Nach dem Auftaktwochenende (wir berichteten) waren Montag und Dienstag rennfrei. Als kleinen Snack für zwischendurch bot der BTV seinen Besuchern zur ungewohnten Mittagszeit am Mittwoch mitten in der Derbywoche einen zusätzlichen Renntag, unter dem Patronat der PMU. Michael Nimczyk erwischte einen Sahnetag, gewann die ersten drei Rennen (Ubu of Fairy, Fantasia Newport, Lighten up Today) en suite und hätte wohl auch das vierte gewonnen, wäre er denn am Start gewesen. Stattdessen ging das Rennen an Iron Steel mit Victor Gentz. Über 56.000 Euro flossen durch die deutschen Totokassen, was Rekord für Lunch-Renntage sein dürfte. Mehr als das Zehnfache kam nochmal am PMU-Toto dazu.
Donnerstag: Bayerische Amateure und ein ganz guter Junge dominieren
Die Internationale Derby-Meisterschaft der Amateure ist das höchstdotierte Rennen in Deutschland, das sich ausschließlich an die Hobbyfahrer richtet. Trotz der verhältnismäßig schwachen Resonanz (Vorläufe zwei und drei mussten zusammengelegt werden) boten die Amateurfahrer tollen Sport und vor allem ein mitreißendes Finale. Die Vorläufe standen im Eindruck der Regenfälle und bescherten den Aktiven ungewollte Schlammpackungen.
Der erste Vorlauf war durch den siegreichen Henner As (18,4 / 1900 Meter) mit Marian Tux und den dahinter platzierten Igor Bo (Dr. Marie Lindinger) und Robin Hood Diamant (Stefan Hiendlmeier) fest in bayerischer Hand. Als Vierte konnte Linda Matzky als Lokalmatadorin die bayerische Phalanx durchbrechen und mit Millions Boy das Finale erreichen, vor dem fünften Paar Andreas Schwarz / Piccolina Diamant, die als einziges nicht disqualifiziertes Gespann überhaupt (!) die Finalqualifikation verpassten.
Im zusammengelegten zweiten und dritten Vorlauf dominierte mit Dr. Marie Lindinger im Sulky von Winston As wieder eine bayerische Amazone (16,1 / 2000 Meter Bänderstart), trotz Zulage erreichte Linda Matzky Rang zwei mit It's Amazing vor Diamond Select (Peter Platzer) und Eagle Transs R (Eric R. Westerveld). Zwei weitere Finalplätze wären zu vergeben gewesen - doch alle übrigen Teilnehmer endeten am Turm bzw. wurden angehalten.
Im Finale unterlief Dr. Marie Lindingers Igor Bo wie schon in der Deutschen Amateurmeisterschaft ein Fehler, doch diesmal konnte sein Stallgefährte Winston As nicht in die Bresche springen, auch Mutter Renate Lindinger brachte ihr Pferd nicht glatt um den Kurs. Dennoch ging der Sieg nach Bayern, wobei es lange nach einem vollen Erfolg von Robin Hood Diamant aussah, doch Besitzer Stefan Hiendlmeier und der Wallach wurden genau auf der Linie von Diamond Select und Peter Platzer angefangen (16,0 / 2020 Meter Bänderstart). Der engagierte bayerische Besitzer gewann zum zweiten Mal nach 2011 dieses Rennen, das seinerzeit den Titel "Deutsche Amateurmeisterschaft" trug (welche inzwischen wieder in Hamburg entschieden wird).
Für den 325:10-Außenseiter aus der Zucht von Adam Schneider war der mit 12.500 Euro vergütete Sieg der größte Erfolg seiner angesichts seiner neun Jahre kurzen Karriere, debütierte er doch erst sechsjährig (!). Peter Platzer ist regelmäßiger Finalteilnehmer in diesem Rennen, von 2012 bis 2015 erreichte er jeweils mit RC Gallent Image den Endlauf.
