Wien-Krieau, Sonntag, 15. Oktober 2023. Wien rief zu seinem noch immer bedeutendsten Internationalen, das lange schon keinen Vergleich mehr mit jenen Auflagen der goldenen Jahre aushält, als Welt-Stars wie Permit (1952), Gélinotte (1957), Oscar RL (1965), Eileen Eden (1970), Gerhard Krügers Roquépine-Söhne Florestan (1974) und Granit (1976 & 1977), Queen L (1993) sich auf der Ehrentafel verewigten und Opal Viking (2007 & 2008) der letzte international herausragende Sieger war.
25.000 Euro lockten neben einigen in Deutschland vorbereiteten Trabern lediglich Conrad Lugauer mit Night Brodde von weiter her in die Krieau zum Graf-Kálmán-Hunyady-Gedenkrennen, mit dem zum 124. Mal an den 1901 verstorbenen ungarischen Edelmann und ersten Präsidenten des Wiener Trabrenn-Vereins erinnert wurde.
Von den acht Kombattanten war Night Brodde der mit Abstand gewinnreichste, doch konnte Conni Lugauers Schützling nicht verhehlen, dass ihm die harten Schlachten in den schwedischen Gulddivisionen nicht in den Kleidern stecken geblieben waren. Trotz eines durchwachsenen Formenspiegels kürten die Wetter die ganz außen beginnenden Sieger von 2021 gemeinsam mit Days of Thunder (7) bei 28:10 zum Favoriten, und unmittelbar am Start schien sich die Waage eindeutig zu Gunsten des Schweden zu neigen.
Deutschlands Derby-Sieger 2022 vermasselte zum x-ten Mal in seiner Laufbahn den Start gründlich, Vorjahrssieger Hooper des Chasses (6) eiferte dem schlechten Beispiel umgehend nach, und als nach 300 Metern auch Twigs Got U. aus dem Takt geriet und wie Days of Thunder angehalten wurde, waren zunächst nur noch fünf Aspiranten im Spiel. Von denen behauptete Shining Star (1) die Spitze gegen den im ersten Bogen hinter ihm einscherenden Lozano Boko, gab sie jedoch her, als Night Brodde zwei Runden vor Schluss darum anklopfte.
Dort hatte auch Hooper des Chasses den Anschluss an das Quintett hergestellt. Ganz ruhig ließ es Lugauer nicht angehen, und so wagte sich als Erster der Nimczyk-Franzose erst 800 Meter vorm Ziel aus der Deckung. Ende der letzten Überseite setzte sich Lozano Boko vor ihn, machte jedoch nicht den geringsten Eindruck auf den weiter munter seines Weges ziehenden Night Brodde. Das sollte sich auf der Zielgeraden gründlich ändern, wo das souveräne Regieren passé war.
Unaufhaltsam rückte Lozano Boko unter Christoph Fischers marginalen Hilfen näher und war im Ziel eher „sicher“ denn nach „Kampf“ - den kämpften nur Lugauer und Night Brodde - um eine halbe Länge voraus. Es war der achte Saisonerfolg des von John Bootsman ins schwedische Gestütbuch eingetragenen Django-Riff-Sohnes, der Ende letzten Jahres die Seiten vom niederländischen Stal Amstelwijck zum österreichischen Benchmark Stable gewechselt und für seine neuen Herren 40.130 Euro verdient hatte, zu denen nochmals 12.500 Euro draufgesattelt wurden. Größter Posten darunter war der Ehrenplatz im Berliner Super Trot Cup.
Bis zum Pfosten bestens dabei blieb Hooper des Chasses, der ohne den anfänglichen Bodenverlust vermutlich auch den Sieger ins Schwitzen gebracht hätte. Eine „Doppelweile“ zurück führte Österreichs 2021er Derby-Sieger Heck M Eck die zweite Abteilung ins Ziel.
Mit 1:13,7, die auch für Night Brodde eingetragen wurden, verbesserte der Überraschungssieger den 20 Jahre alten Rennrekord Time of Changes und Gerhard Biendls, den Freeman T Porter mit Lugauer 2013 egalisiert hatte, um eine Zehntelsekunde.
„Es lief nicht ganz wie aufgemalt, denn ich hätte lieber eine Position weiter vorn direkt hinter Connis Pferd gelegen und musste auch ein wenig früher als geplant nach außen, als Shining Star nicht mehr mitkam. Im Schlussbogen konnte ich Lozano noch ein bisschen aufbauen, und dann wusste er, was zu tun war. Ein unglaublicher Typ, der sich immer voll reinhängt“, bekannte Fischer, der sich ob seines Folgeprogramms zur obligatorischen Kranzniederlegung am Hunyady-Denkmal hinter der Tribüne sputen musste - eine für ihn erstmalige Pflicht, der er ausgesprochen gern nachkam.
124. Graf-Kálmán-Hunyady-Gedenkrennen (int., frei für alle Drei- bis 14jähr.)
2600m Autostart, 25.000 Euro
1. Lozano Boko 13,7* Christoph Fischer 131
5j.br. Wallach von Django Riff a.d. Muscle Magic von Muscle Mass
Be: Benchmark Stable, AT; Zü: Boko Stables Holland BV, SE; Tr: Christoph Fischer
2. Night Brodde 13,7 Conrad Lugauer 28
3. Hooper des Chasses 13,9 Michael Nimczyk 61
4. Heck M Eck 14,8 Erich Kubes 290
5. Diamant Venus 14,9 Peter Sykora 898
6. Shining Star 15,0 Hubert Brandstätter 189
7. Days of Thunder agh. Christoph Schwarz 28
Twigs Got U. agh. Manfred Strebel 941
*Rennrekord
Sieg: 131; Richter: sicher ½ - 3 - Weile - ½ - 1½ Längen; 8 liefen
Wert: 12.500 - 6.500 - 3.500 - 1.700 - 800 Euro
Exponierte Stellung untermauert
Wie bei 14:10 allseits erwartet die „Bank des Tages“ im Anton-Poschacher-Gedenkrennen für die Dreijährigen um 20.000 Euro Mona Lisa Venus, die nach dem dritten Platz zum Einstand in ihre Rennkarriere fünf Siege am Stück hatte folgen lassen „und nun hoffentlich gut über den Winter kommt. Dann habe ich im nächsten Jahr ein tolles Derby-Pferd im Stall“, wie Hubert Brandstätter nach dem überaus souverän unter Dach und Fach gebrachten sechsten Hieb gestand.
„Sie ist eine perfekte Stute, bei der man nur am Start ein bisschen aufpassen muss. Wenn sie nach 300 Metern richtig liegt, sitzt man hinter ihr ganz entspannt.“ Über 2.100 Meter hatte er mit der Light-Kronos-Tochter von der „5“ keine Eile, sah zu, wie Muscle Magic (1) vor Vita Venus (2) und dem mit Michael Nimczyk in zweiter Spur hängenbleibenden Kiwi’s Starry Sky die Führung behauptete und bat Ende der ersten Überseite zur Wachablösung.
Während bei Mona Lisa Venus damit die Weichen ganz früh auf Sieg gestellt waren. hatte der deutsche Goldhelm keine Chance, aus der Todesspur wegzukommen und blies nach 1300 Metern zum kompletten Rückzug. Hinter der in 1:15,6 spielerisch leicht fünf Längen voraus anschlagenden Mona Lisa Venus, die mit dem 10.000-Euro-Zuwachs 42.920 Euro auf der hohen Kante hat, kam Muscle Magic (16,1) genauso übersichtlich zum Ehrenplatz. Christoph Fischers ebenfalls von Light Kronos gezeugter Schützling kanzelte die Dritte Chiara Venus / Michael Schmid (16,7) gar um sechs Längen ab.
Weste bleibt weiß
Auch aus dem dritten Auftritt kam Face Time Spada aus Zucht und Besitz des Stalles Antonshof von Serena Hamberg mit blütenweißer Weste heraus. Das mit 10.000 Euro überschriebene Theodor-Mautner-Markhof-Gedenkrennen für Österreichs Zweijährige brachte Gerhard Mayr nach 1.600 Meter in 1:16,9 mit der Face-Time-Bourbon-Tochter, die sofort die Führung an sich gerissen hatte, für 17:10 leicht mit einer Länge vor Kurt Sokols vergeblich attackierender Dijon-Tochter Super Crown (17,0) auf seine Kappe.
Mayrs zweite Waffe, die überaus nobel von Muscle Hill aus der deutschen Stuten-Derby-Zweiten und Breeders-Crown-Siegerin Abasi gezüchtete Power Rocket Girl (18,4), machte mit Cornelia Mayr für den Stall Saalachtal den Triumph der „Madl’n“ komplett. Debütant Inter KP (19,2) hielt als Vierter die Fahne des starken Geschlechts mehr schlecht als recht hoch.