Gelsenkirchen, Sonntag, 10. Oktober 2021. Schon wegen der räumlichen Nähe zu Frankreich brachte der Grand Prix de Gelsenkirchen, die vierte und vorletzte Etappe der Tour Européen du Trotteur Français, ein sehenswertes Nennungsergebnis.
Die Spitze der 13-köpfigen Truppe bildeten Sébastien Guaratos beide Millionäre Carat Williams und Billie de Montfort, wobei insbesondere die große alte Dame des europäischen Rennsports bereits exzellente Referenzen vom Nienhausen-Busch vorzuweisen hatte: 2019 war die 2018er und 2019er Gesamtsiegerin dieser Tournee Zweite, 2018 hatte sie gar die Nase ganz vorn gehabt,
Moderator Holger Hülsheger hatte sich schon damit angefreundet, einen französischen Fahrer beim Siegerinterview am Mikrofon zu haben - und dann machte ihm Thomas Panschow, um den es in den letzten Jahren international recht still geworden war, einen hochwillkommenen Strich durch diese Rechnung. Besser hätte es für den Wahlberliner, der mit Pferden wie Campo Ass, Freiherr Ass, Nu Pagadi teils europaweit für Furore gesorgt hat, in seiner alten Heimat Gelsenkirchen gar nicht laufen können.
„Verschafft hat mir die Fuhre Jos Verbeeck, der bei Express Jet selbst im Gespräch war, aber absagen musste, weil er bereits für Cicero Noa verpflichtet war. Er hat kurzerhand mich empfohlen. Schön, dass sich der eine oder andere noch an mich erinnert, wenn sich solche Gelegenheiten ergeben. Mit Jos bin ich schon in Solvalla um die Wette gefahren. Der Kontakt zu ihm ist nie ganz abgerissen.“
Besagter „Jos“ bewies mal wieder, dass er noch immer Pferde wie kaum ein Zweiter vom Start zu scheuchen versteht. Ruckzuck sauste er mit Cicero Noa (4) vor Colonel und Express Jet in Front und drosselte nach 500 Metern die Pace enorm. Auch bei Baron du Bourg, der Billie de Montfort, Elvis du Vallon und Dostoievski im Schlepptau hatte, trat Jérémy van Eeckhaute schwer auf die Bremse, um die Todeslage loszuwerden, aber vorbeilocken ließ sich keines seiner Anhängsel.
So weit nach hinten versetzt lief der „Herr Baron“, dass für Express Jet die Tür sperrangelweit offen stand. Frei nach Frank Sinatra „When you can make it there, you can make it anywhere“ nutzte Panschow die Chance, dirigierte Express Jet nach außen, und der flitzte wie ein Jet an Cicero Noa vorbei. „Abgesprochen war das mit Jos nicht, ich hab die Chance aus dem Bauch heraus genutzt, um nicht rettungslos verhaftet zu werden“, so Panschow im Nachklapp.
Nach einer Runde war der Express vorn, und die Blitz-Idee sollte sich tatsächlich als Gold wert entpuppen. Allzu zügig war es auf dem folgenden Abschnitt nicht, weil Baron du Bourg weiterhin kein Interesse hatte, sich zum Angreifer aufzuschwingen, und auch Gabriele Gelormini und David Thomain (zu) lange in Untätigkeit verharrten. Als sie sich endlich zur Attacke aufrafften, war Express Jet auf zwei Längen weg und gab davon auf dem langen Einlauf keinen Zentimeter preis - im Gegenteil.
Wie in San Pardo hisste Billie de Montfort, diesmal aus der Deckung, viel zu früh die weiße Fahne, und auch Elvis du Vallon und sein Schatten Dostoievski hatten nach vorn erstaunlich wenig zu verkaufen. Umso nachdrücklicher nahm Colonel die Beine in die Hand und flutschte an Cicero Noa vorbei, der sich zäh verteidigte und erst mit dem letzten Schritt vom aus dem Nirgendwo heranfliegenden Cyriel d’Atom vom Treppchen geputzt wurde.
Für den „Hexer von Vincennes“ war’s dennoch ein gelungener Abend, denn die Führung in der Fahrerwertung, bei der es für den Besten immerhin 7.500 Euro auf die Kralle gibt, konnte er ausbauen. „Er ist am Toto ein wenig unterschätzt worden. Ein Fragezeichen war lediglich, wie er rechtsherum laufen würde. Aber das hat er prima hinbekommen“, stellte Panschow seinem Partner für den achten Treffer aus 66 Versuchen, der ihn auf 576.730 Euro brachte, ein feines Zeugnis aus.
In der Gesamtwertung blieb Feydeau Seven mit 31 Zählern knapp vor dem auf Platz zwei vorrückenden Express Jet (28) und Eclat de Gloire (25). Bei den „drivers“ baute Verbeeck seinen Vorsprung auf Loris Garcia (25) und Jérémy van Eeckhaute (20) aus; bei 31 Punkten, die der „diable Belge“ gesammelt hat, ist aber noch lange nichts entschieden, denn auf der Schlussetappe im belgischen Mons geht’s mit 100.000 Euro nicht nur um doppelte Prämien, sondern auch um doppelte Punkte - will heißen allein deren 30 für den Sieger.
Grand Prix de Gelsenkirchen (Gruppe II, vier- bis 14jähr. franz. Traber)
2600m Autostart, 50.000 Euro
1. Express Jet 14,1 Thomas Panschow 169
7j.br. Hengst von Goetmals Wood a.d. Run for Jet von Coktail Jet
Be : Ecur. Hunter Valley (Matthieu Millet); Zü: Jean-Etienne Dubois; Tr: Tomas Malmqvist
2. Colonel 14,3 Robbin Bot 114
3. Cyriel d‘Atom 14,5 Hanna Huygens 693
4. Cicero Noa 14,5 Joseph Verbeeck 463
5. Elvis du Vallon 14,5 David Thomain 20
6. Billie de Montfort 14,7 Gabriele Gelormini 44
7. Charme de Star 14,7 Christophe de Groote 871
8. Carat Williams 14,8 David Békaert 65
9. Dostoievski 15,0 Nicolas Bazire 123
10. Baron du Bourg 15,6 Jérémy-Gaston van Eeckhaute 469
Diva Beauregard dis.r. Guillaume Gillot 1361
Atoll Danover dis.r. Reinier Feelders 1869
Sieg: 169; Richter: leicht 2 - 3 - k.Kopf - Kopf - 2½ Längen; 12 liefen (NS Désir Castelets / Attest)
Zw-Zeiten: 12,5 - 17,9 - 14,3 - 12,6
Wert: 25.000 - 12.500 - 6.000 - 4.000 - 2.500 Euro
Video: https://www.youtube.com/watch?v=8q-wWcgRm9M
Punktestand nach 4 Etappen (Wolvega, Avenches, Son Pardo, Gelsenkirchen)
Feydeau Seven 31 (2 Siege)
Express Jet 28 (1 Sieg)
Eclat de Gloire 26 (1 Sieg)
Baron du Bourg 24
Blues d‘Ourville 15
Donuts Deladou 14
Charme de Star 12
Dostoievski 12
Billie de Montfort 11
Cicero Noal 10
Colonel 10
Verteilung: 15 - 10 - 8 - 6 - 4 - 3; alle anderen 1 Punkt; Zusatzpunkte: zum 2. Mal angetreten + 1; zum 3. Mal angetreten +2 Punkte usw.
Die letzte Station:
Samstag, 23. Oktober Mons / Belgien 2300m 100.000 Euro
Bisherige Gesamtsieger: Pirogue Jénilou (2007), Quido du Goutier (2008), Malakite (2009), Paradis Cordière (2010), Nimrod Boréalis (2011), Punchy (2012), Roxana de Barbray (2013), Soléa Rivellière (2014 und 2015), Swedishman (2016), Bird Parker (2017), Billie de Montfort (2018 und 2019); 2020 wegen Corona-Lockdown ausgefallen