Neapel, Sonntag, 2. Oktober 2022. Endlich! In seiner Heimat hat Alessandro Gocciadoro, seit Jahren als Trainer die uneingeschränkte Nummer eins, so gut wie alles gewonnen, was es an höherwertigen Prüfungen zu gewinnen gibt. Eine Ausnahme ist das Derby Italiano, in dem sein Name nur als Ausbilder auf der Ehrentafel prangt, die zweite der vom einst im Mai nunmehr wohl endgültig in den Oktober verlegte Gran Premio della Lotteria.
Im bedeutendsten Match der Azzurri für die älteren Internationalen, in dessen Finale es allein 660.00 Euro vom Himmel regnete, tauchte er bis zu diesem 2. Oktober kurz vor 18.00 Uhr weder als „driver“ noch als „allenatore“ in der Siegerliste auf.
Mit einem brillanten Endspurt, der nach dem mühsamen Ehrenplatz im 2. Vorlauf zu Bleff Dipa nicht zu erwarten war, tilgte er mit seinem Lieblingspferd Vernissage Grif den weißen Fleck auf seiner To-do-Liste, und markierte zum Kompott einen neuen Rennrekord. Von Face Time Bourbons 2021 erzielten 1:10,2 rasierte er eine Zehntelsekunde weg - und konnte sich zudem über den Ehrenplatz seines zweiten Schützlings Vivid Wise As freuen.
Zur 73. Auflage des Lotteria, den zum Beispiel Jean-Michel Bazire dreimal, Stig Johansson viermal und die Rekordhalter Vivaldo Baldi und Jean-René Gougeon je fünfmal gewonnen haben - Gerhard Krüger und Johannes Frömming haben je zweimal das große Los gezogen -, zog es, weil sonst am Tag des Prix de l’Arc de Triomphe zu Longchamp in Traber-Frankreich nichts los war, auch „JMB“ mal wieder über die Grenze, der sich ansonsten in fremden Landen extrem rar gemacht hat.
Auch Délia du Pommereux wagte den Sprung über die Alpen. Mit Milliondollarrhyme reiste ein Schwede an, dazu kamen die für die Scuderia Santese sich ins Zeug legenden Nordländer Usain Töll, Cokstile und Chief Orlando. So viel Internationalität war trotz des enormen Preisgelds selten geworden in den letzten Jahren.
Konnte Alessandro Gocciadoros Vivid Wise As, wie fast immer in letzter Zeit Matthieu Abrivard anvertraut, den beiden mit Vorlauf-Paukenschlägen aufwartenden Ehlert-Schützlingen Zacon Gio und Bleff Dipa im Endlauf eine Nase drehen? Er konnte - nach Ansicht der Wetter, die den Yankee-Glide-Sohn für 16:10 vorn sahen, und „aufm Platz“ ebenso, und dennoch nicht gewinnen.
Besitzer Antonio Somma, der nach Face Time Bourbons Sieg im Vorjahr die Honneurs entgegennehmen konnte, dürfte es mehr gewurmt haben als Abrivard, dass Trainingsgefährte Vernissage Grif ihm beim 112. (!) Auftritt mit dem 37. Volltreffer, der ihn mit 1.246.829 Euro zum Millionär werden ließ, in einem so emotionalen wie furiosen Finish den ersten Rang ablief.
Der Matchplan für die beiden Ehlert-Schützlinge, die von der „1“ (Zacon Gio) und „2“ (Bleff Dipa) loslegten, war schon kurz nach dem Start über den Haufen geworfen. Weitaus rassiger kam Vivid Wise As (3) in die Gänge und flog vor Zacon Gio in Front.
Dahinter wollte Bleff Dipa einparken, doch stopfte Crescenzo Maione mit Viscarda Jet (9) rasch das Loch, so dass der Mister-JP-Nachkomme an der frischen Luft bleiben und die unfreiwillige Lokomotive für Vernissage Grif (4), Milliondollarrhyme (5) und Achille BLV (6) spielen musste. Innen kamen Vincero‘ Gar (7) und Schlusslicht Usain Töll (8) unter.
Aus der Not der Todesspur entwickelte Antonio di Nardo die Tugend, dem Leader wenigstens das Leben schwer und den „Quälgeist“ für Trainingskamerad Zacon Gio zu machen. Extrem anspruchsvolle 1:10,3 lautete die 1.000-Meter-Zwischenzeit, und dieser harschen Pace sollte Bleff Dipa selbst erliegen. Im Scheitel der Schlusskurve lösten sich die Pärchen auf.
