Vincennes, Sonntag, 3. Dezember 2023. Die Clôture, die Entscheidungsschlacht des seit dem 8. März über 14 Etappen zum 42. Mal kreuz und quer durch Frankreich tingelnden Grand National du Trot für die einheimischen fünf- bis zehnjährigen Traber, war wie immer der erste Publikumsmagnet beim seit fünf Wochen auf dem Plateau de Gravelle laufenden Winter-Meeting.
An diesem Tag wurden auch die Endläufe der Jockeys, Amateure sowie der drei- bis fünfjährigen Trotteurs français aus den diversen Regionen Frankreichs in den LeTrot Open des Régions entschieden, für die zahlreiche Equipes ihren Anhang mitbrachten.
Wer sich erst seit 2016 für den französischen Trabersport interessierte, erlebte etwas Einzigartiges: Sieben Mal in Folge hatte ein Pferd aus dem Stall Jean-Michel Bazires diese letzte Station gewonnen, die in etwa das Standing hat wie jene Schlussetappe der Tour de France der Pedaleure die Champs Elysées entlang - mit dem kleinen Unterschied, dass bei den Trabern im Gegensatz zu den Radlern, für die dies ein stillschweigendes Schaufahren mit Nichtangriffspakt darstellt, immer auch das Gesamtklassement auf dem Spiel steht.
Von Aubrion du Gers 2016 bis Gently de Muze 2022 ging jener Reigen des „großen JMB“ - teils mit dem „Maître“ als Vollstrecker, teils durch Catchdriver. Der letzte, der vor ihm als Trainer diese Schlussetappe an seine Fahne geheftet hatte, war der „kleine JMB“ - der ein Jahr jüngere, körperlich größere Jean-Michel Baudouin 2015 dank Ulster Perrine und Franck Nivard.
Der 51-jährige löste Bazire nicht ganz so unerwartet ab, wie die Quote von 69:10 für seinen Gaspar d’Angis vermuten ließe. Schließlich hatte der siebenjährige Wallach mit sechs Etappensiegen schon reichlich gewildert im heurigen GNT und machte mit der nächsten schneidigen Vorstellung den Deckel drauf auf eine Rundreise, die als eine Art zweiter Bildungsweg für französische Traber für ihn zur Goldgrube wurde: 368.100 Euro landeten nach elf der 15 Stationen auf seinem Kerbholz - mehr als die Hälfte seiner insgesamt 612.660 Euro, mit denen er sich peu à peu in die erste Liga der Wallache vorgearbeitet hat.
Nicht schlecht für Einen, den sein Trainer im Frühjahr gar nicht so sehr auf dem Schirm hatte für diese Tour von Ende März bis Anfang Dezember: „Wir haben’s auf Etappe 2 (am 29. März in Marseille-Borély/Anm.d.Red.) einfach mal probiert. Da hat er knapp gewonnen, und dann wurde er von Auftritt zu Auftritt besser. Ganz allmählich rückte der Gesamtsieg in den Blickpunkt. Und dann wollte ich unbedingt das prestigeträchtige Finale gewinnen. Ich wusste, dass er großartig drauf war. Am Donnerstag hat er brillant trainiert, das hab ich Eric auch gesagt, um ihm Mut zu machen. Er musste sich nicht verstecken. Ich hoffe, dass sich Ganay de Banville für den Amérique qualifiziert. Das würde Gaspars Leistung im Nachhinein aufwerten.“
Was sonst Jean-Michel Bazire vorbehalten ist, gelang seinem Nachfolger auf dem Champions-Thron: Eric Raffin machte seinem Schützling aus Band zwei die schnellsten Beine und war mit Ganay de Banville am Hinterrad zeitig bei der vorderen Musik, die einen Kilometer lang von Gaelic du Rocher vor Hidalgo des Noés bestimmt wurde.
Ab dem Abzweig der „petite piste“ übernahm Favorit Inexess Bleu das Kommando, womit Gaspar d’Angis, hinter den sich Gendréen gemogelt hatte, der äußere Fahrtwind kräftig ins Gesicht blies. Das machte dem Quaro-Sohn erstaunlich wenig aus. Als Jean-Michel Bazire zu Beginn der Zielgeraden in starker Haltung aufrüstete, konterte ihn Gaspar ebenso eiskalt aus, wie er den ziemlich rasch klein beigebenden Inexess Bleu in die Mangel nahm.
