(nn) Vincennes, Samstag, 21. August 2021. Seit dem 2. Juli hatten die „turfistes“ auf ihr geliebtes Vincennes verzichten und mit dem vorliebnehmen müssen, was ihnen im Pariser Raum Enghien anzubieten hatte. Das war durchaus hochkarätig - aus deutscher Sicht sowieso -, doch der selbsternannte Temple du Trot spielt doch in einer anderen Liga.
Am Samstag um „fünf nach Zwölf“ hatte das Warten ein Ende, ertönte der Start-Triller zum Sommer-/Herbst-Meeting mit einem Acht-Rennen-Programm, in dem neben vier Gruppe-Prüfungen insgesamt 508.000 Euro auf dem Spiel standen.
Die begehrte erste Siegerschleife holte um kurz nach „high noon“ im Prix de Gap, einem Trabreiten um 29.000 Euro für vierjährige Franzosen, die keine 33.000 Euro verdient hatten, Heroïne du Citrus. Mit der Stute aus dem Lot von Traber-Präsident Jean-Pierre Barjon machte sich Alexandre Abrivard rechtzeitig aus dem Staub und widerstand der Schlussattacke von Maik Espers Homemade Quick, der mit Mathieu Mottier nur auf eine Länge herankam.
Die Favoritin ausgeguckt
Nach der alten Wetter-Weisheit „kleine Felder, große Gelder“ ging der Gruppe-Reigen mit dem Prix Legoux-Longpré für die 2016 und 2017 geborenen Satteltraber los - wobei der jüngere Jahrgang dem Veranstalter komplett die kalte Schulter zeigte.
Die Dreierwette „Gabiano vor Gladys des Plaines und Gloire Joyeuse“ dürfte von den Wenigsten so auf den Wettschein bekommen worden sein, obwohl der Schützling von Trainer Bruno Bourgoin im Monté auf der erneut geforderten Gruppe-III-Ebene einige ordentliche Prämien und sogar - vor mehr als 1½ Jahren - einen Treffer gelandet hatte.
Alexandre Abrivard machte dem Brutus-de-Bailly-Sprössling denn auch gleich die Socken heiß, klemmte sich trotz des 2.875 Meter weiten Weges sofort ins Kommando und trat es vor Erreichen des Joinviller Bogens an Gladys des Plaines ab, auf die sich alle (Wetter-)Augen fokussiert hatten. An der Einmündung der kleinen Bahn, wo Underdog Gloire Joyeuse allmählich in vorderen Sphären auftauchte, rieben sich die „turfistes“ verwundert die Augen:
Abrivard verließ den Windschatten der Favoritin - mehr noch: Er legte den großen Gang ein und ließ die brandheiße Favoritin im Sauseschritt links liegen. Die Überrumpelungstaktik klappte perfekt, obwohl Mathieu Mottier sich so leicht nicht ins Bockshorn jagen ließ. Gladys nahm das Gebiss Mitte der Zielgeraden noch mal an, konnte den Rückstand aber nur noch auf 2½ Längen halbieren.
Im Prix de Normandie am 19. September muss sie den bulligen Braunen allerdings nicht fürchten: Der ist als Wallach in Klassikern nicht startberechtigt. Nicht minder unerwartet war, dass sich Gloire Joyeuse aus Zucht und Besitz der Dynastie Viel für Platz drei die viel höher eingeschätzte Granvillaise Bleue um einen „Hals“ vom Leib zu halten vermochte.
Alexandre Abrivard sackte damit auch das dritte Monté des Tages ein, hat aber im Kampf um den „goldenen Steigbügel“, das Championat der Trabreiter, mit 40 zu 68 Siegen gegen Mathieu Mottier weiterhin einen kaum aufzuholenden Rückstand.
Prix Legoux-Longpré - Monté - (Gruppe III nat., Vier- und Fünfjährige)
2850m Bänderstart o.Z., 80.000 Euro
1. Gabiano 12,9 Alexandre Abrivard 143
5j.br. Wallach von Brutus de Bailly a.d. Ancona von Corot
Be / Zü: Michel Sanchi; Tr: Bruno Bourgoin
2. Gladys des Plaines 13,0 Mathieu Mottier 15
3. Gloire Joyeuse 13,1 Julien Raffestin 200
4. Granvillaise Bleue 13,2 Camille Levesque 52
5. Giant Meslois 13,4 Pierre-Yves Verva 100
6. Gainsborough 13,5 Matthieu Abrivard 95
7. Girly Béco 13,7 Guillaume Martin 400
Sieg: 143; Richter: leicht 2½ - 2½ - Hals - 3½ - 2 - 3 Längen; 7 liefen
Zw-Zeiten: 13,1/1350m - 12,6/1850m - 13,0/2350m
Wert: 36.000 - 20.000 - 11.200 - 6.400 - 4.000 - 1.600 - 800 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-08-21/7500/5
Feiner Gruppe-Einstand
Prachtvoll hin bekam Idylle Speed nach vier Siegen aus sieben Engagements ihr Gruppe-Debüt. Franck Nivard fackelte mit dem Schützling des 31-jährigen François-Pierre Bossuet im Prix Guy Deloison für „internationale“ dreijährige Stuten nicht lange und war gleich in vorderer Linie zu finden. Als seine Lokomotive Italienne auf Zielhöhe in Front gezogen war, gab auch „Franckie mit der kalten Hand" Gas und war wenig später auf dem Platz ander Sonne zusehen.