Milliondollarrhyme wurde als Erster in Spur drei beordert und hatte Achille BLV im Nacken. Gocciadoro wartete bis eingangs der Zielgeraden, und wie Vernissage Grif dann explodierte, war eine Augenweide. Nach perfektem Verlauf spurtete der Fuchs mit der markanten langen Blesse in einer Manier die Zielgerade herunter, der selbst der europaweit erfolgreiche Vivid Wise As nichts entgegenzusetzen hatte.
Man musste befürchten, Gocciadoro hüpfte 1½ Längen voraus im Überschwang der Gefühle aus dem Sulky. Hände hoch, dem Publikum zujubelnd, freute sich der so oft kritisierte und gescholtene 47-jährige aus Noceto wie ein kleines Kind.
Platz zwei und 132.000 Euro hielt sein „Stablemate“ ebenso leicht gegen Zacon Gio fest, und auch Milliondollarrhyme sackte Scheck Numero vier ohne Mitspracherechte Anderer ein. Für die letzte Prämie fand Masselmolch Usain Töll innen alle Wege offen und fing Viscarda Jet, die es weit außen versuchte, sowie Bleff Dipa haarscharf ab.
73. Gran Premio della Lotteria - Finale - (Gruppe I int., Vier- bis Zwölfjähr.)
1600m Autostart, 660.000 Euro
1. Vernissage Grif 10,1 Alessandro Gocciadoro 82
8j. Fuchshengst von Varenne a.d. Dalia Grif von Park Avenue Joe
Be: Gennaro Riccio; Zü: All. Il Grifone; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Vivid Wise As* 10,3 Matthieu Abrivard 16
3. Zacon Gio* 10,4 Roberto Vecchione 38
4. Milliondollarhyme 10,5 Franck Nivard 196
5. Usain Töll 10,6 Vincenzo-P. Dell’Annunziata 755
6. Viscarda Jet 10,7 Crescenzo Maione 323
7. Bleff Dipa* 10,7 Antonio di Nardo 46
8. Vincero’ Gar 10,8 Pietro Gubellini 668
9. Achille BLV 12,6 Enrico Bellei 543
*Vorlaufsieger
Sieg: 82; Richter: leicht 1½ - 1 - 1 - 1¼ - k.Kopf - Kopf - 1 Länge; 9 liefen
Zw-Zeit: 10,3/1000m
Wert: 276.000 - 132.000 - 72.000 - 36.000 - 24.000 sowie 120.000 Euro Züchterprämien
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6313163721112
Die Vorläufe
Sofort aufs Ganze ging Roberto Vecchione in Batteria A von der „7“ mit Zacon Gio und kurbelte gegen Achille BLV (2) und Zorro Wind (4), als gelte es nur über 600 Meter. Eingangs der ersten Kurve hatte er Zorro Wind aus dem Trab gehoben, ausgangs derselben die Spitze gegen „Achilles“ ergattert und sah sich umgehend dem Angriff Cokstiles ausgesetzt, hinter dem sich Dorgos de Guez und Always EK aufbauten.
Diesmal war der Part außen rum dem gebürtigen Norweger, der seine viel gepriesene „Härte 10“ jüngst im Campionato Europeo zu Cesena bewiesen hatte, ausnahmsweise zu anspruchsvoll. 500 Meter vor Abpfiff zeigte er Wirkung und musste den unter Vecchiones gütigen Hilfen immer weiter rennenden Zacon Gio ziehen lassen, so dass Dorgos de Guez früher als erhofft aus der Deckung beordert wurde.
Richtig voran kam der Fuchs mit der markanten Blesse allerdings auch nicht und verfehlte als Fünfter den Endlauf glasklar. Den erreichte hinter dem letztlich bombensicheren Zacon Gio völlig überraschend Viscarda Jet, die sich aus dritter Innenposition an Achille BLV um eine halbe Länge vorbei ackerte.
Vorläufe - 1600m Autostart, 25.300 Euro
Wert: 10.580 - 5.060 - 2.760 - 1.380 - 920 und 4.600 Euro Züchterprämien
Den Endlauf erreichen die besten Drei.
Batteria A
1. Zacon Gio 10,6 Roberto Vecchione 45
7j.dklbr. Hengst von Ruty Grif a.d. May Glade Font SM von Yankee Glide
Be: Giuseppe Franco; Zü: Scud. Bivans; Tr: Holger Ehlert
2. Viscarda Jet 10,8 Crescenzo Maione 401
3. Achille BLV 10,8 Enrico Bellei 106
4. Cokstile 11,2 Vincenzo-P. Dell’Annunziata 21
5. Dorgos de Guez 11,3 Jean-Michel Bazire 35
Zorro Wind dis.r. Örjan Kihlström 63
Always EK dis.r. Alessandro Gocciadoro 194
Zw-Zeit: 11,4/1000m
Sieg: 45; Richter: sicher 1¼ - ½ - 3 - 1 Länge; 7 liefen (NS Vaprio)
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6313153667112
Offensichtlich ausgezeichnet gewachst hatte Holger Ehlert, denn auch sein zweiter Starter präsentierte sich in Batteria B „1a“. Kaum hatte Pippo Gubellini mit Vincero‘ Gar (1) die Pole Position gegen den mächtig drückenden Chief Orlando behauptet, der anschließend hinter ihm und Bonneville Gifont an die Innenkante entschwand, und auf die Bremse getreten, kam Roberto Vecchione mit Bleff Dipa mit Siebenmeilenstiefeln angefegt und übernahm, als es am Zielschild vorbeiging, das Kommando.
Der Mister-JP-Sohn aus dem Besitz von Le-Trot-Chef Jean-Pierre Barjon hatte richtig Spaß an der Arbeit und sprudelte seinen Part herunter, dass der Rest nur staunend hinterdrein schauen konnte. Selbst Vernissage Grif, den Gocciadoro 500 Meter vorm Ziel hinter dem die äußeren Garden geleitenden Synergy auf Attacke polte, kam ihm nie entscheidend näher.
Wie ein Wiesel stiebte der Derby-Sieger des Jahres 2020 überlegen auf 2½ Längen davon zum achten Sieg, der sein Konto vorerst auf 704.280 Euro hievte. Dahinter raufte Vernissage Grif den sich zäh verteidigenden Vincero‘ Gar um eine knappe Länge nieder - und schien sich auf der Ziellinie „Kopf herunter“ vor dem souveränen „Winner“ zu verbeugen. Mit der „8“ nicht gerade hofiert, fand Délia du Pommereux bei der Höllenfahrt nie in vordere Gefilde.
Batteria B
1. Bleff Dipa 10,4 Roberto Vecchione 28
5j.dklbr. Hengst von Mister JP a.d. Preziosa JW von Lets Go
Be: Jean-Pierre Barjon, FR; Zü: Arcangelo di Pasquale; Tr: Holger Ehlert
2. Vernissage Grif 10,8 Alessandro Gocciadoro 21
3. Vincero’ Gar 10,9 Pietro Gubellini 63
4. Global Trustworthy 11,1 Antonio di Nardo 389
5. Synergy 11,8 Örjan Kihlström 112
6. Chief Orlando 11,8 Vincenzo-P. Dell’Annunziata 526
7. Délia du Pommereux 11,9 David Thomain 70
8. Bonneville Gifont 12,1 Lucio Becchetti 137
Zw-Zeit: 10,6/1000m
Sieg: 28; Richter: überlegen 2½ - ¾ - 1½ - 4 - 1 - 1 Länge; 8 liefen
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6313155184112
In Batteria C durfte endlich auch Gocciadoro jubeln, der alles, was er an Klassepferden im Stall hat, in die „Lostrommel“ geworfen hatte. Insgesamt kamen neun der 23 Vorlauf-Aspiranten aus dem Quartier des Campione; Nummer zehn wäre der abgemeldete Vaprio gewesen.
Wie fast immer in den letzten Monaten vertraute er Vivid Wise As Matthieu Abrivard an, und der 37-jährige enttäuschte ihn wiederum nicht. Abgezockt ließ er sich im zweiten Paar außen hinter Atik DL und vor Feydeau Seven und Bengurion Jet auf ein taktisches Geplänkel ein, während Usain Töll (1) vor Milliondollarrhyme, Birba Caf und Zinko Top den eher mäßigen Takt vorgab.
