Zweimal hatte Cleangame, Jean-Michel Bazires Musterschüler, bereits gezeigt, wie man doppelte Zulagen - das sind in Frankreich stets 50 Meter - aufarbeitet. Auf der vorletzten Etappe des Grand National du Trot sowie in dessen Finale hatte er dieses gewaltige Handicap verblüffend locker weggesteckt, und jene Clôture am 1. Dezember schien auch schon der Abgesang des Wallachs fürs Winter-Meeting, das für ihn nach dem Triumph im Prix Jean Dumouch am 15. Dezember überhaupt nur noch eine „Fahr“-Prüfung bereithielt: Eben diesen international konzipierten Prix de Brest, in dem er 50 Meter Zulage wettzumachen hätte. Kaum jemand rechnete ernsthaft damit, Bazire würde dem Achtjährigen noch einmal eine derartige Monster-Nummer aufdrücken, zumal ab dem Frühjahr genügend „anspruchlosere“ und/oder lukrativer dotierte Aufgaben allüberall in Europa locken.
Der 48-jährige tat es dennoch, wohl auch seinem Publikum zuliebe - und enttäuschte es nicht. Der früher so diffizile und explosionsfreudige Ouragan-de-Celland-Sohn, den Bazire vor ziemlich genau zwei Jahren von Sébastien Guarato als Nervenbündel mit nicht mal 200.000 Euro an Einkommen geerbt hatte, weil sich Besitzer Jean-Michel Rancoule mit jenem überworfen hatte, ist mittlerweile lammfromm und machte zehn seiner 25 Meter Rückstand aufs zweite Band mit einem Blitzstart wett. Einer gedachte den Spielverderber zu spielen. Wer ist besser denn Yoann Lebourgeois geeignet, von der Grundmarke den Hasen zu geben? Angle of Attack, Robert Berghs in Vincennes bestens etablierten Schützling, ließ er ein strammes 1:12er Tempo abkurbeln, das zunächst nur Diable de Vauvert mitgehen konnte. Das 30 Meter große Loch zu Nancy America stopfte nicht etwa die Italienerin selbst, sondern überließ dies Anzi des Liards. Innen postierten sich Caly Loulou, Dreambreaker und Direct Way, in zweiter Spur tastete sich Balbir vor Blé du Gers und Cleangame peu à peu in vordere Gefilde.
Die Vorentscheidung fiel „am Berg“, wo sich die enorme Physis der stahlharten Reichen immer nachdrücklicher bemerkbar machte. Blé du Gers wurde von Nicolas Bazire an die Flanke des nunmehr gestellten Angle of Attack beordert, in dritter Spur kreuzte Cleangame auf, hinter dem Bazire senior sich ab 300 Meter vorm Pfosten die Gegner zurechtzulegen begann. Ausgiebig studierte der 20-fache französische Fahrerchampion, was sich um ihn herum so alles tummelte. Blé du Gers hatte er sicher im Schwitzkasten, auch die sich innen um Angle of Attack herum windenden Diable de Vauvert und Caly Loulou waren keine Gefahr. Und als Anzi des Liards mit einem letzten Aufbäumen versuchte, den König zu fällen, schien ihm „Jean-Mi“ zuzurufen: „Was willst du denn?“ Ohne einen Handschlag seines Chauffeurs setzte es zu Cleangames goldenem Jubiläum - es war sein 50. Engagement, das 27. unter der Regie „JMBs“ - den 33. Sieg, der eine halbe Länge vor dem wiedererstarkten Anzi des Liards sein Konto auf 1.269.720 Euro voranbrachte. Zwei Längen dahinter hatte Blé du Gers Bronze sicher vor den fast gleichauf die Linie passierenden Caly Loulou innen, Usain Henna außen und Nancy America in der „Sandwich-Position“. Pech hatte der wiederum streng defensiv ausgerichtete Dreambreaker, der als Achter haarscharf an der kleinsten Prämie vorbeischrammte.
1:11,2 - das war exakt die Zeit, mit der Cleangame am 6. November in Nantes die Doppelzulage wettgemacht hatte. Für „JMB“ war’s nach den Erfolgen von Bel Avis 2018 und Abydos du Vivier, mit dem sein Sohn Nicolas 2019 seinen ersten Gruppe-Sieg unter Dach und Fach hatte, der Trainer-Hattrick im Prix de Brest. Für seine rundum beschlagenen Schützlinge Calina und Colonel war diese Aufgabe lediglich als öffentliches Training gedacht; sie endeten unter „ferner liefen“, ohne je auf sich aufmerksam gemacht zu haben.
Prix de Brest (Gruppe III int., Sechs- bis Zehnjähr.)
