Erstmals sind die Stuten und die Hengste und Wallache in den Gehobenen Rennen gleichberechtigt - jeweils 20.000 Euro standen über den beiden Hauptläufen zum Adbell Toddington-Rennen, das heute den Einstieg in die Dreifache Krone des deutschen Trabrennsports markierte. Der Blick in die Siegerliste dieses Rennens macht deutlich, welch enormen Stellenwert das "Adbell" hat - nicht selten sieht man hier den Derbysieger, mindestens aber ein Pferd, das zur Spitze seines Jahrgangs zählt.
Ob das auch 2016 der Fall sein wird, wird sich zeigen. Bei den Stuten darf man sicher davon ausgehen, bei den Hengsten und Wallachen gibt es ein "Ja, aber": Die Leistung der beiden Erstplatzierten war über jeden Zweifel erhaben, dass sich ihnen jedoch nur fünf Gegner auf dem Papier und vier auf der Bahn stellten und keiner dieser ernsthaft Widerstand leisten konnte, war eines Klassikers nicht würdig.
Doch der Reihe nach. Sieben junge Herren des Geburtsjahrgangs 2013 fanden sich in der Starterliste des ersten Rennens zur Triple Crown ein, James Bo wurde jedoch vorab mit Attest gestrichen. Aus dem Stall Esper kamen gleich drei Starter, zwei weitere aus dem Stall Mollema - und Thomas Kornau aus Recklinghausen wollte diese Phalanx mit seinem Hofnarr durchbrechen. Und es ist nicht zu viel vorab verraten, dass die Esper-Eleven einen gebrauchten Tag erwischten.
Schon am Start fiel der letztjährige Jahrgangsprimus Laskari mit einer Galoppade aus dem Rennen, nicht mal eine halbe Runde später erwischte es seinen Stallgefährten Mr Firecracker, der nicht mehr sauber trabte und wegen unreiner Gangart disqualifiziert wurde.
Vorne ging derweil die Post ab, in 07,8 für die ersten 300 Meter war Dreambreaker, den Arnold Mollema dem deutschen Goldhelm anvertraut hatte, an die Spitze geknattert und hatte das Feld auf die Tribünengerade geführt. Dort ließ Nimczyk den Stallgefährten Blackhawk passieren, der das Tempo natürlich etwas abflauen ließ, aber nicht in Sphären des Gelsenkirchener Trials, als es zu ruhig geworden war.
Der Rest hatte Mühe zu folgen, Hofnarr hielt Tuchfühlung, Oscar Nasad gebührend Abstand. Für die letzten 800 Meter hatte sich das Führungsduo dann ein Feuerwerk aufgespart, denn in 11,2 und 11,3 wurden die letzten zwei 400 Meter-Zeitnahmen passiert. Auf der Zielgeraden sahen die Zuschauer ein spannendes Kopf- an-Kopf-Duell der beiden Mollema-Schützlinge. Naturgemäß nahmen die Fahrer ihre vierbeinigen Partner dabei nicht auseinander, die Saison ist schließlich noch lang, dennoch kämpften beide sehr ernsthaft um den Sieg.
Der außen angreifende Dreambreaker hatte am Ende das bessere Ende für sich und den in beiden Trials erfolgreichen Dreambreaker "geknackt". Damit drehte der Offshore Dream-Sohn das Ergebnis des Trials vom 1. Mai in Gelsenkirchen, als Blackhawk mit einem Halsvorsprung gewonnen hatte. Der damalige Dritte, Geronimo T, war heute nicht am Start, so dass der damals viertplatzierte Hofnarr folgerichtig einen Platz aufrückte und als Dritter anschlug, vor dem deutlich zurück folgenden Oscar Nasad.
In neuem deutschen Mitteldistanzrekord für Dreijährige von 12,1 / 1900 Meter erreichten Dreambreaker und Blackhawk das Ziel - 0,6 Sekunden schneller als der letztjährige Derbysieger Ferrari Kievitshof. Geht man nach den Zeiten, hätten die beiden den amtierenden Derbysieger ceteris paribus um mehrere Längen geschlagen. Solche Vergleiche sind selbstverständlich akademisch. Die Leistung der beiden bleibt beeindruckend - auch wenn sich nicht wenige Beobachter fragten, wo nach einer solchen Leistung im Mai die Steigerung bis August kommen soll. Aber wenn jemand weiß, wie man das Deutsche Traberderby gewinnt, ist es natürlich Arnold Mollema.
Jean Huls hat Dreambreaker aus der ungeprüften niederländischen Stute Brooke Boko gezogen, der Offshore Dream-Sohn befindet sich im Besitz des Stalles Oberkracher. Dass Dreambreaker ein solcher sein bzw. werden kann, ist heute in Berlin-Mariendorf deutlich sichtbar gewesen. Zum ersten Mal betrat der Dreijährige dabei den Winner Circle, denn bisher war er stets Zweiter: In der Breeders Crown war er Laskari unterlegen, im Jugend-Preis Gilda Newport, beim Jahresdebüt dem älteren Successful und vor drei Wochen im genannten Trial seinem Stallgefährten.
Adbell-Toddington-Rennen (Hengste/Wallache)
Startsumme: Frei für Alle - Distanz: 1.900 m / A - Dotierung: 20.000 € (10000 · 5000 · 2500 · 1500 · 1000)
Pl. | Teilnehmer | Gesamtzeit | Distanz | km-Zeit | Fahrer | Trainer | EVQ | |
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1. | Dreambreaker | 3 H | 2:16,9 | 1.900 m | 12,1 | Michael Nimczyk | Arnold Mollema | 21 |
2. | Blackhawk | 3 H | 2:17,0 | 1.900 m | 12,1 | Hugo Langeweg jun. | Arnold Mollema | 24 |
3. | Hofnarr | 3 H | 2:18,0 | 1.900 m | 12,6 | Thomas Kornau | Thomas Kornau | 624 |
4. | Oscar Nasad | 3 H | 2:21,3 | 1.900 m | 14,4 | Thomas Panschow | Maik Esper | 207 |
Laskari | 3 H | - | 1.900 m | dis.r. | Maik Esper | Maik Esper | 55 | |
Mr Firecracker | 3 H | - | 1.900 m | dis.bl. | Dennis Spangenberg | Maik Esper | 492 |
Einlauf: | 1-3-5 | Richter: | Kampf / K - 5 - W | ZwZ: | 7,8 / 15,4 / 14,1 / 11,2 / 11,3 |
Die bereits angesprochene Gilda Newport war 2015 ohne Zweifel die Jahrgangskönigin, die auch gegen die Hengste bestehen konnte und auch nach dem heutigen Erfolg gewiss weiterhin in Richtung "großes Derby" schielt. Denn bei allem Respekt vor ihren Gegnerinnen, der Stutenlauf zum Adbell Toddington-Rennen war eine One-Horse-Show. Und es ist fast ein bisschen bedauerlich, dass ein Duell mit dem "starken Geschlecht" wohl frühestens im Derbyvorlauf stattfinden kann, denn die Zirkelrennen sind in diesem Jahr strikt nach Geschlechtern getrennt.
Die damit einhergehende Gleichberechtigung der Stuten hatte den Effekt, dass der Lauf entsprechend quantitativ gut besetzt war. Zehn Stuten griffen nach den 20.000 Euro Gesamtdotation. Die Spannweite der Gewinnsummen war dabei beachtlich, von 0 Euro (Akindof Magic BE, die Josef Franzl trotzdem durch die Todesspur führte) bis 23.994 Euro (Gilda Newport).
Bei 12:10 war die Stute aus dem Stall Jauß bei ihren Saisondebüt klar favorisiert, trotz Startplatz 10. Zu sehen war von der Donato Hanover-Tochte für mehr als eine Bahnrunde freilich herzlich wenig, während vorne Laurea LB und Levana RA (innen) sowie Akindof Magic BE (außen) das Feld in zwei Spuren anführten. Im Schlussbogen machte Dion Tesselaar, der die Stute auch nach dem Verkauf an Marion Jauß weiter betreut, dann ernst und griff außen an. Die Dreijährige degradierte ihre Geschlechtsgenossinnen zu Statisten und fügte ihnen eine krachende Niederlage zu. Grußlos, aus der Hand gefahren überspurtete Gilda Newport das Feld und gewann optisch hochüberlegen mit fünf Längen in 14,4 / 1900 Meter.
Aufgrund des Rennverlaufs verbietet sich ein Zeitvergleich mit dem Lauf der Hengste und Wallache, doch die Manier der Jauß-Stute war mehr als überzeugend. Eine im Mikrokosmos der Stuten (außer Gilda Newport) feine Leistung zeigte Jane Bo, die vom "Champ" Heinz Wewering auf der Zielgeraden noch schnell gemacht wurde und als 415:10-Außenseiterin den Ehrenplatz schnappte. Levana RA kam vor Laurea LB auf den Bronzerang.
Gilda Newport stammt, wie der Name schon sagt, aus der Zuchter von Peter ter Borgh. Die älteren Vollgeschwister aus der US-Stute Color Schemes machten bisher nicht nachhaltig auf sich aufmerksam, Gilda Newport ist ohne Zweifel der bislang beste Nachkomme. Erstaunlicherweis ist die heutige Siegprämie von 10.000 Euro der kleinste Scheck, den die Stute bisher verdient hat - die Siege in der Breeders Crown und dem Winterfavoriten waren noch wertvoller. Nach drei Starts ist Gilda Newport damit noch ungeschlagen.
Adbell-Toddington-Rennen (Stuten)
Startsumme: Frei für Alle - Distanz: 1.900 m / A - Dotierung: 20.000 € (10000 · 5000 · 2500 · 1500 · 1000)
1. | Gilda Newport | 3 S | 2:21,3 | 1.900 m | 14,4 | Dion Tesselaar | Dion Tesselaar | 12 |
2. | Jane Bo | 3 S | 2:22,3 | 1.900 m | 14,9 | Heinz Wewering | Hans-Ulrich Bornmann | 415 |
3. | Levana RA | 3 S | 2:22,5 | 1.900 m | 15,0 | Roland Hülskath | Roland Hülskath | 74 |
4. | Laurea LB | 3 S | 2:22,7 | 1.900 m | 15,1 | Maik Esper | Maik Esper | 84 |
5. | Love Be A Lady | 3 S | 2:23,1 | 1.900 m | 15,3 | Thorsten Tietz | Heinz Wilhalm | 244 |
6. | Gamine Newport | 3 S | 2:23,3 | 1.900 m | 15,4 | Michael Nimczyk | Wolfgang Nimczyk | 85 |
7. | Grazia Greenwood | 3 S | 2:24,9 | 1.900 m | 16,3 | Victor Gentz | Victor Gentz | 247 |
8. | Akindof Magic BE | 3 S | 2:25,4 | 1.900 m | 16,5 | Josef Franzl | Josef Franzl | 264 |
9. | Ready to Race | 3 S | 2:25,6 | 1.900 m | 16,6 | Alle Loman | Alle Loman | 314 |
Gwenda Beuckenswyk | 3 S | - | 1.900 m | dis.r. | Hugo Langeweg jun. | Richard Slijfer | 211 |
Einlauf: | 10-1-2 | Richter: | überlegen / 5 - 1 - 1 - 2 - 1 | ZwZ: | 10,5 / 13,4 / 16,5 / 14,4 / 16,5 |
Im Rahmen gewann mit Lemaitre (15,0 / 1900 Meter) und Zauni (15,1 / 1900 Meter) zwei weitere Dreijährige, die ebenfalls das Derby im Blick haben. Neben den in Deutschland (und den Niederlanden) vorbereiteten Pferden stehen auch in Schweden noch einige interessante Kandidaten - die Spannung vor dem "Rennen der Rennen" steigt langsam!
Fotos: Marius Schwarz, www.traberpixx.de
(22.05.2016)