Anderson / Indiana, Freitag, 30. Oktober 2020. Mit zwei historischen Ergebnissen begann die 37. Breeders‘ Crown - bzw. endete deren erster, dem jüngsten betriebsfähigen Jahrgang vorbehaltene Abend auf dem 7/8-Meilen- oder 1406-Meter-Kurs des Hoosier Park von Anderson im US-Bundesstaat Indiana: Nie zuvor war bei den zweijährigen Pacern ein Pferd mit blütenweißer Weste in die Breeders‘ Crown hineingegangen und auch wieder herausgekommen.
Bis zu diesem Abend hatte sich Perfect Sting als perfekter Stachel erwiesen und sich all seine neun Aufgaben als Nummer eins ans Revers gepiekt. „Es ist für ihn das letzte Match der Saison“, hatte Joe Holloway zuvor verkündet, „ich hoffe, wir können diese stolze Serie halten.“ Der Wunsch des Trainers war dem Always-B-Miki-Sohn und dessen Steuermann Dave Miller Befehl, doch hing das Weiß der Weste an einem seidenen Faden: Nach der Hälfte des Weges an Southwind Gendry vorbei in Front gezogen, wurde es in einem atemberaubenden Finish höllisch eng für die „perfect season“.
Am Ende vermochte das Zielfoto nur den um einen „Kopf“ bezwungenen Southwind Gendry für Platz drei auszumachen. Den ersten und zweiten Scheck musste sich der 15:10-Favorit mit Summa cum Laude teilen, der seinem Namen alle Ehre machte und mit Brian Sears aus vierter Position ein „totes Rennen“ erzwang - gleichfalls ein Novum in der 36 „Winner“ umfassenden Geschichte der zweijährigen Passgeher, für die folglich die jeweils mit 225.000 Dollar honorierten Sieger als Nummer 37 und 38 auf der Ehrentafel eingemeißelt werden (die ersten Drei 1:08,6).
Damit dürfte Perfect Sting, der sich für seine Züchter Brittany Farms und Val Dor Farms ins Zeug legt, der Titel des „Two Years Old Pacer of the Year“ sicher sein. Ob es auch zu jenem des Pacers oder gar „Horse of the Year 2020“ reicht, dürfte von den Ergebnissen des Samstags abhängen. Die beiden 2017 geborenen Party Girl Hill (14 Starts, 14 Siege, 749.120 USD) und Tall Dark Stranger (11 aus 12, 1.190.181 USD) sind gleichfalls brandheiße Kandidaten auf diese begehrte Auszeichnung.
Eine ähnliche knappe Kiste war’s bei den „Pacer-Fillies“, bei denen die drei Meistgewetteten in umgekehrter Reihenfolge auf dem Stockerl landeten: Die Somebeachsomewhere-Tochter Fire Start Hanover (41:10) wurde mit Dexter Dunn (für Trainer Nifty Norman) für ihre Tempomacher-Dienste einen „Kopf“ vor der aus ihrem Windschatten attackierenden Jk Alwaysbalady (von Always B Miki, Yannick Gingras für Nancy Takter; 38) und eine halbe Länge vor der an dritter Position liegenden Scarlett Hanover (von Bettor’s Delight, Matt Kakaley für Ron Burke, der auch die Vierte bis Sechste stellte; 35) mit der Krone samt 300.000 Dollar entlohnt.
Die Blicke der europäischen Rennsport-Enthusiasten richteten sich naturgemäß hauptsächlich auf die Kronen für die zweijährigen Traber, bei denen die Ladys den ersten Ruf hatten und die beiden Vorlaufsiegerinnen die Angelegenheit unter sich ausfochten. Langeweile kam nicht für einen Moment auf, denn die neun jungen Damen präsentierten sich allesamt in fehlerloser Verfassung und sorgten auf der Kommandobrücke für viel Abwechslung.
