Paris, Samstag, 12. Februar 2022. Traber-Frankreich trauert um Claude Guedj. In der Nacht von Freitag auf Samstag (11./12. Februar) hat der Patron der im letzten Jahrzehnt zunehmend auch in den Blick der europäischen Trabrennsportenthusiasten gerückten, in Lessard-et-le-Chêne im Calvados angesiedelten Ecurie du Chêne im Alter von 84 Jahren die Augen für immer geschlossen.
„Der Mann, der bei null angefangen und alles selbst aufgebaut hat“, wie sein Enkel Guillaume Guedj-Gay, Jockey im Galopper-Lager, kommentierte, hat seit Beginn der 1980er Jahre mit vielen großen Namen des Trabrennsports kooperiert - Michel Lenoir, Jean-Luc Bigeon, Hervé Daougabel, Michel Roussel, Björn Goop, bevor er vor sechs Jahren die „du-Chêne“-Pferde Nachwuchstrainer Julien Le Mer anvertraute.
„Dank ihm bin ich aus dem Schatten getreten. Er war ein großartiger Chef, hat mir Selbstvertrauen gegeben, indem er mich frei machen ließ. Am Anfang unserer Zusammenarbeit hat er mir einige Ziele gesetzt, dann durfte ich die Pferde in aller Ruhe aufbauen.“ Die Erfolge der kleinen, schlagkräftigen Truppe waren enorm, Euro, Eros, Fado und aktuell Idéale du Chêne setzten in den letzten Jahren deutliche Akzente. Insgesamt gewannen seine Traber für die knallrote Jacke mit den blauen Applikationen sechs Gruppe-I-Rennen, darunter dreimal den Prix de Vincennes - letztmals am 26. Dezember 2021 durch Senkrechtstarterin Idéale du Chêne.
Als Bekannter von Jean-Pierre Dubois waren fast zwangsläufig auch ausländische Aktivitäten keine Mangelware: Im Herbst 1990 kaufte er für eine enorme Summe - kolportiert wurde damals ein siebenstelliger Dollar-Betrag - von Lou Guida den US-Amerikaner Embassy Lobell, mit dem Wim Paal 1993 für ihn den Gran Premio della Lotteria, Italiens bedeutendstes International, gewann.
Quarcio du Chêne ließ er ins schwedische Gestütbuch eintragen und zu Olle und Björn Goop überstellen, unter deren Regie der bildschöne Rappe, der auch als Dressurpferd eine gute Figur abgegeben hätte, nach 68 Starts, von denen er 22 gewonnen hat, mit 10.246.499 Kronen an Gewinnen abtrat; Karriere-Höhepunkt des Capriccio-Sohns war der Sieg im Finlandia Ajo 2010. Auch im Vollblutsport hinterließen seine Wait and See, Pour Dol, Sierra Nevada, Oklahoma Seven und Mon Milord deutliche Spuren.
„Er war ein harter Arbeiter, hat viel gegeben für sein Unternehmen, die auf Zeit-Arbeit spezialisierte Crit-Gruppe, und auch nach seinem Schlaganfall, der ihn sehr beeinträchtigt hat, blieb er an allem interessiert. Samstags Grosbois, sonntags Vincennes - das waren über Jahrzehnte seine Fixpunkte fürs Wochenende. Er hat meine Jockey-Karriere direkt beeinflusst, weil er seine Leidenschaft für den Rennsport an mich weitergeben hat. Er hat keinen meiner Ritte versäumt, sie immer mit einer SMS kommentiert. Und er war ganz der stolze Großvater und superglücklich, als ich den Etrier d’Or gewann“, berichtete sein Enkel weiter.
Jean-Pierre Barjon, Präsident von Le Trot, selbst erfolgreicher Industriekapitän und vom Pferdesport-Virus hochinfiziert, zollte Claude Guedj bei der Vincenner Veranstaltung am Sonntag immensen Tribut: „Er war ein Selfmademan mit großem Erfolg - sowohl was seine Firma als auch seine Pferde, insbesondere die Traber betrifft. Ich kannte ihn seit vielen Jahren als äußerst pragmatischen, aufmerksamen, hochmotivierten und offenen Menschen. Seine Familie, wie er pferdeverrückt im besten Sinne, wird seine züchterische Arbeit hoffentlich fortsetzen.“