Das zweite Highlight des Tages war der Derby-Marathon-Pokal, der einen ganz und gar nicht seinem Namen gerecht werdenden Iamthebadboy gewinnen sah. Der von Tony Böker aus Schweden importierte Wallach gewann das Rennen über die alte Derbydistanz von 3200 Metern Start-Ziel und löste sich am Ende überlegen von seinen Gegnern. In 15,8 / 3200 Meter Bänderstart verwies er mit Thorsten Tietz im Sulky Donehill und SJs Junior C auf die Plätze, wofür sich Familie Böker 7.500 Euro gutschreiben lassen durfte und ihre Siegesserie bei der Derbywoche fortsetzte.
Ausführlicher Bericht vom Donnerstag bei hauptstadtsport.tv
Freitag: Bayerische Dominanz setzt sich fort
Traditionell stehen etablierte Stuten sowie Nachwuchstraber am Derbyfreitag im Mittelpunkt. Und wieder wehte vor allem die blau-weiße Fahne aus dem Freistaat im Winner Circle. Gleich drei Vorläufe (Vorlauf eins wurde geteilt) standen bei den Ladies im Bruno Cassirer-Rennen auf dem Programm, die sich Kitty Hawk und Detlef Fleischer (14,1 / 1900 Meter), Finnesse und Niels Jongejans (14,4 / 1900 Meter) sowie Miss Apple JM und Thorsten Tietz (15,5 / 1900 Meter) sicherten.
Im Finale wurde Kitty Hawk ihrer klaren Favoritenstellung eindeutig gerecht, gewann Start-Ziel leicht und locker mit Detlef Fleischer (15,1 / 2000 Meter Bänderstart) und läutet damit auch ein erfolgreiches Wochenende für ihre Züchter ein, denn das Gestüt Helenenhof sollte rund 24 Stunden später auch noch den zweitteuersten Jährling auf der Auktion stellen. Pippilotta Diamant (Gregor Krenmayr) auf dem Ehrenplatz machte den bayerischen Doppelsieg perfekt, auch wenn sie in Österreich vorbereitet wird.
Für die glattgehend weiterhin ungeschlagene Kitty Hawk war es beim 13. Start der elfte Sieg, der natürlich mit Abstand der wertvollste ihrer Karriere war. 10.000 Euro Siegprämie lassen das Konto der Fünfjährigen auf fast 20.000 Euro anwachsen.
Im Shootingstar-Cup wurde am Ende auch auf Bayerisch gejubelt, nachdem in den Vorläufen Out of the Slums mit Michael Nimczyk (14,6 / 1900 Meter) und Peron Viking mit Josef Franzl (14,5 / 1900 Meter) siegreich waren. Der im Finale mit 16:10 favorisierte Peron Viking scheiterte an einer Galoppade, doch der zweite Vorlaufsieger - trainiert im Traberwesten, seit kurzem in bayerischem Besitz von Johann Holzapfel - nutzte diese Chance und gewann das Finale sicher (14,2 / 1900 Meter) mit einer Länge vor Milow (Robin Bakker) und Friendly Mood (Thomas Panschow).
Out of the Slums stammt aus der Zucht von Jürgen Hanke, ist jedoch schwedisch registriert. Der vierjährige Hengst ist in seiner neuen Wahlheimat bei vier Starts noch ungeschlagen und steht nach den am Freitag Abend verdienten rund 9.000 Euro bei 15.000 Euro Lebensgewinnsumme.
Überschattet wurde der Abendrenntag von einem tragischen Unglücksfall: Im Nachwuchsfahren kollidierte in der Startphase Florus G mit dem vor ihm springenden One and Only, wurde nach dem erneuten Start (ohne den fahrerlos gewordenen Favoriten) im Schlussbogen wegen unreiner Gangart disqualifiziert. Auf dem Weg in den Stall brach der zehnjährige Wallach noch auf dem Geläuf zusammen und konnte nicht gerettet werden. Bei der folgenden Siegerehrung zum Shootingstar-Cup-Finale fand Goldhelm Michael Nimczyk die passenden Worte, die vielen Aktiven und Zuschauern aus der Seele sprachen. Der Verlust eines Sportkameraden sei immer schrecklich, vor allem für diejednigen, die die Pferde täglich pflegen und umsorgen. Aus Respekt verzichtete Michael Nimczyk auf die Siegerparade nach dem Sieg im Standardrennen.
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Samstag: Königin Gilda und Prinz Broadwell
Auch der Wettergott hatte ein Einsehen, nach dem verregneten Donnerstag erwartete die Traberfans am Samstag strahlender Sonnenschein. Nur nach dem Auktionsrennen kam ein heftiger Schauer dazwischen - der jedoch zur Siegerehrung schon wieder verzogen war.
Als 11:10-Favoritin im Vorlauf hatte Gaia F Boko den Finaleinzug im Stuten-Derby verpasst, hielt sich mit Robin Bakker im Sulky dafür im Finale B schadlos und gewann leicht mit zwei Längen vor der ebenfalls im Vorlauf gesetzten Jane Bo (Heinz Wewering) und Lady Vera (Roland Hülskath). In 15,0 / 1900 Meter war das 5.000 Euro wertvolle Trostpflaster verdient. Die - wie der Name schon sagt - von den Boko Stables gezüchtete Stute hat damit bei nur sieben Starts und zwei Siegen bereits fast 20.000 Euro zusammengetrabt!
Zwischen den Finale B und dem Finale zum Deutschen Stuten-Derby waren - neben den Rahmenrennen - dreimal die Vertreter und Vertreterinnen des jüngsten rennfähigen Jahrgangs gefragt. Den Anfang machten die jungen Ladies im Stutenlauf zum Auktionsrennen, das mit 15.000 Euro dotiert war und die 31:10-Favoritin Donna d'Amour mit Jos Verbeeck im Sulky vorn sah. Der "Hexer" war an diesem Wochenende als gefragte Catchdriver unterwegs, vor allem für den Stall von Marion Jauß, und bescherte der Neritzer Gestütschefin einen ersten lukrativen Erfolg am Samstag. Donna d'Amour gewann ihr Debüt sicher mit einer Länge in 17,6 / 1900 Meter.
Weiter ging es mit einem Vorlauf zur europäischen Breeders Course-Serie für Zweijährige, deren Finale im niederländischen Wolvega stattfinden wird. Dass Jean-Pierre Dubois nicht nur im französischen Gestütsbuch erfolgreich züchtet, ist hinlänglich bekannt. Der Doppelsieg seiner hier engagierten Pferde ist dennoch bemerkenswert, wobei die von Thorsten Tietz gesteuerte Impressive Lady in 16,0 / 1609 Meter die Oberhand gegenüber Mc Arthur (Michael Nimczyk) behielt. Letzterer war erst im Laufe der Woche in die Obhut der Familie Nimczyk gewechselt und ging bei seinem Debüt für Ulrich Mommert an den Start - der kein Geheimnis daraus machte, dass die Namensähnlichkeit zu Mec Arthur, mit dem Mommert im Jahr 2000 die Deutsche Amateurmeisterschaft gewonnen hatte, die Kaufentscheidung positiv beeinflusst hatte.
Wie das Rennen ausgegangen wäre, wenn der führende Happy Steel nicht an der letzten Ecke ausgebrochen wäre und die außen angreifende Valentina Wind mitgerissen hätte, steht auf einem anderen Blatt.
Im mit 50.000 Euro dotierten Auktionsrennen sahen die Zuschauer dann ein Pferd wieder, das vor Jahresfrist auf der Auktion für Furore gesorgt hatte. In einem Bieterduell stieg der Zuschlagpreis für den Hengst auf 160.000 Euro. Da das Duell zwischen dem Stall Gerrits und Roman Thomaskamp stattfand, der telefonierend einen Rundgang über die Tribüne veranstaltet hatte und am Ende nach dem Fall des Hammers per Handschlag die Besitzergemeinschaft mit Gerrits besiegelte, war es damals eher Show denn echter Bieterwettstreit. Wem auch immer es genutzt haben mag - die Schlagzeilen waren sicher und ein Jahr später zeigte Broadwell bei seinem souveränen Sieg, dass er die pekuniäre Wertschätzung in sportliche Erfolge umzumünzen vermag.
Der von Jens Janssen gezüchtete Conway Hall-Sohn gewann in 16,3 / 1900 Meter und es bleibt einerseits zu hoffen, andererseits durchaus zu erwarten, dass dieser Hengst nicht das Schicksal seiner Vorgänger ereilt, die dem Sieg im Auktionsrennen kaum nennenswerte Erfolge zuzufügen vermochten. Das Erfolgsteam Hagoort/Bakker hatte sich jetzt jedenfalls warmgelaufen für den Derbysonntag...
Das sportliche Highlight - das Finale zum Stuten-Derby - war natürlich Formsache. Doch Gilda Newport machte es bei ihrem überlegenen Sieg nicht unter einem neuen Rennrekord und trabte 12,9 / 1900 Meter. Nie zuvor war eine Stute in diesem Rennen schneller getrabt und es bleibt die Frage, wie Gilda wohl bei den Hengsten und Wallachen am Folgetag abgeschnitten hätte. Gegen ihre Geschlechtsgenossinnen war keine Opposition zu erwarten, aber natürlich muss jedes Rennen erst einmal gewonnen werden. Diese Aufgabe löste die Tesselaar-Elevin bravourös, übernahm im ersten Bogen das Kommando, hielt das Tempo stets hoch und löste sich am Ende von den Konkurrentinnen. Rang zwei belegte ihre Zuchgefährtin und letztjährige Kronprinzessin Gamine Newport (Michael Nimczyk) aus dem Stall von Ulrich Mommert vor der einen wahren Speedwirbel entfachenden Stonewashd Diamant (Gerd Biendl), die am der Zielgeraden Gegnerin um Gegnerin einsammelte und den Bronzerang belegte.
Marion Jauß erläuterte im Winner Circle, warum sie Gilda Newport in das vermeintlich sichere Stuten-Derby geschickt und die Chance auf den Sieg im Blauen Band nicht wahrgenommen hatte: "Wir wollen mit Gilda Newport internationale Erfolge erreichen und möchten sie dafür möglichst schonend aufbauen und nichts riskieren." Diese pferdeorientierte Einstellung der erfolgreichen Züchterin und Besitzerin wurde mit viel Applaus des Publikums belohnt. Züchter Peter S. ter Borgh war angesichts des Doppelsieges seiner beiden Stuten natürlich ebenso glücklich, Sohn Jesse gehörte zu den ersten Gratulanten am Winner Circle.
Ausführlicher Bericht vom Samstag bei hauptstadtsport.tv
Sonntag: Muscle Scott düpiert die Vorlaufsieger
Der Tag der Tage, das Rennen der Rennen. Als Robin Bakker und Paul Hagoort zur Mittagszeit das Hotel van der Valk, wenige Kilometer südlich der Trabrennbahn gelegen, kurz nacheinander verließen, war dennoch von Anspannung nichts zu spüren. Als hätten sie gerade einen Erholungsurlaub verbracht und würden nun ausgeruht nach Hause reisen, machten sie sich auf den Weg zur Rennbahn. Entsprechend glaubhaft ist, dass das Erfolgsteam aus den Niederlanden mit dem Derbysieg von Muscle Scott keineswegs gerechnet hatten. Ohne Druck läuft es auch - mit Tiger Woods As und Ferrari Kievitshof hatte das Team Hagoort/Bakker jeweils (Mit-)Favoriten zum Sieg gesteuert, heute sollte es ein Außenseitersieg werden.
Erster sportlicher Höhepunkt des Tages war zunächst die Revanche des von Ferrari Kievitshof gewonnenen Derbys 2015 - in Abwesenheit des Siegers. Es sollte eine klare Sache für Cash Hanover werden - doch daraus wurde nichts, nach einem Rennen durch die Todesspur konnte der Traber des Jahres nicht mehr zulegen, fiel immer weiter zurück und kann nicht im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen sein.
Wie Phönix aus der Asche kam Halva von Haithabu zum größten Karrierererfolg. Nachdem er im Jahrgang auf jeder sich bietenden Hochzeit getanzt hatte und pausenlos aktiv war, dabei als Bestleistung einen Vorlaufsieg zum Derby auf der Visitenkarte stehen hat, war er in den Besitz der Familie Pohlmann gewechselt und zwischenzeitlich von Jos Verbeeck in den Niederlanden und Belgien gestartet worden. Inzwischen ist er zurück in seinem alten Umfeld, der "Hexer" wurde aber dennoch als Catchdriver verpflichtet und steuerte den wiedererstarkten Hengst zu einem leichten Sieg (12,7 / 1900 Meter) vor Napa Valley (Cees Kamminga), der erstmals seit seinem Sieg im Auktionsrennen 2014 wieder positiv auffiel, und Friendship Newport, für den Henk Grift Heinz Wewering als Fahrer auserkoren hatte.
Halva von Haithabu gewann sein viertes Rennen beim 29 (!) Start, strich 12.500 Euro ein und hat nun über 53.000 Euro auf dem Konto. Seine ebenfalls von Bernd Brodersen gezüchtete Schwester "Helena" hat er schon überflügelt, der am Samstag debütierende "Einar" will irgendwann in die Hufspuren des großen Bruders treten.
Im Stutenlauf ging es nur um 8.000 Euro, doch die Derbysiegerin gab sich dennoch die Ehre. Indira Bo ließ ihren Altersgefährtinnen keine Chance. Die Habo-Stute gewann mit Peter Untersteiner überlegen in 13,6 / 1900 Meter - exakt die gleichze Zeit, in der sie vor Jahresfrist das Stuten-Derby gewonnen hatte. Als nächstes peilt die Stute die "European Championship for Mares" am 17. August in Solvalla an, für dieses Rennen wurde sie vom HVT nominiert.
Erstmals wurde der Berlin-Jägersro Super Trot Cup ausgetragen - und ging nach Österreich! In vier Vorläufen in Berlin-Mariendorf und Malmö-Jägersro konnten sich Pferde für das mit 70.000 Euro dotierte Finale qualifizieren, am Ende siegte ein Bayer im Sulky eines italienisch gezogenen und in österreichischem Besitz befindlichen Pferdes. Viel internationaler ging es nun wirklich nicht.
Stark Bi gewann am Ende souverän in schnellen 12,8 / 2500 Meter, hielt den außen attackierenden Zigge Silvio (gefahren von Mitinitiator Jörgen Sjunnesson) auf Distanz und strich satte 35.000 Euro Siegprämie ein. Auf Rang drei sprintete noch Victorious Star mit Conrad Lugauer, der im ersten Bogen einen heftigen Fehler gemacht und sich danach bravourös zurückgekämpft hatte. Im Vorlauf hatte er, damals mit Jos Verbeeck im Sulky, Stark Bi noch auf Rang zwei verwiesen.
Stall Team Neuhof hatte damit den Winner Circle schon kennen lernen dürfen, und vor allem die bayerischen Fans drückten die Daumen, dass man mit Stallgefährte Orlando Jet wenig später nochmal in selbigen würde einziehen können.
Dass es jedenfalls kein Starter aus der zahlenmäßig überlegenen "Tietz-Armada" werden würde, war schon vor dem Start des 121. Deutschen Traber-Derbys absehbar. Fiobano war als nervös bekannt, absolvierte daher die Einzelparade ohne Schmuckdecke, suchte danach vergebens den Rücken von Mr Shorty oder Zauni und nahm sich bereits vor dem Start alle Kraft. Wenig besser erging es Geronimo T, der bei der Einzelparade schon scheute und seine Nervosität in eine Startgaloppade münden ließ, die ihn sofort aller Chancen beraubte.
