Le Croisé-Laroche, Mittwoch, 25. Mai 2022. Erstmals in diesem Jahr ging es im Grand National du Trot linksherum. Der fünften Etappe hoch im Norden in Le Croisé-Laroche bzw. Marcq-en-Barœul, einem Vorort der alten südflandrischen Hauptstadt Lille, bzw. dem dortigen 1.662 Meter langen Kurs inmitten eines Wohnviertels machten 16 Gespanne ihre Aufwartung.
Einen Tag vor Himmelfahrt fanden sich drei interessante Comebacker an der 2.850-Meter-Stelle ein, hatten also zwei Zulagen wettzumachen: Gelati Cut, der vor einem Jahr einen Elitloppet-Vorlauf gewonnen und im Finale Platz vier belegt hatte, war letztmals am 21. August, Dorgos de Guez, der Fuchs mit der riesigen Blesse, am 6. Oktober „draußen“. Sie bekamen rundum beschlagen ein erstes Aufbaurennen serviert, was sich am Totalisator entsprechend niederschlug.
Deutlich mehr beachtet war Earl Simon, der seit dem Elitloppet 2020 wegen eines Sehnenschadens ewig im Krankenstand war, jedoch schon vier Engagements im braunen, noch etwas fülligen Leib hatte: Einem nichtssagenden Auftritt in Caen waren im ersten Teil der Wiederauferstehung drei blitzsaubere Treffer im nur 90 Kilometer entfernten, schon zu Belgien zählenden Mons gefolgt.
Akt zwei der „résurrection“, die erste echte Nagelprobe für den Prodigious-Sohn, begleiteten die Wetter mit einem Kurs von 134:10. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste, denn zwei Zulagen wettzumachen war letztmals vor sechs Jahren niemand Geringerem als Aubrion du Gers gelungen - und der stand damals voll im Saft und galt als bester Wallach der Welt.
Überbordende Hoffnungen hatte sich sein Ausbilder im Vorfeld nicht gemacht. „Die Rennen in Belgien waren optimal für ihn zum Einrollen. Schade, dass wir so etwas nicht in Frankreich haben. Auch diese Etappe passt ausgezeichnet: Bei 50 Meter Zulage verbieten sich allzu große Erwartungen von selbst."
"Franck kann ruhig mitfahren, am Ende sehen, was geht, und mit einem Start bei dieser Rundfahrt haben wir schon mal die Mindestberechtigung fürs Finale in der Tasche, sollte er im Winter in der entsprechenden Verfassung sein“, hatte Jarmo Niskanen den Ball im Vorfeld flach gehalten und das Pferd seines Trainer-Lebens mit einem gelben Smiley als Orientierungshilfe auf die Reise geschickt.
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. In der temporeichen Partie konnte sich Fragonard Délo, der Siebte der Gesamtwertung, nur kurz der Führungsrolle erfreuen. Noch vor Erreichen der ersten Biege war die Ablösung in Gestalt von El Greco Bello da, der ausgangs derselben den Staffelstab an Farrell Seven, Jean-Michel Bazires einzige Fuhre des Tages, weiterreichte, der als vermeintlich Chancenreichster des ersten Bandes galt.
Lange ließ aber auch der mit tollen Formen aus Kuurne und Mons mal wieder zur Stippvisite nach Frankreich gekommene Cyriel d’Atom nicht auf sich warten, mit dem sich Hanna Huygens vorm Publikum an die Tête setzte. „Denkste, Puppe“ lautete Bazires Motto, der, bevor ihn Django du Bocage festnageln konnte, die kurze Rochade kurz vor der zweiten Kurve vollendete - und Django Mitte der Überseite doch vorbeiließ.
Außen bezog Trainingskamerad Fulton vor Crescendis, Hanna des Molles und Frejya du Pont Wache, derweil wie erwartet Earl Simon, Gelati Cut und Dorgos de Guez brav die Nachhut bildeten.
Vorentscheidendes tat sich im Schlussbogen. Einen ersten Wackler Farrell Sevens vermochte „JMB“ ein wenig zu Lasten Cyriel d’Atoms nach wenigen Sprüngen abzufangen, wobei der Rédéo-Josselyn-Sohn etwas Boden, aber keine Position verlor. Unabhängig davon erwischte es Dexter des Baux und vor allem die außen aufrüstende Favoritin Hanna des Molles, die urplötzlich gestreckten Galopp ging und ausgemustert wurde.
Im dichten Pulk raufte sich Farrell Seven an Django du Bocage vorbei, doch flüssig sah dies nicht mehr aus. Prompt erwischte ihn die Fehlerhexe 200 Meter vorm Pfosten ein zweites Mal, was das Aus auch für Favorit Nummer zwei bedeutete. Die Mehrzahl der „turfistes“ glaubte ihren Augen nicht zu trauen: Immer stärker wurde außen Earl Simon, hinter dem Franck Ouvrie genau gar nichts machte.
À la Bazire schaute der 50-jährige sich 100 Meter vorm Ziel, Hände voll, Ohrenkapuze nicht gezogen, Peitsche nach hinten, ausgiebig an, wie sich die Konkurrenz abrackerte. Es war nicht nur ein Sieg - der 20. aus 40 Versuchen -, sondern eine regelrechte Demonstration der Stärke, die der Earl da 2½ Längen vor dem Rest abzog.
