Die acht Millionäre mit Bold Eagle als Frontmann der Geldschränke mussten sich kein Bein ausreißen, weil ihre Gewinnsumme für den Amérique ausreicht. Das war an den Beschlag-Angaben durchaus festzumachen war: Vitruvio, Uza Josselyn, Bilibili, der sich hier nur den Schliff für den Prix de Cornulier holen wollte, Bélina Josselyn traten rundum mit Eisen an. Looking Superb und Davidson du Pont hatten die Tickets bereits im Bretagne gesichert und sollten nur ein wenig heute ziemlich nasse Rennatmosphäre schnuppern, und die vier fünfjährigen Enino du Pommereux, Who’s Who, Erminig d’Oliverie und Vitruvio haben ja noch die Chance, sich in vierzehn Tagen im vermeintlich leichteren Prix Ténor de Baune die Eintrittskarten zu holen.
Extrem schwer taten sich folglich die „turfistes“ auf der Suche nach dem Favoriten. Lange neigte ihre Gunst sich dem erstmals seit seinem Breeder’s-Crown-Triumph bei ähnlich schlammigen Bedingungen am 20. Oktober im kanadischen Mohawk antretenden Bold Eagle zu, dessen „Equipage“ um Pierre Pilarski als (Laut-)Sprecher eigentlich immer gewinnen will. Erst in den letzten Minuten schwang das Pendel zu Vorjahrssiegerin Délia du Pommereux, die pikanterweise mit Franck Nivard gegen dessen langjährigen Spezi „Boldie“ antrat und zum Ab bei 39:10 tatsächlich erste Kraft des Wettmarkts war. Wieder einmal hatten die Experten den rechten Animus in einem Match, das Looking Superb und Who’s Who im Galopp begannen und einen roten Eintrag in die Sünderkartei bekamen, noch ehe die Startgerade verlassen war.
Délia du Pommereux schien sich der Wertschätzung am Totalisator vollauf bewusst zu sein und ergriff vor der ganz innen eindrehenden Billie de Montfort und der von weit außen schwungvoll neben ihr landenden Bahia Quesnot das Zepter. In dritter Linie war Tony Gio vor Valokaja Hindö, dem Jean-Michel Bazire durchaus zutraute, sich für das vermeintlich schwerste Trabrennen der Welt zu qualifizieren, Django Riff und Bold Eagle. Kaum hatte sich Tony Gio vor der Tribüne als Anführer der zweiten Spur installiert, wurde er von Valokaja Hindö und Enino du Pommereux verdrängt, womit Bahia Quesnot immer weiter zurückgeschoben und Bold Eagle in den Wind gestellt wurde. Die Folgen: Eric Raffin, der den Adler ziemlich sicher auch im Amérique steuern wird - Björn Goop ist am 26. Januar für Face Time Bourbon angekündigt -, trat das Gaspedal kräftig durch. Der Ready-Cash-Sohn rauschte mit mächtigem Flügelschlag an die Spitze, während es Bahia Quesnot den Platz an seiner rechten Seite okkupierte. Bei konstant 1:12,7er Fahrt kam erst ausgangs der Schlusskurve Bewegung ins erstarrte System. Lange schien der Adler aus der ungeliebten Frontlage nach Hause fliegen zu können. Sein Pech war der Rückzug der aufwändig vorgetragenen Bahia Quesnot, der zum Glück für Délia du Pommereux wurde. Sie schlüpfte gerade noch rechtzeitig in die Freiheit, um Bold Eagle um einen „Kopf“ die 47. große Tour zu vermasseln.
Ganz sicher schaffte auf kürzestem Weg die zweifache Millionärin Billie de Montfort bei ihrem 99. Auftritt als Dritte die direkte Qualifikation zu ihrer dritten Amérique-Teilnahme. Eine Länge hinter ihr ging’s dicht an dicht am Zielrichter vorbei. Enormen Durchzug und das Glück der Tüchtigen entwickelte im dichten Getümmel Uza Josselyn, die haarscharf vor Enino du Pommereux Rang vier ergatterte. Valokaja Hindö, zu Beginn der Zielgeraden als Erster in Spur drei auf Angriffsmodus gepolt, drang nicht wie erwünscht durch und musste mit Rang sieben hinter der zähen Bahia Quesnot vorliebnehmen. Von Bélina Josselyn war wie erwartet genauso wenig Offensivgeist zu sehen wie von Davidson du Pont und dem Rest. Im Vergleich der beiden Spitzentrainer schnitt diesmal Sébastien Guarato, der vier Kandidaten unter Order hatte, gegen das Quintett Bazires deutlich besser ab: 42.900 zu 1.100 Euro lautet die Ausbeute des 47-jährigen.
