Vincennes, Sonntag, 1. Dezember 2024. Die Clôture, die Entscheidungsschlacht um den Gesamtsieg des seit dem 6. März über heuer 13 Etappen zum 43. Mal kreuz und quer durch Frankreich tingelnden Grand National du Trot für die einheimischen fünf- bis zehnjährigen Traber, fiel auf Seiten der Vierbeiner ins Wasser.
Christophe Jariel konnte, weil der mit gepflegten 19 Zählern Rückstand ärgste Verfolger Ibiki de Houëlle gar nicht in der Starterliste auftauchte, schon am Mittwoch die Korken knallen lassen: Mit den unter anderem aus drei Etappensiegen herrührenden 74 Punkten war Igrec de Celland auch theoretisch von Iguski Sautonne, dem nunmehr besten Herausforderer, nicht mehr vom Sockel der Gesamtwertung zu stürzen.
Das tat dem Feld dieses ersten Publikumsmagneten des seit fünf Wochen laufenden Winter-Meetings nicht den geringsten Abbruch, denn es war gespickt mit großen Namen und Seriensiegern wie Iroise de la Noé, Hero Sibey, der sich die letzten sieben Rennen an der Strippe eingeklinkt hatte, Ino du Lupin, mit dem sich Jean-Paul Marmion berechtigte Hoffnungen machen durfte, 22 Jahre nach Général du Lupin mal wieder den Sieger dieses 150.000-Euro-Highlights zu stellen.
In der illustren Reisegesellschaft stellte der Jahrgang 2018 - die Generation I - mit neun Aspiranten eindeutig das Gros, in das als Einzige Grâce du Digeon als Vierte in die prämierten Ränge einzubrechen vermochte. Die Last des Favoriten wechselte beinahe ständig und fiel kurz vorm „Ab“ dann doch etwas überraschend bei 45:10 mit Iroise de la Noé der Ärmsten der 14 zu.
Nach zwei Fehlstarts war beim gültigen Start Illusion Jipad früh Geschichte. Wie erwartet kam Yoann Lebourgeois am besten aus dem ersten Band, doch hatte auch Jean-Michel Bazire mit dem ebenso schwierigen wie laufgewaltigen Ibiscus Man heiße Kufen untergeschnallt und drückte, bis er kurz nach dem Abzweig der kleinen Bahn endlich auf dem Platz an der Sonne war. Innen hielten Hero Sibey, Jakartas des Prés und Igrec de Celland ihr Pulver trocken.
Keine Angst vor großen Tieren bewies Iroise de la Noé, mit der Damien Bonne mit Iguski Sautonne und Hero Sibey im Nacken munter angriff und „JMBs“ kompliziertem Kandidaten keine Atempause gönnte. Das war Wasser auf die Mühlen der Zulagenpferde, von denen sich der stark gehandelte Ino du Lupin Ende der Tribünengeraden einen rund 25 Meter kostenden Patzer leistete und bei dem strammen Tempo normalerweise heraus schien.
De facto jedoch machte der Marmion-Schützling munter weiter, stellte bergauf den Kontakt wieder her und fand in dem im dritten Paar außen liegenden It’s a Dollarmaker die beste Lokomotive, die er sich wünschen konnte. An der Intersektion der Pisten hatte Iroise de la Noé Ibiscus Man geknackt. Während Hero Sibey Mitte der Zielgeraden am Limit war und im Galopp ausfiel, wurde It’s a Dollarmaker nach einer Glanzfahrt Eric Raffins mit jedem Schritt prominenter.
Der wie gemalt aussehende Braune, der in jungen Jahren für die ganz große Route geboren schien, unter anderem im Prix de Paris 2024 als Fünfter ein Ausrufungszeichen gesetzt und erst seitdem zu konstanten Leistungen auf hoher Ebene gefunden hat, fing auf den letzten Metern im Kampf der beiden „Gelben“ die tapfere Levesque-Stute ab und feierte den lukrativsten seiner 16 Siege. Raffin war 20 Meter vorm Ziel noch nicht vorbei, als er im Überschwang der Gefühle die Peitsche kreiseln ließ.
Eine Überraschung war 2½ Längen dahinter der aus dem Nirgendwo heran schießende Idéal Ligneries, der sich im neuen Quartier von Jean-Philippe Monclin pudelwohl zu fühlen scheint. Erstmals aufmerken lassen hat der im Besitz von Sportmanager Roger Wittmann stehende Repeat-Love-Sohn beim Etappensieg vor 3½ Wochen in Nantes. Pechvogel Ino du Lupin musste für Platz fünf eine Gangartüberprüfung überstehen, die letztlich folgenlos blieb.
Wie gut dieser „Dollarmacher“, der nun 642.630 Euro auf dem Kerbholz hat, ist, wenn alles passt, verrät ein Blick auf die Siegzeit: Mit famosen 1:11,2 verbesserte er den 2019er Rennrekord des großen Cleangame um 0,3 Sekunden - und der war zu jenem Zeitpunkt fast doppelt so reich. Dabei hatte Jean-Paul Marmion, Trainer und Besitzer von Ino du Lupin, noch tags zuvor geunkt: „Wenn die Pferde aus dem ersten Band stramme 1:12 vorlegen, weiß ich nicht, wie die Zulage-Kandidaten das wettmachen sollen.“ Iroise de la Noé legte 1:11,8 hin, und sein Hengst schmetterte trotz eines kurzen Fehlers 1:11,5 aufs rekordträchtige Tapet.
„It’s a Dollarmaker war noch nie so gut drauf wie derzeit, und das, obwohl er bald sieben Jahre alt wird. Körperlich wird er immer ausgereifter. Nun muss noch die Psyche mitspielen, was auf diesem Niveau nicht leichter wird“, bekannte Raffin.
Für Sébastien Guarato war die Sache klar: „Er hat seine enormen Kapazitäten früh verraten, aber lange gebraucht, sie umzusetzen, weil er ein großes Pferd ist, das erst genügend Muskelmasse aufbauen musste. Darum hat er früher oft sein Pensum nicht durchgestanden, speziell wenn er es selbst angeschlagen hat. Heute lief’s mit Zulage grundsätzlich anders, und die hohe Fahrt war exzellent für ihn. Er fängt mit seinen 35 Starts gerade erst an, erwachsen zu werden. Der Sommer in der Provinz scheint ihm für Moral und Physis bestens bekommen zu sein.“
Die Gesamtwertung
Weil im vorderen Drittel Iguski Sautonne nach der Bergauf-Passage schachmatt war und unter „ferner liefen“ landete, änderte sich bei den Vierbeiner für die Gesamtwertung, in der It’s a Dollarmaker und Idéal Ligneries einen gewaltigen Satz auf Platz fünf und sechs machten, an den Stockerl-Plätzen nichts mehr.
Bei den „drivers“ baute Eric Raffin seinen Vorsprung auf 113 Zähler deutlich aus. Trotz magerer zwei Abschlusspunkte hielten David Thomain und Matthieu Abrivard mit 67 bzw. 63 Zählern „Silber“ und „Bronze“ fest. Auch bei den Trainern blieb alles beim Alten: Christophe Jariels Traum vom Gesamtsieg (66) erfüllte sich vor Matthieu Abrivard (58) und Franck Leblanc (55), der in der Clôture nicht präsent war.
