Heuer mussten die Herren - der Hamburger Kaufmann nun als alleiniger Besitzer, aber nicht Züchter -, deutlich mehr schwitzen, bis Ehrenpreise, Lorbeerkranz und nur noch 90.000 Euro in Sack und Tüten waren.
Dabei sah es zu Beginn der Zielgeraden, wo sich die erstmals in einem Klassiker engagierte Gunilla d’Atout nach einem perfekten Vortrag des schwedischen Meisterfahrers auf zwei, drei Längen absetzen konnte, nach einem ähnlich leichten Walkover der Braunen mit dem großen Stern aus - bis ihr Schatten Gu d’Héripré sich vom ersten Schrecken erholt hatte und seinerseits die Beine in die Hand nahm. Meter um Meter holte der Coktail-Jet-Sohn auf, und tatsächlich schien ihn Franck Nivard genau an der Linie vorbei gestukt zu haben. Das Zielfoto indes sagte anderes: Zwei, drei Zentimeter rettete Gunilla zum achten Sieg aus zehn Versuchen, mit dem sie nun 287.900 Euro verdient und das Duell der fünf Guarato-Schützlinge gegen das Quintett Allaires praktisch im Alleingang entschieden hat.
Der Meister der jungen Pferde, mit dem bisherigen Primus Gotland, Girls Talk, Golden Bridge, Gatsby Perrine und Gallant Way gut bestückt, erlitt mit seiner Flotte schweren Schiffbruch und musste sich mit der vierten Prämie von Gallant Way als einziger Ausbeute bescheiden. Guaratos Truppe, von der Gamble River am Start und Gloria du Goutier im Bogen von Joinville im Galopp ausfielen, durfte sich hingegen noch über Platz sieben von Green Grass freuen, die mit einem extrem aufwändigen Mitteldrittel dafür sorgte, dass das Tempo nie abflaute, aber längst noch nicht den Punch des vergangenen Winters hat - und ihn vielleicht auch nie wieder bekommt. Im Garten der beiden Trainergrößen wilderten Philippe Billard (mit Gu d’Héripré), Jean-Michel Bazires Galilea Money (mit der besten Performance ihrer Laufbahn), Frédéric Prat mit dem schon halb abgeschriebenen Général du Parc und Dominique Blonds Guillermo Sport kräftig.
„Ich war mir ganz und gar nicht sicher, ob ich gewonnen hatte. Bis 800 Meter vorm Ziel lief alles perfekt für uns, denn es war viel Tempo drin und ich konnte mit Gunilla lange in Deckung bleiben. Dann wurde es in dritter Spur haarig, denn mein schärfster Rivale Gu d’Héripré lag direkt hinter uns. Meine Ahnung sollte sich ja bestätigen“, resümierte Goop, „im Einlauf kämpfte sie wie eine Löwin und gab alles. Ich bin sehr froh, von Zeit zu Zeit für Sébastien zu fahren. Man darf eines nicht vergessen: Er hat die ganze Arbeit, bereitet die Starter perfekt vor. Ich bin nur für die letzten fünf bis zehn Minuten da. Eigentlich gebührt ihm alles Lob.“
Bei guten Bedingungen knackte die gerade rechtzeitig vom Trainer erweckte Gunilla mit 1:13,4 den „beschlagenen“ Rennrekord Bold Eagles und Charly du Noyers um zwei Zehntelsekunden. Schneller eilte lediglich Timoko zur Krönung, der 2010 nach 1:12,6 am Ziel der Wünsche war. Damals durften die Dreijährigen allerdings rundum barfuß ins Gefecht geschickt werden (bis 2013). Für Guarato war’s nach Aladin d’Ecajeul (2013), Bold Eagle (2014) und Face Time Bourbon der vierte Erfolg in der erstmals 1924 ausgetragenen Traditionsprüfung. Ready Cash, der selbst 2008 mit Bernard Piton dominiert hatte, stellte nach Bold Eagle, Charly du Noyer und Face Time Bourbon bereits den vierten Sieger und bekommt den legendären Kerjacques ins Visier, dessen Kinder 1966, 1967, 1970, 1975 und 1978 ganz vorn waren.