Mit einem jubelnden Raffin kreuzte Gaspar d’Angis die Linie sicher eine Länge vor Gendréen, der nach einem kleinen Slalom Ganay de Banville im Fotofinish den Ehrenplatz entriss. Ganz stark der Schlussakkord Emeraude de Bais‘. Die erst als Siegerin der letzten Etappe in Mauquenchy auf den Finalzug aufgesprungene Repeat-Love-Tochter spurtete aus dem Mittelfeld auf Rang vier. Die Quinté-Wette fett machte als von Anthony Barriere geschickt im Vordertreffen versteckter Außenseiter Hidalgo des Noés, der Inexess Bleu um eine Länge abfing.
Noch größer als bei Alex Abrivard dürfte die Ernüchterung bei Hugues Monthulé gewesen sein: Gaspars großer Widersacher Horace du Goutier erinnerte in nichts mehr an den schneidigen Kerl, der über Sommer bei seinen fünf Etappensiegen nicht nur sein direktes Umfeld hatte in Verzückung geraten lassen.
Das bei 19 Zählern Rückstand zu Gaspar d’Angis maximale Wunder, das hätte herhalten müssen, um die Gesamtwertung doch noch zu seinen Gunsten hinzubiegen, fand in negativer Hinsicht statt. Der Rapphengst ließ als durchweg ausdrucksloser Hinterbänkler auch Steuermann und Trainer keine Chance, das Ruder gegen Eric Raffin bzw. Jean-Michel Baudouin herumzureißen. Raffin 160 Points, Monthulé 104, Franck Nivard 62 lautete das Endklassement bei den „drivers“, Baudouin 174 vor Sébastien Guarato (135) und Jean-Michel Bazire (52) bei den „entraîneurs“.
„Was für ein Pferd“, schwärmte Baudouin, der mit 1.524 Trainersiegen alles andere als ein heuriger Hase ist, „vor einem Jahr hätte ich nie und nimmer gedacht, dass ich solch einen Crack im Stall habe. Er hat Schritt um Schritt die Rangliste erklommen, mich selbst oft genug überrascht und sich fantastisch gesteigert. Nun darf er vier Wochen Urlaub machen. Dann werden wir uns mit Eric zusammensetzen und beraten, wie es weitergeht."
"Ich habe kein Pferd für den Prix d’Amérique oder für eines der großen Gruppe-Rennen, so dass ich diesen Clôture-Moment mit vollen Zügen als mein persönliches Highlight dieses Winters genießen werde. Vielleicht geht’s in den Prix du Luxembourg. Er ist ein gutes Reisepferd, so dass ihm als Wallach einige der skandinavischen Großereignisse im Frühjahr schmecken könnten wie zum Beispiel der Kymi Grand Prix.“
42. Clôture du Grand National du Trot (Prix Maurice de Folleville; Gruppe II nat., Fünf- bis Zehnj., die an mindestens einer Etappe teilgenommen haben)
2850m Bänderstart, 25 Meter ab 385.000, 50 Meter ab 677.000 Euro (unbesetzt); 150.000 Euro
1. Gaspar d’Angis 2875 12,9 Eric Raffin 69
7j.br. Wallach von Quaro a.d. Reveuse d’Angis von Koréan
Be / Tr: Jean-Michel Baudouin; Zü: Jean-Claude Lahoucine
2. Gendréen 2850 13,6 Matthieu Abrivard 140
3. Ganay de Banville 2875 13,0 Jean-Michel Bazire 57
4. Emeraude de Bais 2875 13,1 Franck Nivard 77
5. Hidalgo des Noés 2850 13,7 Anthony Barrier 830
6. Inexess Bleu 2850 13,8 Alexandre Abrivard 25
7. Horchestro 2850 13,8 David Békaert 220
8. Happy Valley 2875 13,4 Jean-Philippe Dubois 160
9. Horace du Goutier 2875 13,4 Hugues Monthulé 150
10. Gamin Jaba 2850 14,1 Nicolas Bazire 240
11. Falco d’Havaroche 2875 13,6 Louis Baudouin 940
12. Gaelic du Rocher 2850 17,1 Benjamin Rochard 800
Goéland d’Haufor 2875 dis.r. Damien Bonne 450
Sieg: 69; Richter: sicher 1 - k.Kopf - 1½ - Hals - 1 - Hals; 13 liefen
Zw-Zeiten: 15,4/1350m - 14,4/1850m - 14,1/2350m
Wert: 67.500 - 37.500 - 21.000 - 12.000 - 7.500 - 3.000 - 1.500 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2023-12-03/7500/4
Endstand / Top Ten nach 14 Etappen und Clôture - (Amiens, Marseille-Borély, Lyon-Parilly, Saint Brieuc, Le Croisé-Laroche, Laval, Langon, Châtelaillon, St Malo, Angers, Mont St Michel, Reims, Nantes, Mauquenchy, Vincennes):
Gaspar d’Angis 166 (7 Siege)
Horace du Goutier 118 (5 Siege)
Hidalgo des Noés 41
Gaelic du Rocher 36
Howdy Partner 32 (1 Sieg)
Gendréen 29
Emeraude de Bais 28 (1 Sieg)
Ganay de Banville 27
Falco d’Havaroche 25
Harlem de Bucy 24
Abflug im Einlauf
Obwohl der Prix Philippe du Rozier, „Flug Nummer 1“ am 3 Grad frischen Nachmittag, wegen des Rückzugs von Jelyson unmittelbar vor dem Start mit fünf Minuten Verspätung abhob, hatte dies für Je M’Envole keine Nachteile. Der vierjährige Joyau-d’Amour-Sohn, zu dem Mathieu Mottier völlig unverhofft gekommen war („Ich wollte mir bei Monsieur Jean-Pierre Dubois ein paar Jährlinge ansehen, da hat er mir den Hengst in Training gegeben, ich solle ihn mal in aller Ruhe ausprobieren.“), machte seinem Namen alle Ehre, flog der Konkurrenz auf der Zielgeraden auf und davon und entwickelte sich mit dem dritten Monté-Treffer in Folge - insgesamt sind’s sechs - immer mehr zur Spitzenkraft seiner Generation in diesem Gewerbe.