Bis eingangs der ersten Kurve brauchte Mazzarati (4), um sich gegen Splash Blue Chip (3) und Iteration (2) durchzusetzen, doch lange ausruhen durfte sich die Cantab-Hall-Tochter auf dem Platz an der Sonne nicht. Dave Miller fackelte mit Lady Chaos (5) nicht lange und krallte sich den Taktstock, als es auf die Überseite ging, womit Presto der äußere Fahrtwind um die Nase pfiff. Yannick Gingras machte die Trixton-Tochter schnell, ergriff presto, presto Ende der Überseite das Zepter – und zahlte für diesen Aufwand auf den finalen 300 Metern mit dem totalen Rückzug. Auch Iteration, die sich in der Schlusskurve in Spur zwei gewagt hatte, stand ihren Part nicht durch - ihr Angriff war eingangs der Zielgeraden verpufft.
Umso besser kam Lady Chaos aus der Falle und schien einem sicheren Erfolg entgegen zu streben, bis die „passing lane“, zu Deutsch der „open stretch“ erreicht war. Auf diesen 200 Metern versuchte Mazzarati alles, den Spieß innen entlang doch noch zu ihren Gunsten zu drehen. Dave Millers Finish-Künste reichten, der am 2. Oktober 2019 in Lexington für 125.000 Dollar versteigerten Dunkelbraunen zum sechsten Erfolg aus zehn Versuchen zu verhelfen, mit dem sie sich bzw. ihre Besitzergemeinschaft um Richard Gutnick mit 560.803 USD an die Spitze der zweijährigen Traber-Ladys katapultierte. Deutlich zurück schälte sich Åke Svanstedts erste Farbe Splash Blue Chip (von EL Titan) aus einem Dreierpulk knapp als die Glücklichste heraus.
„Ich hab mich auf den ersten Blick in die Stute verliebt“, strahlte Trainerin Linda Toscano, „sie hat in ihrer Laufbahn bislang alles richtig gemacht. Es gab ein paar kleinere Pannen auf dem Weg hierher, aber heute hat sie alles ausgebügelt, und wir stehen ganz oben. Ich bin gesegnet mit Besitzern, die mir solche Pferde anvertrauen.“ „Es lief wie erwartet: Jeder versuchte sich in Position zu bringen. Für uns hat’s gut geklappt, obwohl wir in der ersten Biege in der Todeslage landeten. Aber ich konnte wie geplant die Spitze unblutig übernehmen. Knifflig wurde es, als Presto so enorm attackierte. Letztlich war’s der richtige Entschluss, Svanstedts zweite Stute vorbeizulassen und auf freie Bahn zu hoffen. Lady Chaos hat sich bis zum Schluss phantastisch reingehängt“, zog Dave Miller Bilanz.
Breeders Crown - Trot - (zweijährige Stuten)
1609m Autostart, 600.000 USD
1. Lady Chaos* 11,3 David Miller 20
2j.dklbr. Stute von Cantab Hall a.d. Strong Legacy von Muscles Yankee
Be: Richard Gutnick & Mitbes.; Zü: Lindy Farms of Conn. , Av. & Son Bloodstock LLC; Tr: Linda Toscano
2. Mazzarati* 11,3 Tim Tetrick 65
3. Splash Blue Chip 11,7 Åke Svanstedt 265
4. Ima Diamond Babe 11,8 James Yoder 1092
5. Hello I Love You 11,8 Joe Bongiorno 225
6. Iteration 11,8 Brian Sears 49
7. Swift Swanda 12,0 Trace Tetrick 93
8. Big City Pearl 12,6 Verlin Yoder 292
9. Presto 12,6 Yannick Gingras 64
*Vorlaufsiegerinnen
Sieg: 20; Richter: Kampf ½ - 3 - ¼ - k.Kopf - ¾ - ¼ - 5½ Längen; 9 liefen (NS Gotta Believe / erkrankt)
Wert: 300.000 - 150.000 - 72.000 - 48.000 - 30.000 USD