43. Clôture du Grand National du Trot (Prix Maurice de Folleville; Gruppe II nat., Fünf- bis Zehnj., die an mindestens einer Etappe teilgenommen haben)
2850m Bänderstart, 25 Meter ab 385.000, 50 Meter ab 677.000 Euro (unbesetzt); 150.000 Euro
1. It’s a Dollarmaker 2875 11,2 Eric Raffin 58
6j.br. Hengst von Saxo de Vandel a.d. Salt Lake City von Insert Gédé
Be: Gianni Fascella, BE; Zü: NV Hicewa; Tr: Sébastien Guarato
2. Iroise de la Noé 2850 11,8 Mathieu Mottier 45
3. Idéal Ligneries 2875 11,4 Jean-Philippe Monclin 200
4. Grâce du Digeon 2875 11,4 Franck Nivard 450
5. Ino du Lupin 2875 11,5g Antoine Wiels 55
6. Icône Madrik 2850 12,6 Louis Baudouin 690
7. Ibiscus Man 2850 12,7 Jean-Michel Bazire 74
8. Igrec de Celland 2875 12,1 David Thomain 450
9. Jakartas des Prés 2850 12,9 Maxime Bézier 480
10. Iguski Sautonne 2850 13,0 Matthieu Abrivard 69
11. Hidalgo des Noés 2875 12,6 Julien Travers 930
12. Goal Star 2850 13,9 Yoann Lebourgeois 240
Hero Sibey 2850 dis.r. Damien Bonne 71
Illusion Jipad 2850 dis.r. Clarisse Lelièvre 810
Sieg: 58; Richter: sicher Hals - 2½ - ¾ - 1¼ - 6½ - Kopf - 1¼ Längen; 14 liefen
Zw-Zeiten: 12,9/1350m - 11,5/1850m - 11,7/2350m
Wert: 67.500 - 37.500 - 21.000 - 12.000 - 7.500 - 3.000 - 1.500 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-12-01/7500/4
Endstand (ab 20 Punkte) nach 13 Etappen und Clôture - (Amiens, Marseille-Borély, Lyon-La Soie, Cordemais, Le Croisé-Laroche, Laval, Bordeaux, St Malo, Le Mans, Cherbourg, St Galmier, Nantes, Toulouse; Vincennes):
Igrec de Celland 78 (3 Siege)
Ibiki de Houëlle 55 (2 Siege)
Iguski Sautonne 45 (2 Siege)
Hidalgo des Noés 38
It’s a Dollarmaker 36
Idéal Ligneries 32 (1 Sieg)
Hold Up du Digeon 31
Horchestro 28 (1 Sieg)
Hymne du Gers 26 (1 Sieg)
Grâce du Digeon 23
Ino du Lupin 23
Goal Star 22
Iroise de la Noé 22
Gruppe-Einstand mit Bravour
Mit einer mittelprächtigen Überraschung endete der Prix Philippe du Rozier für die vierjährigen einheimischen Sattelsprinter. Der seit Wochen in beiden Disziplinen in Überform agierende designierte Monté-Champion Mathieu Mottier, der diese Aufgabe vor Jahresfrist mit Je M’Envole gelöst hatte, bekam in voller Härte unter die Nase gerieben, dass auch er bei aller Klasse beim Pferd bleiben muss.
Das war sein alter Spezi Kyt Kat, mit dem er Zeit dessen Karriere unterm Sattel bis auf eine Ausnahme liiert war, vier Gruppe-II-Matches sowie mit dem Prix d’Essai eines der höchsten Güteklasse unter Dach und Fach gebracht hat. Berühmt-berüchtigt ist der Booster-Winner-Sohn aber auch für schlechte Tage, und einen solchen hatte der Dunkelfuchs heute erwischt, der ob der Ansage seines Mentors Thomas Levesque, die letzte Trainingseinheit sei brillant, als 18:10-Favorit hochgezogen wurde.
Dabei lief es gar nicht übel für ihn. Mottier suchte sich im Mittelfeld bei nicht extrem hohem Tempo den Rücken jener Kaya Dream, die ihn vor 19 Tagen über 2.700 Meter haarscharf bezwungen hatte. Kiss me Honey und Kel Air d’Eole legten gleich am Start die Karten im Galopp, wogegen Kapaula de l’Epine am rasantesten begann und sich gegen Kasbah Perrine und Kelvalse Castelets durchsetzte. Flink kam auch Gruppe-Debütantin Keengame in die Hufe, mit der Anthony Barrier so lange an der Temposchraube drehte, bis er am Gipfel endlich in Front war.
