Vincennes, Sonntag, 20. Februar 2022. …die alte Theaterweisheit, von der nicht bekannt ist, ob sie Philippe Allaire geläufig ist, war im Critérium des Jeunes die Maxime zum Sieg. Wobei „Premiere“ bedeutet, dass die zu Ehren des Grafen Pierre de Montesson über anspruchsvolle 2.700 Meter ausgetragene Aufgabe die erste der Kategorie I für den 2019 zur Welt gekommenen Jahrgang „J“ war.
Erst eines seiner acht Engagements hatte Just A Gigolo, Allaires neuer „Muster-Erstklässler“, reell gegen Juninho Dry verloren - und die Generalprobe am 29. Januar völlig versemmelt: Nach nur wenigen Metern des Prix Paul Viel hatte der mächtige Braune die Füße im Galopp gehoben, als ihn sein Standardfahrer Franck Nivard hinter zwei Kandidaten etwas aufnehmen musste.
Aus diesem Fehler lernte „Franckie mit der kalten Hand“ und ließ den Boccador-de-Simm-Sohn an den Außenrails losmarschieren, wo ihm niemand in die Quere kommen konnte. Als innerer „Schutzmann“ präsentierte sich Stallkamerad Joyner Sport und scherte hinter dem unaufhaltsam nach vorn tanzenden Gigolo ein. Teil eins des Allaireschen Schlachtplans war zu Beginn der Tribünengraden perfekt aufgegangen, zumal die als kreuzgefährlich angesehenen Juninho Dry und Jamaïca Turbo den Dienst bereits kurz nach dem Start quittierten und Jazzy Perrine nach betulichem Beginn im Mittelfeld verschwand.
Nivard stellte den „Tempomat“ auf nicht übermäßig zügige 1:15,0 ein, so dass der äußere Flügel, vor den sich bald Joyful Diva setzte, mit Jubilé Prior, Jet Set Bond, Jazzy Perrine, Joke, Jakarta des Prés und Jasmin Mérité bergauf peu à peu in vordere Gefilde vorrückte. Innen hatten Just For Lova, Jag Stryck und Jorgos de Guez die Plätze hinter dem Allaire-Duo inne.
Nivard wusste genau, was für ein Pfund er mit einem taktreinen Gigolo vor der Nase hatte. Um jedweder Überraschung einen Riegel vorzuschieben, gab er ihm zu Beginn der Zielgeraden den Kopf frei - schon war die Sachlage übergründlich geklärt. Weit vor dem Pfosten konnte der 42-jährige in aller Seelenruhe zusehen, wie Jazzy Perrine dank des kapitalen Endspurts ihre famose Serie weiterstrickte und auch beim zehnten Auftritt auf einem der ersten beiden Plätze landete: Die auffällige Rotschimmelstute der Ecurie Hunter Valley, die in dritter Schlussbogenspur hinter Jet Set Bond Maß genommen hatte, fegte bis auf eine Länge heran.
Trotz des idealen Verlaufs im Windschatten des Gigolos vermochte Joyner Sport, mit 121.160 Euro der Drittreichste des Pelotons, auch Rang drei nicht zu halten, der an die speedigen Joke ging. Gut dabei blieben der sich streng innen durchmogelnde Jag Stryck und Jubilé Prior, während von Jet Set Bond gar nichts mehr kam, als die Karten auf den Tisch zu legen waren. Da war Trainingskamerad Jorgos de Guez mit der kleinsten Prämie deutlich besser auf Zack.
Die Rangliste im Jahrgang J ist damit auch nach Gewinnsumme korrigiert und wird bis auf Weiteres von Just A Gigolo angeführt, der mit 264.750 zu 253.250 Euro gegenüber Jazzy Perrine knapp im Vorteil ist. Mit 1:14,5 verfehlte er den im Vorjahr von In The Money auf 1:13,4 gedrückten Rennrekord recht deutlich, was für seinen Züchter, Besitzer und Ausbilder nur eine Marginalie sein dürfte: Der 62-jährige holte sich die Lorbeeren nach Ready Cash 2008, Sanawa 2009 und Django Riff 2016 zum vierten Mal - jeweils für die eigene Kasse.
Nivard, der sich in die Ehrenliste dieses Critériums bereits mit 2004 mit Nelson de Vandel (für Philippes Vater Pierre-Désiré Allaire) und 2011 mit Uaukir eingetragen hat, war voll des Lobes: „Ein superber Hengst, der stark und hart ist und über die lange Distanz von vorn gehen kann, was bei dieser Art von Rennen ein großer Vorteil ist. Ich konnte ihm alles ganz nach Wunsch einteilen und hab mir keinen Augenblick Sorgen gemacht.“
Critérium des Jeunes - Prix Comte Pierre de Montesson - (Gruppe I nat., dreij. Hengste und Stuten)
2700 Meter Bänderstart o.Z., 200.000 Euro
1. Just A Gigolo 14,5 Franck Nivard 24
3j.br. Hengst von Boccador de Simm a.d. Blue Valentine von Ready Cash
Be / Zü / Tr: Philippe Allaire
2. Jazzy Perrine 14,6 Eric Raffin 42
3. Joke 14,8 Gabriele Gelormini 470
4. Joyner Sport 14,9 David Thomain 150
5. Jag Stryck 14,9 Matthieu Abrivard 100
6. Jubilé Prior 15,0 Aurélien Desmarres 1080
7. Jorgos de Guez 15,2 Romain Congard 1520
8. Jakartas des Prés 15,2g Alexandre Abrivard 220
9. Joyful Diva 15,7 Franck Ouvrie 180
10. Jet Set Bond 15,8 Jean-Michel Bazire 120
Just for Lova dis.r. Anthony Barrier 890
Jasmin Mérité dis.r. Julien Raffestin 780
Jamaïca Turbo dis.r. François Lagadeuc 100
Juninho Dry dis.r. Paul-Philippe Ploquin 130
Sieg: 99; Richter: leicht 1 - 3 - 1 - ½ - 1½ - 2 Längen; 14 liefen
Zw-Zeiten: 15,0/1200m - 15,0/1700m - 15,2/2200m
Wert: 90.000 - 50.000 - 28.000 - 16.000 - 10.000 - 4.000 - 2.000 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-02-20/7500/7
Ein Diamant auf Schienen
Rasant zur Sache ging‘s im Prix du Pontavice de Heussey, jenem Sprint für die ältere Kavallerie, in dem vor Jahresfrist Carly vor Freeman de Houëlle obsiegt und Dreambreaker als Dritter den deutschen Monté-Rekord auf 1:10,6 gedrückt hatte - und dies nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum Weltrekord war, wie man in den Monté-Eliten zu Solvalla ein Vierteljahr später zu sehen bekam.
Die Ausländer-Fraktion wurde heuer durch den einstigen Lugauer- und aktuellen Riordan-Protegée Gareth Boko gebildet, mit dem sich Alexandre Abrivard nicht lange mit der Vorrede aufhielt. Ratzfatz krallte sich der ganz kurz eindrehende Schwarzbraune das Zepter vor Bilooka du Boscail und wurde ab eingangs der ersten Kurve von Freeman de Houëlle bedrängt, der von ganz außen nicht minder hurtig in die Gänge kam. In dessen Windschatten lauerte Diamant de Tréabat, wogegen der Rest bei dem durchweg knackigen Tempo zunächst Mühe hatte, den Kontakt herzustellen.
Auf der Höhe des Plateaus war der Schwede, der zu allem Überfluss eine mittelprächtige Prämie 80 Meter vorm Ziel versprang, geknackt, doch konnte sich Eric Raffin nicht vom Diamanten lösen. Im Gegenteil: 300 Meter vorm Ziel fand Clément Frecelle bei seinem Fuchs einen noch höheren Gang. Wie nix zischte der Wallach an Freeman vorbei zum 14. Sieg seiner 82 Starts umfassenden Laufbahn und setzte damit seine brillante Serie fort: Es war der fünfte Treffer aus den letzten sieben Starts, der sein ab dem 17. September üppig gefülltes Konto auf 702.960 Euro ausbaute.
Für Rang drei und vier kamen die sich lange im Hintertreffen tummelnden Chalimar de Guez und Be One des Thirons prächtig auf Touren, während von Carly enttäuschend wenig und von der elfjährigen Bilooka du Boscail bei einer ihrer letzten Vorstellungen gar nichts mehr kam.
Zum Rennrekord reichte es für den in der Form seines Lebens befindlichen Diamanten bei 1:10,4 nicht ganz; den durfte Carly mit 1:10,2 behalten. „Besser konnte es nicht laufen mit dem Traumrennen hinter Freeman. Ein Klaps - und Diamant hat aus der letzten Kurve toll beschleunigt. Es ist immer eine Freude, ihn zu reiten“, sprudelte es aus Frécelle nach seinem vierten Gruppe-III-Treffer mit dem Fuchs heraus.
Prix du Pontavice de Heussey - Monté - (Gruppe III int., Sechs- bis Elfj., keine 850.000 Euro)
2175m Bänderstart o.Z., 90.000 Euro
1. Diamant de Tréabat 10,4 Clément Frecelle
9j. Fuchswallach von Kuadro Wild a.d. Sud Africa von Urfist des Prés
Be / Tr: Pascal Monthulé; Zü: Jean-Pierre Gicquel
2. Freeman de Houëlle 10,7 Eric Raffin
3. Chalimar de Guez 11,1 Jean-Yann Ricart
4. Be One des Thirons 11,2 Adrien Lamy
5. Carly 11,4 Mathieu Mottier
6. Bilooka du Boscail 11,8 Sébastien-Emmanuel Pasquier
7. Best of Bourbon 22,0g Morgane Blot
8. Gareth Boko dis.r. Alexandre Abrivard
Sieg: 63; Richter: leicht 3½ - 5 - 1 - 3½ - 6 Längen; 8 liefen
Zw-Zeiten: 08,0/675m - 08,8/1175m - 10,0/1675m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 900 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-02-20/7500/3
Und der dritte Streich
Mehr Internationalität gab’s im sich unmittelbar anschließenden Prix d’Orthez für Vierjährige, die keine 165.000 Euro gewonnen hatten - oder auch nicht: Er wurde zum Länderkampf Italien contra Frankreich, bei dem allein sechs „Römer“ die „Europa-Idee“ gegen neun Einheimische in der 2.850 Meter langen Quinté-Prüfung vertraten und dank Jean-Michel Bazire den Sieg davontrugen. Wird Cresus di Poggio ein ähnlicher Überflieger wie einst Valzer di Poggio oder aktuell die für Fabrice Souloy aktive Ampia Mede SM?
Der Muscle-Hill-Sohn mit dem schönen Stern präsentierte sich auch bei der dritten Ausfahrt unter des Maîtres Regie als unbezwingbar, und das, obwohl er nicht mal die Hälfte dessen verdient hatte wie die Besten der Franzosen und das Match keineswegs in die Schuhe gefahren bekam. Als sich Instinct d’Am, sein Zugpferd durch die Außenspur, nach 900 Meter vor Invictus d’Ecajeul, Coco Chanel Effe und Iquem an die Spitze gesetzt hatte, musste sich Cresus di Poggio außen das Rennen selbst machen.
„JMB“ machte die Not zur Tugend, seinem Schützling durch den Joinviller Bogen Dampf und riss ausgangs desselben das Zepter an sich. Das war der Schlüssel zum Sieg, denn auf der Zielgeraden kam der ohne Check aufgebotene Braune keinen Moment in Bedrängnis. Bazire konzentrierte sich mit einer Länge in der Vorhand kaum auf seinen Schützling, sondern intensiv auf den Kampf um Platz zwei, den die auf dem Anstieg in dritter Spur sich vortankende Inmarosa nach Zielfoto-Auswertung gegen Instinct d’Am hauchdünn für sich entschied.
Übersichtlicher Vierter wurde Iron Meslois, der sich so lange es ging an Inmarosa gehängt hatte. Eine Länge hinter ihm komplettierte Iquem haarscharf vor Invictus d’Ecajeul und dem durchs Ziel springenden Invictus Madiba die Fünferwette.
Hatte Cresus di Poggio in seiner Heimat die sechs Siege lediglich im Alltagsgeschäft zustande gebracht - größter Posten war jener in einer mit 8.800 Euro dotierten Prüfung zu Florenz -, so ist sein Konto in Gallien mächtig gewachsen, wie es einem Krösus geziemt: 91.000 Euro sind bei den drei Auftritten für „JMB“ hinzugekommen - macht summa summarum 105.600. „Auf dem Papier sah das Match gar nicht einfach aus, doch er hat seinen Job perfekt gemacht. Es gibt bei ihm nicht viel zu verbessern, doch nun hat er sich erst mal ein wenig Urlaub verdient“, gab Bazire zu Protokoll.
Prix d’Orthez (Gruppe III int., Vierjährige, keine 165.000 Euro & in den letzten 12 Monaten kein Gruppe-I-Rennen im Fahren gewonnen)
2850m Bänderstart o.Z., 90.000 Euro
1. Cresus di Poggio 14,2 Jean-Michel Bazire 25
4j.br. Hengst von Muscle Hill a.d. Oui di Poggio von Varenne
Be: Scuderia Mistero, IT; Zü: Il Poggio Srl, IT; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Inmarosa 14,3 Léo Abrivard 74
3. Instinct d’Am 14,3 Gabriele Gelormini 84
4. Iron Meslois 14,6 Alexis Collette 120
5. Iquem 14,6 Eric Raffin 140
6. Calypso di Poggio 14,6 Adrien Lamy 100
7. Coco Chanel Effe 14,8 Björn Goop 200
8. Invictus d’Ecajeul 14,8 Tony Le Beller 390
9. Imagine Darling 15,1 Etienne Dubois 950
10. Ikacou des Cinty 15,3 Gabriel Angel Pou Pou 410
11. Collier 15,4 Alexandre Abrivard 230
12. Caio Titus Bond 17,5 François Lagadeuc 560
Invictus Madiba 7.gdZ. Pierre Vercruysse 390
Cocis MP dis.r. Paul-Philippe Ploquin 260
Idylle à Vie dis.r. Franck Nivard 180
Sieg: 25; Richter: leicht 1¼ - k.Kopf - 4½ - ¾ - k.Kopf - 2½ - Hals; 15 liefen
Zw-Zeiten: 15,6/1350m - 14,8/1850m - 15,0/2350m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 900 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-02-20/7500/4