Alle taktischen Überlegungen waren schon beim Ab Makulatur, als Comache Moon wie eine Rakete in in 06,1 für die ersten 300 Meter in Front schoss. Den anklopfenden Fiobano ließ Torbjörn Jansson passieren, 12,7 wurden für die folgenden 400 Meter gestoppt. Als drittes Pferd innen übernahm Dreambreaker dann die Initiative, gab das Führpferd für Muscle Scott und den dahinter lauernden Orlando Jet und machte es womöglich auf der Gegenseite für den innenliegenden Comanche Moon etwas eng - der Adamas-Hengst blieb seinem Berlin-Fluch treu und sprang gegenüber aus der Partie. Den vor ihm liegenden Fiobano und Dreambreaker erging es kaum besser, sie bauten zusehends ab und stritten sich nur noch um das fünfte Geld, während Muscle Scott den Traumrennverlauf zu einem feinen Schlusspurt nutzen konnte. Der von Hans Sinnige bereits vor vielen, vielen Monaten als sein persönlicher Derbyfavorit ausgerufene Hengst gewann souverän und ließ dem nachsetzenden und als einziger Vorlaufsieger seine Leistung bestätigenden Orlando Jet keine Chance, noch entscheidend heranzukommen.
Als Dritte überraschte Mr Shorty und auch der viertplatzierte Muscle Boy As war von den wenigsten Experten so weit vorn erwartet worden. In 12,5 / 1900 Meter stellte Muscle Scott einen neuen Rennrekord auf und strich mehr als 130.000 Euro ein. Das Derbyfinale war erst der siebte Lebensstart des Muscle Mass-Sohns, der mit gesundheiltichen Problemen zu kämpfen hatte und den das Team Hagoort/Bakker auf den Tag genau fit gemacht hatte. Erst Ende Juni hatte er eine Wiederqualifikation absolviert, seinen ersten Start danach gewonnen und war im Derbyvorlauf Zweiter zu Geronimo T.
Muscle Scotts Züchterin, Cornelia M. Schotte van der Blink, war im Gegensatz zum Besitzer bei der Siegerehrung anwesend. Der hinter der Masto Wireservice AS stehende Norweger hatte anderweitige Verpflichtungen und angesichts der vier klar favorisierten Vorlaufsieger wohl nicht mit dem Derbysieg gerechnet.
Man darf nicht verhehlen, dass die Begeisterung beim Publikum größer gewesen wäre, wenn Orlando Jet, Geronimo T, Dreambreaker oder Fiobano das Blaue Band gewonnen hätten. Acht der letzten zehn Derbysieger waren im Ausland trainiert worden, nur Nu Pagadi und Dream Magic BE kamen aus deutschen Ställen. Selten war die Chance im Vorfeld so gut, den Derbypokal im Lande zu behalten (auch wenn Dreambreaker in den Niederlanden trainiert wird und Orlando Jet in österreichischem Besitz steht). Diese Enttäuschung musste das Publikum erstmal verdauen, bedachte aber das siegreiche Team, das das dritte Derby innerhalb von drei Jahren gewonnen hatte, mit anerkennendem Applaus.
Den Derby-Abschluss setzte das Finale B, das zu einer Beute von Agostino wurde, der sich sukzessive gesteigert hatte und als 979:10-Außenseiter im Vorlauf Vierter geworden war. Im Finale B gaben ihm die Wetter als 59:10-Chance einiges Vertrauen mit, das der von Roland Hülskath gesteuerte Hengst mit einem leichten Sieg in 13,2 / 1900 Meter belohnte. Der von Leo Beckmann gezüchtete Titan Way-Sohn steigerte mit der Siegprämie von 10.000 Euro seine Lebensgewinnsumme auf knapp 15.000 Euro - im Vorjahr hatte er bereits eine Breeders Crown-Entlastung bei den Zweijährigen an gleicher Stelle für sich entscheiden können. Die einzige Stute im gesamten Derby-Feld, Lady Muscles, wurde nach ihrer Galoppade im Vorlauf im Finale B Zweite vor Velten Viscount.
Ausführlicher Bericht vom Sonntag bei hauptstadtsport.tv
Fotos: Marius Schwarz (www.traberpixx.de)
(09.08.2016)