Dadurch wehte Kaya Dream der Fahrtwind der zweiten Spur um die Nase; noch weiter außen rüstete Kyrielle des Vaux mit Kondor als Anhängsel fürs Finale. In dem war Anthony Barrier wie auf Knopfdruck verblüffend leicht im Vorteil und bescherte Jean-Philippe Monclin, der die Stute der Ecurie Hunter Valley nach der leidigen schwedischen Trainer-Sperre im Frühjahr von Tomas Malmqvist „geerbt“ hat, nach Platz drei von Idéal Ligneries im GNT-Finale gleich das nächste Erfolgserlebnis.
Ein Hauen und Stechen um jeden Millimeter gab’s drei Längen dahinter für die Schecks zwei bis vier, aus dem die ganz außen raufende Kelly de Banville haarscharf als Nummer zwei vor der sich innen ins Zeug legenden Riesenaußenseiterin Kasbah Perrine und Mittelsfrau Kelvalse Castelets hervorging, wie erst die Vergrößerung des Fotos offenbarte. Jeden Pep vermissen ließen hingegen Kaya Dream und Kyt Kat, der eingangs der Zielgeraden auf freie Bahn fand.
Für die kernige Keengame, die Monclin zum erfolgreichen Monté-Pferd umgemodelt hat, das aus sieben Ausritten je drei erste und dritte Plätze gesammelt hat, war dieser erste Treffer auf Gruppe-Niveau zugleich der siebte der Laufbahn, mit dem ihr Konto auf 145.085 Euro kletterte.
„Sie hat einen enormen Motor, ist aber noch immer etwas diffizil, doch seit wir sie im Monté beschäftigen, hat sich das deutlich gebessert hat. Das scheint ihre wahre Passion zu sein. Weil sie in der Klasse aufgestiegen ist, hab ich sie vorn etwas leichter beschlagen lassen. Das haben sie und Anthony gut hingekriegt, denn bergab musste er vorsichtig zu Werke gehen. Ich hoffe, sie bleibt bei der Stange. Wir gehen mit ihr den klassischen Weg: In 14 Tagen geht’s im Prix de Vincennes der Gruppe I weiter“, fasste der Trainer zusammen
Sein Reiter ergänzte: „Die längere Distanz im ‚Vincennes‘ sollte für Keengame kein Problem sein. Sie beendete das Rennen mit gespitzten Ohren, darum glaube ich nicht, dass sie heute müde war.“ Höchst zufrieden war auch Paul Ploquin: „Kellys Endspurt war grandios. Sie ist in großartiger Verfassung, und das macht noch mal zusätzlich Mut für den Prix de Vincennes.“
Prix Philippe du Rozier - Monté - (Gruppe II int., vierj. Hengste & Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Keengame 11,8 Anthony Barrier 85
4j.schwbr. Stute von Express Jet a.d. Red Bell von Jag de Bellouet
Be: Ecurie Hunter Valley (Matthieu Millet); Zü: Claire-Noëlle Beaumont; Tr: Jean-Philippe Monclin
2. Kelly de Banville 12,0 Paul-Philippe Ploquin 99
3. Kasbah Perrine 12,0 Pierre-Yves Verva 970
4. Kelvalse Castelets 12,0 Guillaume Martin 490
5. Kaya Dream 12,2 Damien Bonne 94
6. Kyt Kat 12,2 Mathieu Mottier 18
7. Kyrielle des Vaux 12,2 Guillaume Lenain 420
8. Elise Ana 12,6 Alexandre Abrivard 270
9. Kondor 13,5 Alexis Collette 550
Kapaula de l’Epine dis.r. Adrien Lamy 100
Kel Air d’Eole dis.r. Alexandre Angot 530
Kiss me Honey dis.r. Eric Raffin 100
Sieg: 85; Richter: leicht 3 - k.Kopf - k.Kopf - 2 - ½ - Hals - 4 Längen; 12 liefen
Zw-Zeiten: 09,6/675m - 10,6/1175m - 11,8/1675m
Wert: 54.000 - 23.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro