Vincennes, Donnerstag, 12. November 2020. Hingucker des sonnigen, 14 Grad warmen Nachmittags auf dem Plateau de Gravelle war der Prix Marcel Laurent. Dabei schieden sich an dem internationalen Vergleich für Vier- und Fünfjährige auf Gruppe-II-Niveau durchaus die Geister. Kaum jemand hatte im Vorfeld erwartet, dass sich Face Time Bourbon auf dem Weg zum erklärten Ziel dieses Meetings, der Verteidigung des Amérique-Titels, schon so früh würde sehen lassen. Schließlich muss er erst in rund zehn Wochen in Top-Form sein.
Und so war denn die hochklassige Konkurrenz durchaus ein wenig konsterniert, als sie den zwei Millionen Euro schweren Guarato-Schützling auf dem Starterzettel sah. Die Fans andererseits freute es, das trotz seiner aktuellen Niederlage gegen Zacon Gio im Gran Premio della Lotteria zu Neapel vermutlich derzeit beste aktive Trabrennpferd zu genießen, was wiederum der PMU sauer aufgestoßen sein dürfte. Wie mit seinem Vorgänger Bold Eagle eiert man heutzutage mit solch einem Edlen nicht herum und zeigt ihm bloß die Bahn.
„FCT“, zum Siegen verdammt, öffnete Brieftaschen und Portemonnaies der „turfistes“ in horrendem Maß, und bei versprochenen zehn Prozent Rendite auf Sieg- und Platzwette konnte sich die staatliche Wettorganisation wenig vom Kuchen abschneiden: Rund 1,7 der 1,8 Millionen Euro Platzwette landeten auf Face Time Bourbons breitem Kreuz, so dass sie nach Verwandlung des Elfmeters allein auf ihn 1,87 Millionen auszahlen musste - von den paar „Penunsen“, die für Zweit- und Drittplatzierte hinzukamen, ganz zu schweigen. Ein gewinnbringendes Geschäftsmodell sieht anders aus, zumal sich mit der Siegwette für die PMU nicht viel mehr verdienen ließ.
Natürlich war „FTBs“ Standardfahrer Björn Goop nach Paris geflogen und verwandelte gegen die „Torwächter“ Gu d’Héripré und Féerie Wood eiskalt. Dabei zitterte die Konkurrenz beileibe nicht vor dem großen Namen, legte die Schwedin A Sweet Dance mit 1:07,2 für die ersten 600 Meter vor Fun Quick und Feeling Cash ein schneidiges Tänzchen aufs perfekt präparierte Parkett. Doch auch Goop hatte am Start nicht geschlafen, produzierte sich sofort als äußerer Anführer und übernahm Mitte des Bogens von Joinville das Kommando, womit wie so oft Gu d’Héripré vor Féerie Wood, Favorite Fligny und Fairplay d’Urzy den äußeren Kopfwind abbekam.
Unbeeindruckt von Zeit und Raum zog Face Time Bourbon seinen Stiefel durch. Drei Längen betrug sein Vorsprung eingangs der Zielgeraden, nur 1½ Längen am entscheidenden Strich. Doch wer daraus ermessen mochte, dass er zum Schluss ein wenig mau war, irrte gewaltig. Nicht einen Rüttler noch Handschlag musste Schwedens zwölffacher Champion investieren, um den Dunkelbraunen zum 26. Mal aus 31 Versuchen auf Siegkurs zu halten, so dass der Terminus „überlegen“ durchaus angebracht ist. Da schien reichlich Luft nach oben.
Die fehlte Gu d’Héripré wie schon im Europaderby der Vierjährigen ein wenig. Besser versah es aus seinem Windschatten die immer stärker in den Blickpunkt rückende Féerie Wood, die um 1½ Längen an ihm vorbei zum Ehrenplatz hinter dem unerreichbaren Dominator spritzte. Drei Längen hinter „Gu“ war Platz vier eigentlich fest für Fairplay d’Urzy gebucht, der Jean-Michel Bazire 150 Meter vorm Ziel aus der Hand sprang und den Weg freimachte für ein Terzett, aus dem sich Feeling Cash knapp vor Favorite Fligny und dem dänischen Gast Eric the Eel als Bester herausschälte.
Mit 1:09,8 bewies Face Time Bourbon nicht nur ausgezeichnete Frühform, sondern kippte auch Traders‘ 1:10,1-Rennrekord, den Philippe Allaires Italiener 2016 beim spektakulären Erfolg über den damals für unschlagbar gehaltenen Bold Eagle markiert hatte.
„Er war bei den letzten fünf, sechs Trainingseinheiten blendend bei der Sache. Ich bin froh, dass er so perfekt ins Meeting eingestiegen ist. Er wird vor dem Amérique (31. Januar) nur noch den Prix Ténor de Baune am 27. Dezember bestreiten und danach, so alles nach Wunsch läuft, die Prix de France und de Sélection (14. Februar und 6. März)“, war Guarato mit seinem Crack zufrieden. Mit diesem avisierten Fahrplan weiß auch die Konkurrenz, wann und wo für sie die Amérique-Karten am leichtesten zu ergattern sind. Keineswegs unzufrieden war Franck Nivard: „Gu verkaufte sich außen herum einmal mehr exzellent. Er hat vorne weiterhin ziemlich schwere Eisen drauf. Da haben wir folglich noch Spielraum.“
Prix Marcel Laurent (Gruppe II int., vier- & fünfj. Hengste & Stuten)
2100m Autostart; 85.000 Euro
1. Face Time Bourbon 09,8 Björn Goop 11
5j.dklbr. Hengst von Ready Cash a.d. Vita Bourbon von Love You
Be: Scud. Bivans Srl, IT (Antonio Somma); Zü: SARL Haras Saint Martin (Rainer Engelke); Tr: Sébastien Guarato
2. Féerie Wood 10,0 Alexandre Abrivard 240
3. Gu d’Héripré 10,1 Franck Nivard 230
4. Feeling Cash 10,6 Eric Raffin 700
5. Favorite Fligny 10,6 Jérémy-Gaston van Eeckhaute 730
6. Eric the Eel 10,6 Adrien Lamy 2110
7. Fun Quick 11,3 Matthieu Abrivard 1350
8. A Sweet Dance 11,8 Alexis Prat 910
9. Noble Superb 12,6 Nicolas Bazire 1960
Fairplay d‘Urzy dis.r. Jean-Michel Bazire 170
Empire dis.r. David Thomain 1160
Sieg: 11; Richter: überlegen 1½ - 1½ - 6 - ½ - Kopf; 11 liefen (NS Rebella Matters)
Zw-Zeiten: 07,2/600m - 09,7/1100m - 10,5/1600m
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 - 850 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-11-12/7500/2
Volle Kanne vorneweg…
… knatterte Gladys des Plaines im etwas umgestrickten Prix Olry-Roederer für die vierjährige Kavallerie. Keine 80.000, sondern nur noch 70.000 Euro wurden am Ende der 2850 Meter verteilt, bei denen es für die Reichen erstmals keine Zulage gab und die Franzosen unter sich waren: Ein Fremdling wagte sich nicht in das Monté, das mit sinkenden Prämien nur noch zur Kategorie III zählte.
Die Opus-Viervil-Tochter war auf dem langen Kanten ganz in ihrem Element, schnappte sich ruckzuck vor Gabiano, Gospel Pat und dem die äußeren Garden vor Gef de Play und Grâce de Faël anführenden Gangster du Wallon das Zepter und legte eine gleichmäßig rasante Fahrt vor, bei der ernsthafte Positionsgefechte ausblieben und Greta du Châtelet, Gangster du Wallon sowie Goforme de Houëlle am Ende des Anstiegs förmlich auf der Stelle traten. Wenig später schien Gladys des Plaines einen Schwächeanfall zu haben, den Gospel Pat nutzte, sich auf zwei Längen heran zu pirschen.
Mathieu Mottier hatte die Kräfte von „Madame la Présidente de la République“ jedoch optimal eingeteilt, die sich auf der Zielgeraden ganz leicht frei machte und sechs Längen vorweg mit ihrem fünften Volltreffer aus 23 Starts ihr Konto auf 319.470 Euro ausbaute. Mit viel Mumm raufte sich Gef de Play an Gabiano vorbei zu „Bronze“, was sich als nutzloses Unterfangen erwies: Nach Gangartüberprüfung sah der Gazouillis-Sohn die rote Karte.
Prix Olry-Roederer - Monté - (Gruppe III int., vierj. Hengste und Stuten)
2850m Bänderstart o. Z., 70.000 Euro
1. Gladys des Plaines 12,5 Mathieu Mottier 21
4j.br. Stute von Opus Viervil a.d. Thétis de Vaujours von Hernani
Be: Augustin Radu (mit Julien Coulon & Gilles Curens); Zü: Ecur. des Plaines; Tr: Gilles Curens
2. Gospel Pat 12,9 David Thomain 36
3. Gabiano 13,1 Damien Bonne 150
4. Grâce de Faël 13,2 Alexandre Abrivard 38
5. Greta du Châtelet 15,3 Paul-Philippe Ploquin 970
6. Gangster du Wallon 16,3 Benjamin Rochard 280
7. Goforme de Houëlle 18,0 Anthony Barrier 730
Gef de Play 3.dai Adrien Lamy 400
Gringo Sava dis.r. Julien Raffestin 290
Sieg: 21; Richter: überlegen 6 - (2½) - ½ - 1½ Längen; 9 liefen
Zw-Zeiten: 13,0/1350m - 12,0/1850m - 12,3/2350m
Wert: 31.500 - 17.500 - 9.800 - 5.600 - 3.500 - 1.400 - 700 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-11-12/7500/5