Auf der Kurzstrecke, die Jerika de Keryann „eingesprungen“ begann, ließ es Mottier gleich zackig angehen und fand in Joyner Sport eine exzellente Lokomotive, die ihn durch die Außenspur zog. Für die kernige Reise war Jubilé Prior vor J’Adore und Jean Balthazar zuständig. Im dritten Paar außen versuchte sich Juninho Dry beim 35. Auftritt erstmals unterm Reitersmann.
Eingangs des Schlussbogens machte Je M’Envole Ernst. Im Nu war er am kürzlich auch im Hinblick auf eine spätere Deckhengst-Karriere für 505.000 Euro versteigerten und erstmals für neue Farben antretenden Joyner Sport vorbei, fraß Jubilé Prior in Windeseile und landete überlegen fünf Längen voraus den nächsten Coup, der ihn auf 315.860 Euro brachte.
Der lange innen verhaftete Jean Balthazar sprintete ähnlich klar auf den Ehrenplatz. Vom Rest schälte sich Juninho Dry als Dritter aus der kämpfenden Meute heraus, musste diesen Rang jedoch nach Gangart-Überprüfung hergeben. So rückten Joumba de Guez zu „Bronze“ und der nicht überzeugende, die ersten 6.000 Euro für Benjamin Goetz einspielende Joyner Sport zu Rang fünf vor.
Den nächsten fetten Zahltag könnte es für den neuen Überflieger in zwei Wochen im ebenfalls den Vierjährigen vorbehaltenen Prix Bilibili um 200.000 Euro geben, den er dann barfuß in Angriff nehmen soll. Sein Trainer war begeistert: „Im zweiten Paar außen absolvierte er den Parcours im lockeren Trab und wartete förmlich darauf, endlich losdüsen zu dürfen. Es ist eine wahre Freude, ihn zu reiten.“
Auch Pascal Castel, Jean Balthazars Übungsleiter, sieht der Gruppe-I-Prüfung am 17. Dezember zuversichtlich entgegen: „In den Bögen war er nicht so gut, dafür auf der Zielgeraden bärenstark. Dieser zweite Auftritt nach der kurzen Sommer-Pause sollte ihn gefördert haben.“
Prix Philippe du Rozier - Monté - (Gruppe II int., vierj. Hengste & Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Je M’Envole 11,4 Mathieu Mottier 33
4j.br. Hengst von Joyau d’Amour a.d. Virevoltante von Love You
Be: Jean-Pierre Dubois; Zü: Ecurie des Mouettes; Tr: Mathieu Mottier
2. Jean Balthazar 11,8 Benjamin Rochard 47
3. Joumba de Guez 12,1 Eric Raffin 35
4. J’Adore 12,2 Alexis Collette 250
5. Joyner Sport 12,2 François Lagadeuc 130
6. Jubilé Prior 12,2 Aurélien Desmarres 790
7. Jaministar 12,4 Anthony Barrier 540
Juninho Dry 3.dai Paul-Philippe Ploquin 59
Jaguar du Goutier dis.r. Damien Bonne 160
Jérika de Keryann dis.r. David Thomain 440
Sieg: 33; Richter: überlegen 5 - 4 - (1) - k.Kopf - 1 - k.Kopf - 2 Längen; 10 liefen (NS Jelyson / lahm)
Zw-Zeiten: 09,6/675m - 10,5/1175m - 11,4/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro