„Selbstverständlich“, antwortete der 49-jährige mit der entwaffnenden Generosität des Siegers, „wir reisen nicht ein paar hundert Kilometer für den ersten Auslandsstart (trainiert wird der Sechsjährige in Mayenne 300 Kilometer westlich von Paris / Anm.d.Red.), um nur mal ein bisschen mit den Großen mitzufahren. Er ist ein exzellenter Droiteur (Traber für Rechtskurse), der all seine Siege rechtsrum eingerannt hat. Die aktuelle Form kann besser nicht sein. Als ich ihn fehlerlos vom Start gebracht hatte - das ist seine einzige knifflige Stelle -, war ich überzeugt, wir würden weit vorn landen.“
So verfuhr Le Beller denn auch auf der vierten und vorletzten Etappe der Tour Européen du Trotteur Français, die, was die Quantität betraf, mit zwölf Franzosen-Trabern, darunter den ersten Sechs des Gesamtklassements, ausgesprochen gut bestückt war. Mit der „11“ ohnehin zur Zurückhaltung verdonnert, brachte er den Wallach extrem vorsichtig auf die mit 50.000 Euro gepflasterte 2600-Meter-Reise. Das genaue Gegenstück war Gabriele Gelormini, der Vorjahrssiegerin Billie de Montfort an der „8“ deftig losknattern ließ und die Favoritin tatsächlich an Blues d’Ourville vorbei auf die Kommandobrücke jagte. Weil Billie nach 94 harten Schlachten fast durchweg auf Gruppe-Niveau längst nur noch aus verdeckter Lage an einstige Großtaten zu erinnern vermag, war es keine Frage, dass Gelormini die Spitze sofort an den von Jos Verbeeck gesteuerten Fuchs mit der großen Blesse abtrat.
Dahinter parkten Bon Copain, die schärfste der vier Waffen des Lieven de Groote, und Discours Joyeux ein, während außen nach hinten versetzt Balando vor Eridan das Zepter schwang. Von Discovry Dry war da noch nichts zu sehen bzw. der Wallach nur im fünften Paar auszumachen. Das änderte sich nach 700 Metern radikal. Die Gunst der mauen 1:22er Fahrt nutzte Le Beller. Discovry Dry schoss wie eine Rakete am gesamten Pulk vorbei auf den Platz an der Sonne, was ihm insofern erleichtert wurde, weil der in jeder Kurve enorme Probleme offenbarende Blues d’Ourville auch in der zweiten Biege von Verbeeck radikal zusammengehalten werden musste, um nicht auf der grünen Wiese zu landen. Einmal dank dieses Husarenstreichs vorn, war das Gröbste erledigt, denn echte Angriffe hatte der Goetmals-Wood-Sohn auf den folgenden 1200 Metern nicht zu parieren.
Knifflig wurde es erst, als As des Jacquets seine Attacke eine Runde später praktisch als Kopie inszenierte. Auch der Vertreter des Stalles Cortina machte rasant Boden gut, obwohl er durch den ausscherenden Eridan bis in Spur vier gedrängt wurde, und tankte sich mit furiosem Schwung zu Beginn der Zielgeraden an die Flanke des Leaders.
Bis 150 Meter vorm Ziel hielt er sich gleichauf und schien für die 790:10-Revolution schwer in Frage zu kommen. Dann machte sich Discovry Dry kurz und trocken zum 15. und finanziell wertvollstem Sieg seiner 30 Starts umfassenden Karriere frei, der mit 3½ Längen Vorsprung, die der Zielrichter sah - real waren es deren 2½ -, sogar leicht ausfiel. Runner-up war Billie de Montfort, die Gelormini erst aus den Tiefen des inneren Mittelfelds nach weit außen lavieren musste, wo sie gewaltig Fahrt aufnahm und As des Jacquets auf Rang drei verwies. Für den kam es knüppeldick, denn nach Gangart-Überprüfung wurde er nachträglich disqualifiziert; eine harte, auf Basis des vorliegenden Video-Materials gleichwohl vertretbare Entscheidung, für die man sich die in Frankreich üblichen seitlichen Sequenzen als Video-Einspielungen gewünscht hätte.
Das Pech des Außenseiters war das Glück der vier Längen zurück Kopf an Kopf folgenden Balando und Bon Copain. Ein restlos enttäuschender Eridan, immerhin Sieger der ersten Etappe und des Critérium Continental 2018, durfte mit viel Massel die letzte Prämie einstecken, musste aber den ersten Platz im Gesamtklassement für Billie de Montfort räumen. Zwischen den beiden Guarato-Trainees steht es vor der letzten Etappe, bei der es nicht nur um doppelt Geld, sondern auchdie zweifache Punktzahl gibt, 43 zu 42. Da es in Mons linksherum geht, wird man Discovry Dry dort ebenso vergeblich suchen wie beim Winter-Meeting, bei dem er mit 187.350 Euro eine Fülle von Betätigungsfeldern hätte. „Auf Linkskursen ist mit ihm überhaupt nichts anzufangen. Wir werden die ‚rechten‘ Provinzbahnen abgrasen, wo es auch einiges zu verdienen gibt“, verriet Le Beller. Nächste Ausfahrt soll in Saint Galmier sein; der dortige Parcours ist mit 1200 Metern so lang wie jener am Nienhausen Busch…
Grand Prix de Gelsenkirchen (vier- bis 14jähr. franz. Traber)
2600m Autostart, 50.000 Euro
1. Discovry Dry 14,9 Tony Le Beller 61*
6j.br. Wallach von Goetmals Wood a.d. L’Etoile Dry von Sancho Pança
Be / Zü: Ecurie Dry; Tr: Tony Le Beller
2. Billie de Montfort 3. Balando 4. Bon Copain 5. Eridan 6. Beau Gamin 7. Ultimate du Rib 8. Blues d’Ourville 9. Espoir d‘Avril 10. Un Cher Ami 11. Discours Joyeux As des Jacquets |
15,1 Gabriele Gelormini 15,5 Rick Wester 15,5 Christophe de Groote 15,8 Hugo Langeweg jr 15,8 Piet van Pollaert 16,1 Dries Devolder 16,3 Joseph Verbeeck 16,3 Gert Sucaet 18,2 Lieven de Groote 18,7 Dominik Locqueneux 3.dai. Heinz Wewering |
22 160 530 43 220 550 85 400 860 410 790* |
*alle Quoten von der PMU
Sieg: 61; Richter: leicht 3½ - (1) - 4 - k.Kopf - 2½ - ½ Länge; 12 liefen
Zw-Zeiten: 13,7 - 15,8 - 13,5 - 11,1 - 12,1
Wert: 25.000 - 12.500 - 6.000 - 4.000 - 2.500 Euro
Punktestand nach 4 Etappen (Wolvega, Avenches, Son Pardo, Gelsenkirchen)
Billie de Montfort Eridan Bon Copain Clif du Pommereux Discours Joyeux Balando Discovry Dry Blues d’Ourville Ultimate du Rib As des Jacquets |
43 (1 Sieg) 42 (1 Sieg) 33 (1 Sieg) 21 18 17 15 (1 Sieg) 12 9 6 |
Verteilung: 15 - 10 - 8 - 6 - 4 - 3; alle anderen 1 Punkt; Zusatzpunkte: zum 2. Mal angetreten + 1; zum 3. Mal angetreten +2 Punkte usw.
Die letzte Station:
Sonntag, 27. Oktober Mons / Belgien 2300m 100.000 Euro