Bis zum Scheitel der „ultima curva“ wartete Abrivard mit Eiseskälte, bat dann zum finalen Tanz - und war mit dem Cagnes-Spezialisten rasch auf der Siegerstraße. Auch wenn’s nur eine Länge war, mit der er die beiden Schweden Milliondollarrhyme und Usain Töll abfertigte, fiel der Sieg dem Yankee-Glide-Sohn aus dem Besitz Antonio Sommas doch puppenleicht.
Die nächste Backpfeife setzte es für „JMB“: Sein Feydeau Seven verlor bei Vivid Wise As‘ krachender Tempoverschärfung sofort den Kontakt und verfehlte einen Finalplatz überdeutlich. So hat sich „Monsieur Bazire“ den Ausflug an den Vesuv sicher nicht vorgestellt. Noch schlechter erging es Bengurion Jet, der an der letzten Ecke abhob.
Batteria C
1. Vivid Wise As 11,1 Matthieu Abrivard 14
8j.br. Hengst von Yankee Glide a.d. Temple Blue Chip von Cantab Hall
Be: Scud. Bivans; Zü: Scud. Wise Sas; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Milliondollarhyme 11,3 Franck Nivard 101
3. Usain Töll 11,4 Vincenzo-P. Dell’Annunziata 110
4. Birba Caf 11,4 Enrico Bellei 368
5. Feydeau Seven 11,8 Jean-Michel Bazire 104
6. Zinko Top 11,9 Örjan Kihlström 111
7. Atik DL 12,2 Antonio di Nardo 361
Bengurion Jet dis.r. Alessandro Gocciadoro 51
Zw-Zeit: 12,1/1000m
Sieg: 14; Richter: leicht 1 - ½ - ½ - 3 - Hals - 2 Längen; 8 liefen
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6313157545112
Zum Trost 33.000 Euro…
…warteten in der Consolazione auf alle, die von den 14 nicht für den Endlauf Qualifizierten noch wollten. Neben anderen wollte Jean-Michel Bazire weder mit Feydeau Seven noch Dorgos de Guez, auch Cokstile wurde ein zweiter Auftritt erspart, so dass nur Sieben um die Beute stritten.
Von denen flitzte Birba Caf (2) vor Global Trustworthy (1) und Chief Orlando (3) nach vorn und regelte dort alles nach Belieben. An der Stätte, an der die Orlando-Vici-Tochter am 8. Dezember im Campionato Femmine die 4 Anni das letzte Mal zur Ehrenrunde umgedreht war, schlug sie 1½ Längen vor Global Trustworthy zum 13. Mal in ihrer 45 Auftritte umfassenden Laufbahn als Beste an.
Ganz bitter wurde es für die Franzosen, denn Délia du Pommereux eierte schon durch den ersten Bogen wie auf heißen Sohlen, fasste wieder Tritt und wurde als äußere Anführerin in der zweiten Kurve, durch die sie ähnlich unrund wackelte, ausgemustert.
Für Birba Caf, hinter der Enrico Bellei nicht einmal die Hand aufmachen musste, waren die 13.800 Euro nur ein Tropfen auf den heißen Stein: 282.956 Euro zieren das Konto der Fünfjährigen, die ihren größten Fischzug vor einem Jahr in Bolognas Gran Premio Continentale gelandet hatte.
Consolazione
1600m Autostart, 33.000 Euro
1. Birba Caf 11,9 Enrico Bellei 25
5j.br. Stute von Oropuro Bar a.d. Marasque von Cantab Hall
Be: Scud. Superfantastica Sas; Zü: Az.Agr. Castelluccio; Tr: Enrico Bellei
2. Global Trustworthy 12,1 Alessandro Gocciadoro 43
3. Zinko Top 12,2 Matthieu Abrivard 178
4. Atik DL 12,3 Antonio di Nardo 136
5. Zorro Wind 12,3 Örjan Kihlström 31
6. Chief Orlando 12,7 Vincenzo-P. Dell’Annunziata 137
Délia du Pommereux dis.r. David Thomain 60
Zw-Zeit: 13,7/1000m
Sieg: 25; Richter: leicht 1½ - 1 - ½ - ½ - 2½ Längen; 7 liefen
Wert: 13.800 - 6.600 - 3.600 - 1.800 - 1.200 und 6.000 Euro Züchterprämien