Der Sieg in Vincennes, der einen ähnlich hohen Stellenwert genießt wie jener bei der Schlussetappe der Tour de France der Pedaleure über die Champs Elysées, war ihm als haushoher Favorit hingegen verwehrt geblieben: Er hatte an jenem 2. Dezember 2018 „nur“ als Dritter angeschlagen.
Für 2019 hatte ihm Jean-Michel Bazire ob der enorm gestiegenen Gewinnsumme, derentwegen er auf jeder Etappe mit doppelter Zulage, also 50 Meter Mehrarbeit, hätte antreten müssen, ein grundsätzlich anderes Programm verschrieben. Einmal muss man antreten, will man bei der Clôture dabei sein; auf der 12. Station in Nantes löste der Ouragan-de-Celland-Sohn die Pflicht vor der großen Kür trotz besagter 50 Meter Zulage in bestechender Manier als Sieger. Die Crux jenes 6. November: Wegen zweier Fehlstarts bekam Bazire 15 Tage Fahrverbot aufgebrummt, musste sich für den „Ersatzspieler“ des im Sommer unter tragischen Umständen verstorbenen Aubrion du Gers selbst einen fahrerischen Ersatz suchen - und konnte im neuen französischen Champion Eric Raffin keinen Besseren finden.
Der 38-jährige, für den es in diesem Jahr läuft wie geschnitten Brot, stellte mit dem immer besser zu handhabenden, an der 2900-Meter-Startmarke als Solist loslegenden Cleangame zügig den Kontakt zum 14er-Pulk her, aus dem sich Emmanuel Allard mit Bachar als früher Leader vor Elvis Madrik, Copernic de Play, Belle Louise Mabon und Afghan Barbès herausschälte. Vor der Tribüne löste Défi de Retz, Bazires zweite Waffe, den die zweite Reihe anführenden Eclat de Gloire ab, dem Loris Garcia mit einem idealen Verlauf durchaus Chancen zugebilligt hatte, in die Quinté-Wette zu laufen. Baron de Bourg vor Calaska de Guez war der Nächste, und gar in dritter Spur spielte eingangs der Joinviller Kurve Cleangame mit Volldampf die Lokomotive für Dorgos de Guez, den am Start gesprungenen Black Jack From, Clarck Sotho und Beau de Grimoult.
Am Ende der Senke war Dorgos de Guez vorn, wurde jedoch bald von Cleangame abgelöst, der sich auch vom nach außen dirigierten Elvis Madrik nicht aufhalten ließ. Für den kleinen Raufer aus dem Entraînement Baudouin, der als Einziger auf der diesjährigen Rundfahrt zwei Etappen gewonnen hatte und als Leader der Gesamtwertung zwei Zähler vor Bachar unbedingt vor jenem anschlagen musste, sollte das (imaginäre) Maillot jaune auf seinen Schultern bleiben, ging dieser Schuss nach hinten los. Eingangs der Zielgeraden hatte er gar nichts mehr im Angebot und wurde bis auf Platz neun durchgereicht. Noch schlimmer erwischte es Bachar, der die letzten bescheidenen Formen unterstrich, völlig ausspannte, für einige zum inneren Prellbock wurde und als Elfter weit abgeschlagen ins Ziel trudelte.
Ganz anders Cleangame. Trotz der kraftraubenden Aufholjagd und des rassigen Durchzugs an die Spitze war der Siebenjährige für den 31. Volltreffer aus lediglich 48 Versuchen, von denen früher etliche in die Disqualifikations-Hose gegangen waren, keinen Moment zu erschüttern. Fast schon überlegen band Raffin den Sack 2½ Längen voraus gnadenlos mit einem Doppelknoten zu. Heiß her bei feucht-kühlen 4 Grad ging’s um den Ehrenplatz zur Sache. Tatsächlich schaffte innen entlang Eclat de Glorie den glorreichen Eklat zum Ehrenplatz vor Défi de Retz, der sich im Eifer des Gefechts 30 Meter vorm Pfosten verhaspelte und Rang drei im Galopp versiebte. Der fiel somit Calaska de Guez vor Belle Louise Mabon, die im Schlussbogen durch den nachlassenden Bachar deftig gestoppt worden war, Baron du Bourg und Dorgos de Guez zu, womit das Bazire-Quartett mit den Schecks eins, drei und sechs 79.300 der zur Debatte stehenden 130.000 Euro einsackte.
Hochzufrieden war natürlich der Vater des Sieges Jean-Michel Bazire, dem das dritte Trainerchampionat in Folge nach Siegen wie Gewinnen kaum noch zu nehmen ist: „Cleangame ist glatt und schwungvoll eingetreten, danach ist ihm Eric hervorragend gerecht geworden und hat ihm einen gleichmäßigen und vor allem reibungslosen Parcours verpasst. Er wird trotz seiner sieben Jahre immer besser. Ich denke, in 14 Tagen sehen wir ihn im Prix Jean Dumouch wieder, in den er mit seinen 1.188.220 Euro gerade noch hineinpasst. Dann werden für ihn als Wallach die Aufgaben in Vincennes allmählich knapp. Calaska war großartig, hat sich so präsentiert, wie ich sie erwartet habe. Dorgos wurde wohl etwas zu offensiv vorgetragen. Défi ist in der Endphase vielleicht auch ein wenig aus Müdigkeit aus dem Takt gekommen; er hat ja erst vor einer Woche ein schweres Match in 1:12,5 gewonnen.“
Clôture du Grand National du Trot (Prix Maurice de Folleville; Gruppe II nat., Fünf- bis Zehnj., die an mindestens einer Etappe teilgenommen haben)
2850m Bänderstart, 25 Meter ab 385.000, 50 Meter ab 677.000 Euro; 130.000 Euro
1. Cleangame 2900 11,5 Eric Raffin 24
7j.br. Wallach von Ouragan de Celland a.d. Red Bell von Jag de Bellouet
Be: Jean-Michel Rancoule; Zü: Alain-Louis Beaumont; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Eclat de Gloire 3. Calaska de Guez 4. Belle Louise Mabon 5. Baron du Bourg 6. Dorgos de Guez 7. Copernic de Play 8. Beau de Grimoult 9. Elvis Madrik 10. Cicero Noa 11. Bachar 12. Afghan Barbès Défi de Retz Black Jack From Clarck Sotho |
2850 12,9 Loris Garcia 2875 12,4 David Thomain 2850 13,1 Yves Dreux 2850 13,1 Jérémy-Gaston van Eeckhaute 2875 12,6 Nicolas Bazire 2850 13,4 Franck Blandin 2875 12,9 Franck Anne 2850 13,6 Franck Nivard 2875 13,1 Christophe Martens 2850 15,9 Emmanuel Allard 2875 15,5 Charles-Julien Bigeon 2850 dis.r. Alexandre Abrivard 2850 dis.r. Guillaume Gillot 2875 dis.r. Guillaume Martin |
290 180 750 780 77 600 730 47 1140 910 1260 48 320 380 |
Sieg: 24; Richter: überlegen 2½ - 2 - ¾ - ¾ - 1 - 3 Längen; 15 liefen
Zw-Zeiten: 14,3/1350m - 12,2/1850m - 11,5/2350m
Wert: 58.500 - 32.500 - 18.200 - 10.400 - 6.500 - 2.600 - 1.300 Euro
Fürs Gesamtklassement, das er im Vorjahr dominiert hatte, reichte Cleangames 1:11,5-Rekordlauf nicht, um ganz nach vorn zu sprinten. Ihm blieb hinter Elvis Madrik und Bachar, die lediglich „Fleißpunkte“ kassierten, Bronze vor Calaska de Guez. Den 15.000-Euro-Scheck für den erfolgreichsten „Entraîneur“ steckte sich, überlegen wie 2018, Jean-Michel Bazire vor seinem Freund Jean-Michel Baudouin, der 7.500 Euro Plus machte, und Emmanuel Allard (3.000 Euro) ein. Dank des Triumphzugs schwang sich Eric Raffin auf den letzten Drücker zum König der „Drivers“ auf und darf sich zukünftig die Aufzeichnung seiner Siege daheim auf einem Großbild-Fernseher anschauen. Nivard wird als Zweiter seine Siebensachen vielleicht in einem Rimowa-Reisekoffer mitnehmen, während „JMB“ bei der nächsten Fahrstrafe nicht zu Fuß gehen muss, wie es in Frankreich so schön heißt, sondern einen Elektroroller benutzen kann.
(Amiens, Marseille-Borély, Lyon-La Soie, Beaumont, La Capelle, Laval, Reims, St. Malo, Meslay-du-Maine, Cherbourg, Feurs, Nantes, Mauquenchy, Vincennes) - Top Ten:
für drei-, vier- und fünfjährige Franzosen durchs Neun-Punkte-Programm. Den Anfang über jeweils 2850 Meter (plus Zulagen) machte die 2012 geborene Generation „E“, bei der sich aufgrund des üppigen Angebots für diesen Jahrgang an den beiden vorangegangenen Vincenner Tagen lediglich ein Septett um die 80.000 Euro bewarb. Allein Earl Simon musste mehr arbeiten, und das mit 50 Metern gleich doppelt. Gleichwohl wurde der hochdekorierte, 610.110 Euro reiche Prodigious-Sohn als 15:10-Kraft aufgezogen und schien dieses immense Vertrauen auch rechtfertigen zu können. Nach 300 Metern hatte Franck Ouvrie mit ihm den Kontakt hergestellt, ab dem Bogen von Joinville hinter dem die äußeren Truppen anführenden Extrême Desbois eine exzellente Ausgangslage, die ideal wurde, als der Vordermann kurz vor Erreichen der Schlusskurve das Feld im Galopp räumte und Earl Simon freie Bahn verschaffte.
Richtig frisch war der Earl dann aber nicht mehr, musste höllisch aufpassen, dass ihn der innen durchschlüpfende Emblème Castelets und der aus seinem Windschatten außen munter werdende Eveil du Lupin nicht erwischten. Geradezu explosiv beschleunigte Echo de Chanlecy, dem Tony Le Beller ein meisterlich verdecktes Rennen verpasst hatte. Locker um 1½ Längen flitzte der Quinoa-du-Gers-Sohn an allen zum fünften und wertvollsten Volltreffer aus immerhin schon 43 Auftritten vorbei und belohnte seine wagemutigen Anhänger mit Sieg-Odds von 189:10.
Bei den Dreijährigen setzte sich, obwohl ihm permanent der äußere Fahrtwind um die Nase wehte, Gimy du Pommereux mit Matthieu Abrivard leicht durch, wobei bis auf den aus dem Zulagenband ganz blass bleibenden Général du Parc die gesamte Jahrgangsspitze durch Abwesenheit glänzte. 31.500 der zur Disposition stehenden 70.000 Euro wanderten ins Quartier von Sylvain Roger bzw. Züchter und Besitzer Noël Lolic. Ein ähnlich anspruchsvolles, durch Rochaden zusätzlich erschwertes Programm drückte Anthony Barrier im Open des 4 Ans 18:10-Favorit Fifty Black auf. Das nahm der mächtige Schwarzbraune, der für Trainer Grégory Thorels eigene Kasse läuft, nicht übel und raufte sich zum fünften Sieg - zugleich dem vierten rundum barfüßigen.