 favorisierten sechsjährigen Love-You-Sohn 1½ Längen vor Have a Dream (91:10) und Ghostbuster (560:10) zum zehnten Mal in seiner 32 Starts umfassenden Laufbahn in der neuen Rennrekordzeit von 1:10,4 als Erster an.
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-01-28/7500/8
…und durch Isla Jet
Auch der Prix Helen Johansson, das Gegenstück für die sechs- bis achtjährige Stuten, wurde nach sehr ähnlichem Muster und sogar noch einen Tick zügiger zur Beute des neuerlich bei 2,9-fachen Odds favorisierten „Sulky d’Or“. Wie 35 Minuten zuvor ließ sich der 42jährige, mit Isla Jet von der „6“ eher verhalten ins Match gekommen, bergauf von der Schwedin Iceland Falls in dritter Spur in vordere Sphären ziehen, wo seit Beginn der Überseite die Italien-Fraktion Clarissa/Alessandro Gocciadoro (8) vor Birba Caf/Pietro Gubellini (4) regierte.
Es wurde ein viel härteres Stück Arbeit, bis die von Tomas Malmqvist für die Ecurie Hunter Valley vorbereitete Bold-Eagle-Tochter die wie eine Löwin fightende Clarissa um Haupteslänge niederstreckte und nach 1:10,3 - auch dies eine neue Bestmarke - den höchsten Scheck einstrich. Nach dem 13. Treffer steht das Konto Isla Jets bei 374.228 Euro. Dicht auf liefen Canadian Kronos und Ghalie du Goutier, für die 1:10,4 gestoppt wurde.
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-01-28/7500/9
Entspannter konnte Raffin weitere 35 Minuten später die Zielgerade und den lupenreinen Hattrick genießen, denn der im Prix de Vittel (2700m; 68.000 Euro; 9- bis 11jährige Europäer, keine 251.000 Euro) ebenfalls lange versteckte 35:10-Favorit Fleuron d’Acadie dankte die Umsicht des Champions mit einem kapitalen Zwischenspurt, der ihn eingangs der „ligne droite“ um vier, fünf Längen vom Rest der Meute wegbrachte. Raffin konnte freundlich ins Publikum grüßen und seelenruhig zusehen, wie Fidèle Madrik von „j.w.d.“ weit außen drei Längen zurück auf Platz zwei sprintete.
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-01-28/7500/10
Die elften und letzten Glückwünsche des denkwürdigen 103. Amérique-Tages gingen nach dem Prix Moni Maker (2700m; 62.000 Euro) für vierjährige Hengste und Wallache, die keine 75.000 Euro reich waren, ins Duvaldestin-Quartier. Zwar kam Clément mit dem früh in Front gezogenen Kiss Atout am Ende doch noch unter Druck und musste mit Rang drei zufrieden sein. Umso mehr dürfte er sich gefreut haben, dass sein zwei Jahre jüngerer Bruder Théo Karma Quick den durchschlagendsten Endspurt entlockte und den Unique-Quick-Sprössling von Philippe Delons Ecurie Quick Star eine halbe Länge vor Keynote an die imaginäre Linie bugsierte.
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-01-28/7500/11