„Vom Fleck weg lief alles so, wie ich‘s mir nicht besser hätte wünschen können. Franckie hat trotz des knappen Ausgangs nicht mal die Zaumkulissen gezogen. Beim nächsten Auftritt wird sie rundum mit Eisen antreten und erst wieder im Amérique barfuß laufen. Im Vorjahr war sie vielleicht etwas zu früh in Top-Form und hat dann im Amérique nicht hundert Prozent gebracht. Ich hoffe, wir bekommen das diesmal besser hin“, strahlte Trainer Sylvain Roger (47), der letztmals im September 2018 selbst Rennen gefahren ist und für Groß-Prüfungen schon vorher Catchdriver gebucht hat. Nivard ergänzte: „Sie war top vorbereitet und der Verlauf alles andere als hart. Wir konnten uns prima verstecken. So wünsche ich mir den Amérique - dann spricht sie ernsthaft um eine Prämie mit.“
Mit einem Lächeln quittierte Guarato die knappe Niederlage seines Champions: „Wir hatten bis eine Stunde vorm Rennen ein kleines Problem mit einem der Hintereisen (Ohnehin lief Bold Eagle erstmals in der Aufmachung „vorn ohne, hinten mit Eisen“, nachdem das geplante „rundum barfuß“ vorsichtshalber wegen eines kleinen Hinterhuf-Problems abgesagt worden war./Anm.d.Red.). Er lief aus der Frontlage, die sich so ergeben hatte und die er nicht sehr mag, einfach grandios. Schade, dass er kurz vorm Ziel doch noch erwischt wurde. Alles ist im grünen Bereich“, wozu auch die Jagd auf Timoko zählt: Mit 4.951.117 Euro kommen dessen 5.006.731 Euro als allzeit gewinnreichster Traber des Globus immer deutlicher in Sicht.
Prix du Bourbonnais (Gruppe II int., vier- bis zehnj. Hengste und Stuten)
2850 Meter Bänderstart o.Z., 110.000 Euro
1. Délia du Pommereux 13,1 Franck Nivard 39
6j.br. Stute von Niky a.d. Noune du Pommereux von Halimède
Be / Zü: Noël Lolic; Tr: Sylvain Roger
2. Bold Eagle 3. Billie de Montfort 4. Uza Josselyn 5. Enino du Pommereux 6. Bahia Quesnot 7. Valokaja Hindö 8. Carat Williams 9. Vitruvio 10. Tony Gio 11. Bélina Josselyn 12. Davidson du Pont 13. Erminig d’Oliverie 14. Django Riff 15. Calaska de Guez 16. Bilibili Looking Superb Who’s Who |
13,1 Eric Raffin 13,2 Gabriele Gelormini 13,3 Pierre Vercruysse 13,3 Matthieu Abrivard 13,4 Junior Guelpa 13,4 Christophe Martens 13,4 David Thomain 13,4 Alessandro Gocciadoro 13,5 Jean-Philippe Monclin 13,5 Jean-Michel Bazire 13,6 Franck Ouvrie 13,6 Adrien Lamy 13,6 Anthony Barrier 13,6 Nicolas Bazire 13,7 Laurent-Claude Abrivard dis.r. Alexandre Abrivard dis.r. Örjan Kihlström |
42 540 1080 50 200 140 730 850 92 250 530 1720 1000 210 1900 770 130 |
Sieg: 39; Richter: Kampf Kopf - 1½ - 1 - Hals - k.Kopf - ¾ - Hals - 1 - k.Kopf - 1 Länge; 18 liefen
Zw-Zeiten: 12,7/1350m - 12,7/1.850m - 13,2/2350m
Wert: 49.500 - 27.500 - 15.400 - 8.800 - 5.500 - 2.200 - 1.100 Euro
Qualifiziert für den Prix d’Amérique:
Davidson du Pont, Chica de Joudes, Looking Superb (aus dem Prix de Bretagne)
Délia du Pommereux, Bold Eagle, Billie de Montfort (aus dem Prix du Bourbonnais)
Die nächsten Eintrittskarten werden an die Sieger des Critérium Continental und des Prix Ténor de Baune am 22. Dezember vergeben. Je drei Tickets gibt’s in den Prix de Bourgogne und de Belgique (29. Dezember bzw. 12. Januar).
Pfeilschnell die Favoritin gekippt
Im Gegensatz zu den einheimischen Hengsten, die tags zuvor ihre letzte große Probe vorm Critérium Continental hatten und bei denen die Rangliste mit Face Time Bourbon und seinen beiden Kronprinzen Falcao de Laurma und Fakir du Lorault ehern steht, bleibt bei den 2015 geborenen Damen die Position der Königin weiterhin vakant. Im Prix Ariste Hémard verkniff sich 19:10-Favoritin Freyja du Pont zwar, rundum barfuß mal wieder von Jean-Michel Bazire ins Gebet genommen, jeden falschen Schritt. Der nach betulichem Beginn rasante Überfall, mit dem die Quinoa-du-Gers-Tochter nach einem Kilometer die bis dahin den Takt vorgebende und unter ihrem Druck springende Fly With Us vom Regiestuhl jagte, hatte unterm Strich den entscheidenden Klacks zu viele Körner gekostet. Und weil auch Eric Raffin ganz gegen sonstige Gepflogenheiten Philippe Allaires offenbar Order hatte, der zuverlässigen Fashion Queen eine schonende Generalprobe zu verpassen und sich im vierten Paar innen ohne Not festfuhr, nutzte Jean-Philippe Dubois die Gunst der unverhofften Stunde.
Flèche du Yucca hatte vor 14 Tagen in einem „Course B“ mit einem kernigen Spurtsieg über die identische Distanz für Furore gesorgt und legte kurz, trocken und verblüffend leicht beim ersten Versuch auf halbklassischem Niveau nach. Zunächst als innere Vierte untergekommen, lavierte sie der ältere der Dubois-Söhne im Schlussbogen in den Rücken der die äußeren Garden anführenden Famous Lady. Als der 54-jährige sie 200 Meter vorm Ziel losließ, machte die Prodigious-Tochter ihrem (Vor-)Namen alle Ehre und flog wie ein Pfeil am verdutzten Bazire vorbei. 1½ Längen voraus meldete sie sich mit ihrem 11. Sieg aus lediglich 20 Versuchen höchst nachdrücklich für den Kreis der Thronanwärterinnen an. Ihr Konto wird wohl bald deutlich mehr als jene 164.170 Euro aufweisen, die derzeit für sie zu Buche stehen. Weit weniger spritzig präsentierte sich trotz aller Schonung Fashion Queen, die mühsam auf Touren kam und Féerie Wood für den untersten Stockerl-Platz nicht halten konnte.
Prix Ariste Hémard (Gruppe II nat., vierj. Stuten)
2700 Meter Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Flèche du Yucca 13,9 Jean-Philippe Dubois 107
4j.br. Stute von Prodigious a.d. Vincenza von Gobernador
Be: Ec. Victoria Dreams; Zü: Christian Bernard Martin; Tr: Philippe Moulin
2. Freyja du Pont 3. Féerie Wood 4. Fashion Queen 5. Flora Quick 6. Famous Lady 7. Favorite Fligny 8. Fiorentina Somolli 9. Folelli Fleur de Lys Délo Fly With Us Fend la Bise |
14,0 Jean-Michel Bazire 14,0 Alexandre Abrivard 14,1 Eric Raffin 14,1 Gabriele Gelormini 14,2 Gwenn Junod 14,2 Sylvain Dieudonné 14,3 Matthieu Abrivard 14,5 David Thomain dis.r. Pierre Vercruysse dis.r. Björn Goop dis.r. Franck Nivard |
19 390 37 310 340 170 760 820 1070 490 100 |
Sieg: 107; Richter: leicht 1½ - Kopf - 1 - 1 - k.Kopf - 1 Länge; 12 liefen
Zw-Zeiten: 13,6/1200m - 14,4/1700m - 14,8/2200m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Traumstunde im Matsch
„Italien contra Frankreich“ stand als Motto über dem Prix Albert Rayon für dreijährige Stuten, die keine 100.000 Euro verdient hatten. Vier, rechnet man die ins deutsche Gestütbuch eingetragene In Your Dreams hinzu, die von Jean-Pierre Dubois an den italienischen Geschäftsmann Renato Bruni verkauft worden und bei Alessandro Gocciadoro gelandet ist, sogar fünf Signorinas kreuzten mit sechs Demoiselles der Generation „G“ die Klingen. In Your Dreams, Schwester Impressive Ladys (2016 in Berlin Siegerin eines Breeders-Course-Vorlaufs) und Iron Creeks, ließ ihre sattsam bekannten Zicken im Stall und kehrte jene Verfassung hervor, die ihr im Sommer in Enghien einen viel beachteten Sieg über Jahrgangsprimus Gotland und Général du Parc beschert hatte. Wie üblich saß Matthieu Abrivard im Sulky der kompakten, ohne Check aufgebotenen Braunen und ließ sich mit der „1“ auf kein Vabanquespiel ein. Vorsicht war erste Pferdepflicht, und so ließ er Amelie Grif, Gazelle du Corta und All Wise As auf den ersten 500 Metern zügig auf der Pole Position durchwechseln.
Im Scheitel der Joinviller Kurve beorderte Björn Goop Amelie Grif wieder nach außen, und an sie wurde In Your Dreams angekoppelt. Kaum hatte sich Amelie zu Beginn des Anstiegs die Spitze zum zweiten Mal gesichert, kam die Donato-Hanover-Tochter zur Wachablösung angestiefelt. Als in zweiter Spur Giuletta Jet, in dritter Greyline anrückten, schien sich der streng innen ausharrende Goop sein eigenes Grab geschaufelt zu haben. 250 Meter vorm Ziel erwies sich, wie gut er daran getan hatte, dort zu bleiben. Wie auf Schienen brauste In Your Dreams zum vierten Karrieresieg davon, der mit vier Längen Vorsprung üppig ausfiel und ihr Konto um 31.500 auf 118.589 Euro stemmte - nach heutigen Eindrücken extrem stark ausbaufähig. Amelie Grif hielt Platz zwei eisern fest gegen die auf sie eindringenden Landsleute All Wise As und Amber Prad. Nur Rang fünf blieb der stärksten Französin Greyline.
Prix Albert Rayon (Gruppe III int., dreij. Stuten, keine 100.000 Euro)
2100 Meter Autostart, 70.000 Euro
1. In Your Dreams 13,6 Matthieu Abrivard 32
3j.br. Stute von Donato Hanover a.d. Iron Lady von Taurus Dream
Be: Bruni Racing Team AB, IT; Zü: Jean-Pierre Dubois, DE/FR;Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Amelie Grif 3. All Wise As 4. Amber Prad 5. Greyline 6. Glorissima 7. Giuletta Jet 8. Go Along 9. Gazelle du Corta 10. Anita Roc Giant Celebrity |
14,0 Björn Goop 14,0 Gabriele Gelormini 14,1 Alessandro Gocciadoro 14,2 Eric Raffin 14,2 Etienne Dubois 14,3 Franck Nivard 14,3 Anthony Barrier 14,4 Mathieu Mottier 14,6 Filippo Rocca agh. Jean-Philippe Dubois |
61 660 220 30 100 110 370 180 630 330 |
Sieg: 32; Richter: überlegen 4 - ½ - Hals - 1 - ¾ - ½ Länge; 11 liefen (NS Galaxie du Goutier)
Zw-Zeiten: 10,4/600m - 12,6/1100m - 14,2/1600m
Wert: 31.500 - 17.500 - 9.800 - 5.600 - 3.500 - 1.400 - 700 Euro