Eine kurze Rochade mit Ivensong – ab dem Anstieg herrschte die Tochter des noch aktiven Carat Williams bis ins Zeil und wimmelte für ihren ersten Volltreffer auf großer Ebene, der nach heutiger Lage der Dinge nicht der letzte bleiben wird, die zudringliche Ivensong um eien halbe Länge ab. Die nächsten Schecks machtenm die beiden „Demoiselles“ des Monsieur Alalire unter sich aus, von denen It’s Now or Never, die Reichste des Pulks, ihrer Trainingskameriadin sicher um eine Länge widerstand.
Prix Guy Deloison (Gruppe II int., dreij. Stuten)
2700m Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Idylle Speed 14,1 Franck Nivard 25
3j. Fuchsstute von Carat Williams a.d. Prudence du Ham von Hulk des Champs
Be: Franck Morineau; Zü: Françoise Triguel; Tr: François-Pierre Bossuet
2. Ivensong 14,2 David Thomain 73
3. It’s Now or Never 14,3 François Lagadeuc 70
4. Italienne 14,4 Anthony Barrier 160
5. I Want You 14,4 Louis Baudron 400
6. Impression Géma 14,5 Tony Le Beller 130
7. Idéale du Chêne 14,7 Paul-Philippe Ploquin 65
8. Isla Bonita 15,0 Andrea Guzzinati 180
9. Illusive Artist 15,3 Jean-Philippe Dubois 190
10. Ivana des Racques 15,3 Eric Raffin 220
Idylle à Vie dis.r. Alexis Chéradame 250
Sieg: 120; Richter: sicher ¾ - 2½ - ¾ - ½ - 1½ - 2 - 4½ Längen; 11 liefen
Zw-Zeiten: 14,8/1200m - 14,8/1700m - 15,3/2200m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-08-21/7500/6
Tief durchatmen…
…hieß es für Monsieur Allaire unmittelbar nach dem „Ab“ des Prix Pierre Plazen für die dreijährigen Hengste, denn sein Musterschüler Italiano Vero genehmigte sich in einer engen Situation einen bei ihm völlig unüblichen Fehler. Der achtfache Sieger durfte zwar weitermachen, verlor jedoch auf das kompakte Feld rund 30 Meter.
Obwohl er bald wieder Anschluss hatte, gab David Thomain zumindest Platz eins einen Kilometer vorm Ziel verloren und bohrte den Ready-Cash-Sohn als Schlusslicht in die Innenspur. Auch für eine Kleinstprämie sollte es nicht reichen, denn im dichten Einlauf-Getümmel geriet der „Italiener“ ans Rad eines Konkurrenten und war damit endgültig „out“.
Gut, wenn man wie Philippe Allaire noch einen zweiten hochkarätigen Aspiranten unter Order hat - einen „echten“ Italiener namens Callmethebreeze, den er für eigene Kasse fürs Derby Italiano präpariert. Andrea Guzzinati, der ihn voraussichtlich auch im Blauen Band der Azzurri steuern wird, nutzte die Position im dritten Paar außen hinter Invincible Cash und Inferno Piper, um dem abgesehen von einer Kurzrochade mit Idéfix de Centule auf der Schlussrunde durchweg den Takt vorgebenden Impressionist sicher um 1½ Längen zur exorbitanten Quote von 177:10 das Nachsehen zu geben.
Für Adrien Lamy hatte das Match ein Nachspiel: Weil er mit Invictus Madiba beim Fahrspurwechsel zu Beginn der Zielgeraden Italiano Vero ins Gehege gekommen war, muss er vom 1. bis 4. September „zu Fuß gehen“. Bitter für den 28-jährigen, dass am letzten Tag des Fahrverbots der Großkampftag mit den Critérium des 4 Ans und des 5 Ans ansteht. Außerdem ging der Hunter-Valley-Schützling des sechsten Preises verlustig
Prix Pierre Plazen (Gruppe II int., dreij. Hengste)
2700m Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Callmethebreeze 13,5 Andrea Guzzinati 177
3j.br. Hengst von Trixton a.d. Gilly LB von Supergill
Be: Philippe Allaire, FR; Zü: Perno I Sas; Tr: Philippe Allaire
2. Impressionist 13,6 Eric Raffin 28
3. Inferno Piper 13,6 Christophe Martens 90
4. Condor Bar 13,7 Mario Minopoli jr 1180
5. Idéal Ligneries 13,8 Franck Nivard 240
6. Infant Perrine 13,9 Paul-Philippe Ploquin 760
7. Invincible Cash 14,3 David Békaert 130
Invictus Madiba* 6.dRL Adrien Lamy 970
Idéfix de Centule dis.r. Tony Le Beller 560
Italiano Vero dis.r. David Thomain 20
*Als Sechster disqualifiziert wegen Störens von Italiano Vero eingangs der Zielgeraden
Sieg: 177; Richter: sicher 1½ - 1 - k.Kopf - 1½ - (1) - ½ Länge; 10 liefen
Zw-Zeiten: 12,5/1200m - 12,8/1700m - 14,0/2200m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-08-21/7500/7
Auf bestem Weg Richtung Critérium…
… und zwar jenem „des 5 Ans“, dem letzten der französischen Jahrgangs-Derbys, ist nach dem leichten Erfolg im Prix Jockey Gelati Cut, der sich in Abwesenheit des mit einer Fesselbeinfraktur in der Boxe stehenden und wohl frühestens zum Winter-Meeting wieder einsatzfähigen Gu d’Héripré zur aktuellen Nummer eins seiner Generation gemausert hat.