1:11,3 - der Richtungsweiser der Stuten sollte vom starken Geschlecht 50 Minuten später sehr deutlich unterboten werden. 1:10,1 - die neue Breeders‘-Crown-Bestmarke für zweijährige Hengste, die mit etwas Vorsicht zu genießen ist, weil die Kronen Jahr um Jahr auf anderen Pisten vergeben werden, musste für den großen Wurf On a Streaks her, der Bob McClure den ersten und Trainer Luc Blais den vierten BC-Titel bescherte. „Ich wollte mir sofort eine gute Lage sichern und dann entweder Åke oder Andy hinterherfahren, oder sogar beiden“, rekapitulierte McClure nach seinem bei 104:10 eher unerwartetem Triumph, „als ich vorn war und sah, dass Åke mit Captain Corey angestiefelt kam, hab ich ihn sofort vorbeigelassen.“
Das war ausgangs der ersten Kurve, und als sich 300 Meter weiter Andy Miller mit Favorit Venerate auf den Vormarsch machte, „dachte ich: Hey - das läuft ja blendend für uns. Weil Venerate trotz des immensen Pensums nicht nachließ, musste ich auf die ‚passing lane‘ warten. Die ist für Youngster immer knifflig, denn so etwas sind sie meist nicht gewöhnt, und du übst es auch nicht im Training. Mein Hengst hat auch das perfekt umgesetzt“ - und kam in einer Mischung aus „sicher“ und „Kampf“ eine Dreiviertellänge vor In Range (von Bar Hopping), der den von Love You gezeugten Venerate kurz vor der Linie erwischte, zum zweiten Saisonsieg.
Den ersten hatte der wie sein weibliches Pendant von Cantab Hall aus einer Muscles-Yankee-Tochter gezüchtete Hengst, der Serge Godin vom Montrealer Determination Stable vor einem Jahr in Lexington 155.000 USD wert gewesen war und bei Einkünften von 646.184 „Greenbacks“ diese Summe längst amortisiert hat, im William Wellwood Memorial von Mohawk eingeklinkt.
„Nachdem ich mit Lucs Pferden reichlich Pech gehabt hatte, war ich mal an der Reihe für eine große Nummer, sonst hätte er mich womöglich als ewigen Pechvogel ausgebootet. Spaß beiseite - ich freue mich riesig, dass ich für ihn endlich ein Riesending rumreißen konnte. Er hat die ganze Vorarbeit, und ich darf die Lorbeeren ernten. Er hat nicht nur mit On a Streak einen Riesenjob gemacht und ihn auf den Punkt topfit gehabt“, legte McClure nach.
Für Captain Corey, der im Vorlauf vor einer Woche bei der sechsten Ausfahrt seine erste Niederlage (gegen Venerate) kassiert hatte, fiel die zweite „Watsch’n“ nur auf dem Papier deftig aus: Als Fünfter trennten den Googoo-Gaagaa-Sprössling gerade mal zwei Längen vom Sieger.
Breeders Crown - Trot - (zweijährige Hengste & Wallache)
1609m Autostart, 600.000 USD
1. On a Streak 10,1 Bob McClure 104
2j.dklbr. Hengst von Cantab Hall a.d. Habit’s Best von Muscles Yankee
Be: Determination (Serge Godin), CA; Zü: Fredericka Caldwell; Tr: Luc Blais
2. In Range* 10,2 Tim Tetrick 92
3. Venerate* 10,2 Andy Miller 18
4. Take all Comers 10,2 David Miller 152
5. Captain Corey 10,4 Åke Svanstedt 31
6. Cricket Fashion 10,6g Dexter Dunn 655
7. Moonstone 10,6 Brian Sears 1218
8. Delayed Hanover 11,0 Yannick Gingras 252
9. Muscle Dynasty 12,0 Scott Zeron 1500
10. Brookview Bolt 14,7g Matthew Kakaley 756
*Vorlaufsieger
Sieg: 104; sicher ¾ - ¼ - ½ - ½ - 2½ - Kopf - 2½ Längen; 10 liefen
Wert: 300.000 - 150.000 - 72.000 - 48.000 - 30.000 USD