Der Rennverlauf
Nach zwei Fehlversuchen begann Gamble River im Galopp und fand Co-Favorit Gotland, mit zehn Siegen und 454.100 Euro an der Spitze der Generation 2016 stehend, äußerst behäbig auf die Beine. Rasant los legte Golden Bridge und schnappte sich ratzfatz den Taktstock vor Gallant Way, Général du Parc, Gipson Creek und Galilea Money. Gloria du Goutier war vor Gunilla d’Atout, Gu d’Héripré, Girls Talk, Gatsby Perrine sowie Guillermo Sport in zweiter, Green Grass mit Gondole Jenilou und Gotland als Anhängsel vor der Tribüne gar in dritter Spur auf Arbeit. Im Bogen von Joinville übernahm Green Grass den Part der äußeren Leaderin, in dritter bzw. vierter Reihe rückten Gondole Jenilou und Gotland vor - ein mörderisches Pensum, dem letztlich beide zum Opfer fallen sollten, obwohl sie am Gipfel in Spur zwei herunterkamen.
Damit verlor die inzwischen hinter Gotland in Spur drei beorderte Gunilla d’Atout allerdings ihre Lokomotive, bekam für die letzten 800 Meter den eiskalten Kopfwind der dritten Gefechtslinie ab und hatte Gu d’Héripré, Galilea Money, Gatsby Perrine und Guillermo Sport im Schlepptau. Goop hütete sich wohlweislich, zu früh aufs Ganze zu gehen, und gab seiner Partnerin erst ausgangs der Schlusskurve den Kopf frei. Im Sauseschritt überfuhr die putzmuntere Ready-Cash-Tochter die Allairesche Doppelspitze aus Golden Bridge und Gotland, entsorgte sie rasch nach hinten und schien einem sicheren Sieg entgegen zu stürmen, bis Gu d’Héripré auf Touren kam. Wie Butter in der Sonne schmolz der schöne Vorsprung dahin mit dem oben erwähnten Foto-Finish, das zugunsten der Stute entschied.
Mächtig rein hängte sich auch Galilea Money, die Bazire nach dem zweiten Fehlstart von ihren Gummi-Boots befreit hatte - vielleicht das entscheidende Schräubchen auf dem Weg zu Bronze vorbei an den innen geschonten Gallant Way und Général du Parc. Überaus sportlich war desgleichen der Endspurt des noch später gebrachten Guillermo Sport „j.w.d.“ an den Außenrails. Mit der kleinsten Prämie wurde die Bold-Eagle-Tochter Green Grass abgespeist, die im Critérium des Jeunes die Hengste düpiert hatte.
Critérium des 3 Ans (Gruppe I nat., dreij. Hengste und Stuten)
2700 Meter Bänderstart o.Z., 200.000 Euro
1. Gunilla d’Atout 13,4 Björn Goop 29
3j.br. Stute von Ready Cash a.d. Topaze d’Atout von Coktail Jet
Be: Ec. Saint Martin; Zü: SCEA du Beaumanoir; Tr: Sébastien Guarato
2. Gu d‘Héripré 3. Galilea Money 4. Gallant Way 5. Général du Parc 6. Guillermo Sport 7. Green Grass 8. Gipson Creek 9. Gotland 10. Girls Talk 11. Golden Bridge 12. Gatsby Perrine Gondole Jenilou Gloria du Goutier Gamble River |
13,4 Franck Nivard 13,5 Jean-Michel Bazire 13,6 David Thomain 13,7 Alexandre Abrivard 13,7 Patrick Pascual Lavanchy 13,9 Gabriele Gelormini 13,9 Matthieu Abrivard 13,9 Eric Raffin 14,2 François Lagadeuc 14,2 Yoann Lebourgeois 14,2 Anthony Barrier dis.r. Louis Baudron dis.r. Damien Bonne dis.r. Jean-Philippe Monclin |
62 230 160 1170 360 130 250 39 82 1040 1020 810 2130 900 |
Sieg: 29; Richter: Kampf k.Kopf - 1 - 1½ - 1 - Hals - 2 - Kopf - ½ Länge; 15 liefen
Zw-Zeiten: 14,0/1200m - 13,6/1700m - 13,9/2200m
Wert: 90.000 - 50.000 - 28.000 - 16.000 - 10.000 - 4.000 - 2.000 Euro
Cleangame - mal wieder atemberaubend
Nehmen, was zu kriegen ist lautet das Motto für die reichen Wallache, denen außer diversen Trabreiten kaum Beschäftigungsmöglichkeiten während des Winter-Meetings offenstehen. Das gilt auch für Cleangame, der mit seinen 1.188.720 Euro gerade noch in den bei 1.249.999 Euro geschlossenen Prix de Châteaudun passte und dafür 25 Meter Zulage in Kauf nehmen musste. Wer in Nantes und im Finale des Grand National du Trot 50 Meter Mehrarbeit wettzumachen versteht und dabei nicht mal ansatzweise an Grenzen gehen muss, der sollte sich von jenen 25 Metern und Startnummer „13“ kein bisschen ins Bockshorn jagen lassen. Das sahen neben Jean-Michel Bazire auch die „turfistes“ so, schickten den Ouragan-de-Celland-Sohn für 1,4fachen Sieg-Einsatz los und lagen damit fürs Weihnachtsgeld goldrichtig.
Und weil „JMB“ den Wallach, der praktisch alle Tücken verloren hat und nun auch rundum barfuß sicher wie die Bank von England daherkommt, bestens abbrachte und sich mit Cokstile innen und Chica de Joudes außen die beiden vermeintlich ernsthaftesten Rivalen ab ausgangs des Joinviller Bogens beharkten wie die Kesselflicker, konnten sich der direkt dahinter liegende 48-jährige genüsslich die Hände reiben und die Wetter sich früh beruhigt gedanklich Richtung Auszahlkasse orientieren.
„In der ersten Kurve war ich in der Todesspur unterwegs und dachte eigentlich, es würde so weitergehen. Das wäre auch nicht schlimm gewesen. Doch dann wechselte Alain (Laurent) nach außen, und besser konnte ich‘s gar nicht treffen. Du musst bei Cleangame nur wachsam sein, denn ein falscher Schritt ist bei ihm immer mal drin, obwohl er in den Jahren bei mir enorm an Selbstvertrauen gewonnen hat. Der Rest war ein Kinderspiel; ich glaube, er hätte heute 1:10,8 oder 1:10,9 laufen können. Sein Limit haben wir noch immer nicht gesehen“, lachte sich Bazire mental ins Fäustchen - wie physisch ab 50 Meter vorm Ziel, als er huldvoll ins Publikum grüßte.
Schon unter Sébastien Guarato, der ihn nach einem Zerwürfnis mit Besitzer Jean-Michel Rancoule im Januar 2018 Knall auf Fall verloren hatte, hatte der unscheinbare Braune enorme Kapazitäten verraten, aber immer wieder Galoppaden eingestreut. Unter Frankreichs 20-fachem Champion hat er sich schier atemberaubend entwickelt: 27 Starts stehen seither für ihn zu Buche, von denen er 22 gewann, dreimal Zweiter und einmal Dritter wurde. Und wäre da nicht jener unglückselige Lapsus im UET-Masters-Finale, als er 50 Meter vorm Ziel mit dem Sieg in den Hufen aus dem Rhythmus kam, wäre die Bilanz makellos gewesen. Mit dem 13. Saisonerfolg steigerte er sein Ergebnis unter „JMBs“ Ägide auf 1.036.750 Euro. Das vorläufige Ende dieser Fahnenstange setzt allein die Ausschreibung für Vincennes, die dem Wallach mit 1.229.220 Euro im „Attelé“ nur noch eine Chance lässt: Im Prix de Brest am 18. Januar hätte er zwei Zulagen aufzuholen…
Bis auf Rajesh Face, der eingangs der Tribünengeraden ansprang, als ihm Cokstile etwas zu knapp einscherend die Führung abknöpfte - Antonio di Nardo muss ob dieses Fouls vom 26 bis 29. Dezember „zu Fuß gehen“ -, meisterte das Peloton die fast drei Kilometer ohne Fehl und Tadel. Hinter Cokstile hatten sich Coach Franbleu, Chica de Joudes, Ange de Lune und Vainqueur R.P. einsortiert. Außen kam bereits Cleangame angedampft und erhielt fast wundersam in der ausparkenden Chica eine Zugmaschine, die als Kompott auch noch den Leader kräftig zu massieren begann. Italiens kommender Champion - mit 282 Treffern dürfte di Nardo von Roberto Andreghetti, der auf 244 Zähler kommt, kaum noch vom Spitzenplatz zu verdrängen sein - wollte das Kommando auf keinen Fall hergeben, und so wurde durchweg kernig Tempo gebolzt, was Bazire nur recht war.
Hinter Cleangame hielten Tessy d’Eté, Vorjahrssieger Balbir und Anzi des Liards ihr Pulver knochentrocken. Alles wartete - nicht auf Godot, sondern auf den Antritt des Tipps des Tages. Als der an der letzten Ecke kam, fielen die Würfel blitzschnell. Im Handumdrehen war der aktuell wohl beste Wallach der Welt drei, vier, fünf Längen voraus, während Cokstile mit fliegenden Fahnen unterging und mit Scheck Numero sieben zufrieden sein musste. Während Bazire abwechselnd die Becker-Faust ballte und Kusshändchen ins Publikum warf und sich mit einem Klaps auf den Allerwertesten seines Partners verabschiedete - genau für solche Aktionen liegen ihm seine Fans zu Füßen -, raufte sich Tessy d’Eté zäh wie Leder zum Ehrenplatz. Besser als Cokstile hielt dessen Quälgeist Chica de Joudes durch, der Alain Laurent wohl unbedingt eine extra harte Nagelprobe für den Prix d’Amérique, für den sie als Zweite des Prix de Bretagne qualifiziert ist, verpassen wollte. Auch wenn’s nur eine Nasenspitze vor Balbir war, blieb der Jag-de-Bellouet-Tochter Rang drei.
Prix de Châteaudun (Prix Jean Dumouch, Gruppe III int., Fünf- bis Zehnj., keine 1.250.000 Euro)
2850m Bänderstart, 25m Zulage ab 565.000 Euro; 90.000 Euro
1. Cleangame 2875 11,6 Jean-Michel Bazire 14
7j.br. Wallach von Ouragan de Celland a.d. Red Bell von Jag de Bellouet
Be: Jean-Michel Rancoule; Zü: Alain-Louis Beaumont; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Tessy d’Eté 3. Chica de Joudes 4. Balbir 5. Anzi des Liard 6. Blé du Gers 7. Cokstile 8. Ange de Lune 9. Looking Superb 10. Coach Franbleu 11. Vainqueur R.P. 12. Afghan Barbès Rajesh Face |
2850 12,4 Franck Nivard 2850 12,5 Alain Laurent 2875 11,9 Mickaël Cormy 2875 12,0 Romain Derieux 2875 12,0 Nicolas Bazire 2850 12,7 Antonio di Nardo 2850 12,7 Matthieu Abrivard 2875 12,3 Alexandre Abrivard 2850 13,0 Yoann Lebourgeois 2850 13,1 Eric Raffin 2850 13,2 Charles-Julien Bigeon 2850 dis.r. Jean-Philippe Monclin 980 |
140 62 220 890 310 170 610 540 200 510 780 980 |
Sieg: 14; Richter: überlegen 4½ - ¾ - k.Kopf - ¾ - ¾ - 1 Länge; 13 liefen
Zw-Zeiten: 12,9/1350m - 12,5/1850m - 12,7/2350m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 5.500 - 1.800 - 900 Euro