Der erstmals nach seinen erfolgreichen Schweden-Ausflügen - im Paralympiatravet wie im Elitloppet hatte er mit jeweils vierten Rängen rund 50.000 Euro gebunkert, dazu kamen 24.525 Euro für den Elitloppet-Vorlauf-Sieg - wieder antretende Dunkelfuchs hat bei seinem unaufhaltsamen Aufstieg in hohe und höchste Gefilde nichts von seiner Frische und Wucht verloren.
Während Primadonna Green Grass vom Start sprang und umgehend ausgemustert wurde, brachte Gabriele Gelormini den Augenstern von Trainer Larue perfekt hinter Go On Boy in der Außenspur unter. Als Romain Derieux‘ Schützling der nach fast genau einem Jahr Pause - letzter Auftritt war das Critérium des 4 Ans am 29. August - ihr Comeback gebenden Gunilla d’Atout Ende der Tribünengeraden den Platz an der Sonne abgejagt hatte, stand Gelati Cut ohne Deckung da.
Gelormini gab ihm den Kopf frei, zog im Scheitel des unteren Bogens nach vorn und harrte der Dinge, die da kommen würden. Der erste war Favoriut Ganay de Banville, von dem sich weder Go On Boy noch Goût Baroque einbauen lassen wollten und dem Favoriten wie von Jean-Michel Bazire gewünscht Deckung spendierten. Diesmal ging der Masterplan des Maître nicht auf, denn der zu Beginn des Einlaufs rumpelnde Giant Chief sowie Galius machten in dritter Spur die Bude zu.
Und weil die vorderen Chargen keinerlei Ermüdungserscheinungen offenbarten, gab „JMB“, der ohnehin nicht mehr allzu viel in der Hand zu haben schien, das Match früh verloren. Das komplette Gegenteil steckte in Gelati Cut, der sich weder vom tapfer kämpfenden, bald an Grenzen stoßenden Go On Boy noch vom aus der Deckung unerhört spritzigen Goût Baroque erschüttern ließ.
Leicht um 1½ Längen voraus war der zehnte Volltreffer des Coktail-Jet-Sprösslings unter Dach und Fach, der nun mit 621.448 Euro als die Nummer zwei nach Gewinnen - mehr hat nur Green Grass mit 702.800 Euro im Angebot - die drei Kilometer des „Fünfjährigen-Derbys“ als Favorit in Angriff nehmen wird.
„Am 4. September werden sie uns nicht so in Ruhe machen lassen. Heute war’s für ihn nur eine etwas anspruchsvollere Arbeit. Er hat noch einiges mehr drauf. Morgen früh werde ich mit dem Feinschliff beginnen“, ist sich Larue der Schwere der Aufgabe in 14 Tagen bewusst. Oft genug schon hat sich das Critérium des 5 Ans als Grab für die Gemeinten entpuppt.
Prix Jockey (Gruppe II nat., fünfj. Hengste & Stuten)
2700m Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Gelati Cut 12,4 Gabriele Gelormini 77
5j. Dkl.-Fuchshengst von Coktail Jet a.d. Variety Cut von Mambo King
Be / Zü: Ec. de Windcut; Tr: Romain Christian Larue
2. Goût Baroque 12,5 Alexandre Abrivard 150
3. Go On Boy 12,6 Romain Derieux 69
4. Grand Art 12,6 Franck Ouvrie 490
5. Gala Téjy 12,8 Thomas Chalon 1630
6. Ganay de Banville 12,8 Jean-Michel Bazire 19
7. Galius 12,9 Yoann Lebourgeois 140
8. Goldy Mary 12,9 Matthieu Abrivard 700
9. Gamble River 12,9 David Thomain 1120
10. Gunilla d’Atout 13,1 Eric Raffin 130
11. Gaudéo 13,7 Antoine Dabouis 1140
12. Giant Chief 17,4g Franck Nivard 110
13. Green Grass dis.r. Mathieu Mottier 210
Sieg: 77; Richter: leicht 1½ - 1½ - k.Kopf - 2 - k.Kopf - 1 - Hals; 13 liefen
Zw-Zeiten: 12,8/1200m - 13,0/1700m - 13,4/2200m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-08-21/7500/8