Von dem raufte sich die vielleicht endlich zu mehr Stabilität findende Frejya du Pont mit Nicolas Bazire knapp vor Eire d’Hélios zum Ehrenplatz; die „untreffbare“ Quinté-Wette komplettierten Fragonard Délo und Super-Longshot Divine de Navry.
„Das stellt all unsere Erwartungen Kopf“, konnte Niskanen hinter der gewohnt coolen Fassade seine Emotionen nicht ganz verbergen und gab zu, das Match aus der Umkleidekabine verfolgt zu haben, „natürlich war Earl fit, aber mit 50 Meter Zulage zu gewinnen, und dann so leicht“, schüttelte er fast ungläubig den Kopf
„Mein Dank gilt dem gesamten Team Duvaldestin, das mir immens geholfen hat, den Burschen in diese Form zu bringen. Ich hoffe aufs nächste Winter-Meeting. Er ist mit seinen wenigen Starts ja noch ein unverbrauchtes Pferd. Wir werden ihn über Sommer nur gezielt einsetzen und vielleicht“ - Gelsenkirchen, nun freue dich - „im Herbst auf Europa-Tournee schicken.“
Baff war auch sein ständiger Chauffeur Franck Ouvrie: „Das war wirklich beeindruckend. Ich hab nicht mal die Kapuze gezogen. Die Rennen in Mons haben ihm extrem gut getan, wieder auf dieses Niveau zu kommen. Er ist ein Phänomen, er hat einen leichten Trab, er pullt nicht. In der letzten Kurve war er noch im Sparmodus und hat dann die Anderen mit großer Leichtigkeit überholt.“
Wie gut er drauf war, zeigte auch ein Blick auf den Chronometer: Mit 1:12,0 verfehlte der nun 927.185 Euro reiche Earl Cleangames Bahnrekord nur um eine winzige Zehntelsekunde.
5. Etappe des GNT
Prix Geny Courses (Gruppe III national, Fünf- bis Zehnjährige)
2800 Meter Bänderstart; 25 Meter Zulage ab 278.000, 50 Meter ab 462.000 Euro; 90.000 Euro
1. Earl Simon 2850 12,0 Franck Ouvrie 134
8j.dklbr. Hengst von Prodigious a.d. Tindrana von Insert Gédé
Be: Ecurie Skytten, SE; Zü: Gunnar Sundbaum, SE/FR; Tr: Jarmo Niskanen
2. Freyja du Pont 2825 12,8 Nicolas Bazire 290
3. Eire d‘Hélios 2825 12,8 François Lagadeuc 260
4. Fragonard Délo 2800 13,5 Franck Nivard 310
5. Divine de Navary 2800 13,6 Philippe Masschaele 1320
6. Django du Bocage 2825 13,0 Pierre-Yves Verva 210
7. Crescendis 2825 13,1 Jean-François Senet 1210
8. Gelati Cut 2850 12,5 Gabriele Gelormini 710
9. Copsi 2825 13,2 Dominik Locqueneux 820
10. Cyriel d’Atom 2825 13,4 Hanna Huygens 290
11. El Greco Bello 2800 14,1 Mathieu Mottier 150
12. Fulton 2800 15,2 Jean-Charles Piton 1550
13. Dorgos de Guez 2850 14,5 Guillermo Horrach Vidal 1560
Dexter des Baux 2800 dis.r. Tony Le Beller 1490
Farrell Seven 2800 dis.r. Jean-Michel Bazire 28
Hanna des Molles 2825 dis.r. Alexandre Abrivard 22
Sieg: 134; Richter: überlegen 2½ - Hals - 1 - 1 - 1 - 1 - 1¼ - Hals; 16 liefen
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 900 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-05-25/5901/1
In der Gesamtwertung musste die schon wie auf Etappe vier pausierende Divine Monceau das imaginäre Maillot jaune abtreten - das war schon mit dem Startschuss klar. Eire d’Hélios, Django du Bocage und Freyja du Pont sammelten eifrig Punkte und zogen an ihr vorbei. Fünfte Etappe, fünfter unterschiedlicher Sieger - der GNT bleibt heuer eine spannende Angelegenheit.
Punkte nach Etappe 5 (Amiens, Salon-de-Provence, Reims, Châteaubriant, Le Croisé):
Eire d’Hélios 28
Django du Bocage 24
Freyja du Pont 21
Divine Monceau 20 (1 Sieg)
Fragonard Délo 19
Girolamo 17 (1 Sieg)
Cleangame 15 (1 Sieg)
Earl Simon 15 (1 Sieg)
Farah des Caux 15 (1 Sieg)
Hanna des Molles 12
Favori de l’Iton 11
Day de Bellouet 10
Dottarus 10
Caliméro du Thiole 8
Eden Basque 8
Félix du Bourg 8
Flower by Magalou 8
Bereits in 14 Tagen geht‘s in Laval mit Etappe 6 weiter. Im 50.000-Einwohner-Städtchen im Herzen der Mayenne sind am 8. Mai erneut die „Linksfüßer“ gefragt - diesmal auf dem lediglich 1.250 Meter messenden Hippodrome de Bellevue-la-Forêt.