2850m Bänderstart; 25 Meter Zulage ab 445.000, 50 Meter ab 1.200.000 Euro; 90.000 Euro
1. Cleangame 2900 11,2 Jean-Michel Bazire 14
8j.br. Wallach von Ouragan de Celland a.d. Red Bell von Jag de Bellouet
Be: Jean-Michel Rancoule; Zü: Alain-Louis Beaumont; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Anzi des Liards 3. Blé du Gers 4. Caly Loulou 5. Usain Henna 6. Nancy America 7. Diable de Vauvert 8. Dreambreaker 9. Angle of Attack 10. Balbir 11. Colonel 12. Calina 13. Cœur Baroque Be Bop Haufor Direct Way |
2875 11,9 Romain Derieux 2875 12,0 Nicolas Bazire 2850 12,7 Matthieu Abrivard 2850 12,7 Björn Goop 2850 12,7 Franck Nivard 2850 12,8 Gabriele Gelormini 2850 12,9 Alexandre Abrivard 2850 13,2 Yoann Lebourgeois 2875 13,5 Mickaël Cormy 2875 13,7 Romain Congard 2850 14,4 David Thomain 2850 15,2 Jean-Philippe Monclin 2850 dis.r. Damien Bonne 2850 dis.r. Anthony Barrier |
210 330 620 600 200 800 66 380 210 1060 1040 2160 320 430 |
Sieg: 14; Richter: sicher ¾ - 2 - 1 - Kopf - Kopf - ¼ - 1½ Längen; 15 liefen (NS Coktail Fortuna)
Zw-Zeiten: 12,0/1350m - 12,3/1850m - 11,6/2350m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 700 Euro
Ohne „Chaussures“ zum Sieg
Seit dem 1. Januar dürfen die nunmehr Vierjährigen ohne Eisen antreten. Davon machten die 2016 geborenen Stuten bzw. ihr Umfeld ausgiebig Gebrauch, denn nur drei der 14 Satteltraberinnen, die sich im den Renntag eröffnenden Prix de Pardieu um 100.000 Euro bewarben, traten mit vollem Beschlag an. Zwei von ihnen nützte die gewohnte Balance gar nichts. Grâce de Faël, die ebenso grandiose wie diffizile Primadonna dieser Disziplin, war nach drei vergeblichen Startversuchen mit den Nerven wieder mal völlig am Ende und verfiel sofort in Galopp, während es Grande Avenue wenigstens bis in den Schlussbogen schaffte, wo sie erschöpft über ihre müden Füße stolperte. Wie zwei Kanonenkugeln waren hingegen Goforme de Houëlle und Gloire et Beauté aus den Startlöchern geschossen und legten ein Tempo vor, dass dem Rest die Augen tränten. 1:09,3 für 1000 Meter sind selbst bei idealen Bedingungen - trocken, fast windstill, 8 Grad - für die jungen Satteltraber eine stolze Ansage.
Gloire de Fleury, Dayana Berry, Greta du Châtelet, Girly Béco und Favoritin Gladys des Plaines mühten sich redlich, das riesengroße Loch zu schließen, rückten jedoch erst im Schlussbogen zügig näher. Zu Beginn der Zielgeraden war’s um Gloire et Beauté geschehen. Zäh wehrte sich hingegen Goforme de Houëlle und beugte sich erst auf den finalen 100 Metern einem Trio, aus dem sich ziemlich überraschend Girly Béco als Beste herausschälte. Der erstmals auf Gruppe-Parkett aktiven Tiégo-d’Etang-Tochter hatte Guillaume Martin die Kräfte derart gut eingeteilt, dass es zu einem leichten Zwei-Längen-Erfolg vor der sehr viel erfahreneren Gloria Berry reichte, die Jean-Michel Bazire erstmals gesattelt hatte. Der rumpelige Start war das große Handicap der Gladys des Plaines, die den Ausfall ihrer ständigen Widersacherin Grâce de Faël somit nicht in den ersten Gruppe-Sieg umzumünzen verstand. Mehr als Platz drei war trotz tollen Endspurts nicht mehr drin.
Für seinen zweiten halbklassischen Sieg hat sich Guillaume Martin lange in Geduld üben müssen: Der erste war dem 26j-ährigen vor zwei Jahren im Prix Camille de Wazières mit Ezréal Jiel gelungen.
Prix de Pardieu - Monté - (Gruppe II nat., vierj. Stuten)
2175 Meter Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Girly Béco 12,7 Guillaume Martin 157
4j.br. Stute von Tiégo d’Etang a.d. Verveine Gédé von Diamant Gédé
Be / Zü: Ec. Hervé Guérin; Tr: Maxime Bézier
2. Gloria Berry 3. Gladys des Plaines 4. Goforme de Houëlle 5. Gigi de Vaudival 6. Gloire et Beauté 7. Go Go Gigi 8. Galloway 9. Greta du Châtelet 10. Golden Lady 11. Gloire de Fleury Grande Avenue Gélinotte du Rib Grâce de Faël |
12,9 Jean-Yann Ricart 13,0 Eric Raffin 13,2 Adrien Lamy 13,3 Alexandre Abrivard 13,3 Yoann Lebourgeois 13,5 Pierre-Yves Verva 13,7 David Thomain 14,5 Antoine Dabouis 14,6 Fabien Gence 23,1 Jonathan Vanmeerbeck dis.r. Matthieu Abrivard dis.r. Jean-Loïc Claude Dersoir dis.r. Maxime Tijou |
270 34 83 150 560 1150 120 1010 1100 1130 770 52 37 |
Sieg: 157; Richter: leicht 2 - 1½ - 2 - 1 - 1½ - 2 Längen; 14 liefen
Zw-Zeiten: 06,9/675m - 09,3/1175m - 11,6/1675m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro