Montegiorgio, Sonntag, 10. November 2024. Wenn am zweiten Sonntag im November 24 bunte Fahnen auf dem Ippodromo San Paolo von Montegiorgio wehen, ist das ein untrügliches Zeichen für den heuer zum 36. Mal ausgetragenen Palio dei Comuni.
Er ist der berühmteste der Traber - einen Ableger gibt‘s beispielsweise in Wien -, der eine mittelalterliche Gepflogenheit aufgenommen hat: Damals im Sattel hoch zu Ross ging es zwischen einzelnen Zünften, Gilden oder Stadtvierteln im wilden Galopp um den Marktplatz. Die Ehre, den Sieger zu stellen, war groß, und nicht immer ging es mit ganz fairen Mitteln zu, schon was die Verpflichtung von Pferden und Jockeys betraf.
Jener Palio von Siena ist der berühmteste und so etwas wie der Vater dessen, den Montegiorio, das am Osthang der Abruzzen rund 20 Kilometer von der Adria-Küste gelegene 7.000-Einwohner-Städtchen, 1989 zum Leben erweckt hat.
Glücklich durften sich die Kommunen schätzen, für deren wörtlich zu nehmende Fahne eins der sieben von Gocciadoro vorbereiteten Gespanne antrat, noch glücklicher jene, für die der „Campione“ selbst im Sulky saß.
Vier Franzosen ohne Sulky und Geschirr
Apropos Sulky: Den ersten Misston gab’s vor der Veranstaltung, als die aus Joyner Sport, der letztlich zum Nichtstarter deklariert wurde, Eclat de Gloire, Idéal San Leandro und Girolamo bestehende Equipe tricolore am Morgen gegen 7.00 Uhr feststellen musste, dass ihr gesamtes Equipment inklusive Sulkys in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf der videoüberwachten Rennbahn verschwunden - vulgo geklaut - worden war.
Die Verantwortlichen der Rennbahn räumten eine Lücke im Sicherheitssystem ein. Zum Glück konnte Ersatz beschafft werden, so dass die verbliebenen drei „Musketiere“ starten konnten. Der Schaden beträgt zwischen 35.000 und 40.000 Euro. Sollte das Equipment nicht wieder beschafft werden können, versprach Rennbahn-Präsident Salvatore Matti, den Verlust vollständig abzudecken.
Die Vorläufe
In Batteria A, aus der Joyner Sport gestrichen wurde, Ersatzpferd Bigiarella Rek nicht einsatzfähig war und Dakovo Mail und Calima di Poggio ihre Contraden nach Startgalopps mit langen Gesichtern zurückließen, durfte Francavilla d‘Eté frohlocken: Das vier Kilometer nördlich von Montegiorgio liegende 1.000-Seelen-Dorf hatte mit Dany Capar ohnehin den klaren Favoriten unter Order, mit dem der ins unschuldige Weiß mit roten Ärmeln gekleidete Alex Gocciadoro vom Fleck weg nichts anbrennen ließ.
Ratzfatz schnappte sich der Exploit-Caf-Sohn das Kommando, rochierte, als es erstmals vor Publikum ging, kurz mit Trainingskameradin Dali Prav und war fortan Herrscher des schmalen Fünferfeldes. Der Fünfjährige tat nicht mehr als nötig, konnte aber nicht verhindern, dass die von Afrim Shmidra vorbereitete Assia Luis, nach einem Kilometer auf den Todessitz lanciert, sich an Dali Prav vorbei auf Platz zwei raufte, was im Hinblick auf eine gute Ausgangslage im Finale nicht ganz unwichtig war.
Weil Zinko Top schon 300 Meter vorm Ziel alles andere als top war und den Kontakt verlor, hatte Ziguli dei Greppi für den Finalplatz vier nichts mehr zu halten.
Nahtlos weiter ging die Gocciadoro-Show in Batteria B durch Bengurion Jet, der in einem beinharten Gefecht von der „4“ gegen Akela Pal Ferm (5) das Kommando an sich riss. Ganz schlüssig war sich Antonio di Nardo nicht, ob er sich dahinter vor Eletta Star an die Innenkante quetschen sollte, und so ackerte die Vorjahrssiegerin halb zwischen erster und zweiter Spur in der Todeslage und spendierte dem Lasbeker Oscar L.A. (2) vor Idéal San Leandro (3) zumindest halben Windschatten.
400 Meter vorm Ziel seilte sich Eletta Star nach hinten ab, 200 Meter weiter war Akela Pal Ferm am Limit und versuchte innen entlang wenigstens eine Finalfahrkarte zu retten, was als Vierte auch gelang. Gegen Bengurion Jet war nichts zu löten, der derart stark wirkte, dass Civitanova Marche auch fürs Finale berechtigte Hoffnungen hegen durfte.
Den Doppelschlag des Teams Gocciadoro vollendete Oscar L.A., den Magnus Djuse innen vorbei zum Ehrenplatz stukte. Idéal San Leandros Team konnte sich mit Platz drei halbwegs über den oben angesprochenen Diebstahl trösten.
Sieg Nummer drei für Gocciadoro und der Jubel der Fans von Porto Sant’Elpidio waren fest eingeplant für Batteria C. Wer sollte Click Bait in die Suppe spucken? Der US-Boy aus langjährigen Diensten Stefan Melanders trat nicht nur auf seiner Paradestrecke an, sondern hatte die optimale „Rampe 3“ zugeschanzt bekommen und im Campionato Europeo zu Cesena bewiesen, dass er selbst drei Sprints an einem Nachmittag klaglos wegzustecken vermag.
Platz acht im Gran Premio delle Nazioni zu Mailand war ein Muster ohne Wert, führt der doch über die Mitteldistanz, die dem Cantab-Hall-Sohn seit je her deutlich zu lang ist.
Während die Lindinger-Stute Blind Date (4) im Galopp begann, hatte Click Bait keine Mühe, auf der 350 Meter langen Startgeraden, die den Gespannen ähnlich der Gelsenkirchener „Schachtel“ einen Bogen erspart, Cuba del Duomo (2) und Eclat de Gloire (1) auszufahren. Roberto Vecchione drückte mit Caronte Trebi (5) nur so lange, bis das Loch hinter dem 15:10-Favoriten fürs Einparken groß genug war.
Alles im Lot also für den Achtjährigen, der sich klein machte wie eine Katze und die Kamarilla im Sack zu haben schien. Die grenzenlose Ernüchterung kam 250 Meter vorm Ziel. Die vorgelegten 1:11,7 für den ersten Kilometer entpuppten sich plötzlich als bleischwerer Malus. Unter Callistos (6) Dauerfeuer streckte er gründlich die Waffen und verfehlte als Sechster das Finale sonnenklar.
Genau richtig eingeschätzt hatte hingegen Vincenzo Luongo die Kapazitäten Callistos, der sich überlegen vier Längen vor der Walner-Tochter Life Itself aus dem Staub machte, der Magnus Djuse aus dem Rücken des Siegers ungeahnte Speed-Reserven entlockte. Sie schlug knapp vor Caronte Trebi an. Zu spät kam Eclat de Gloire auf Touren, der weit außen die kleinste Prämie in Höhe von 300 Euro einsackte; eine extrem schwache Satisfaktion für den Tiégo-d’Etang-Nachkommen, der sich im Vorjahr einen Vorlauf gesichert hatte.
Palio dei Comuni (Gruppe I int.)
Vorläufe à 1600 Meter Autostart, 8.250 Euro
Wert: 3.450 - 1.650 - 900 - 450 - 300 und 1.500 Euro Züchterprämie
Ins Finale kommen die jeweils besten Vier.
1. Batteria (Premio Dryade de Bois)
1. Dany Capar 13,1 Alessandro Gocciadoro 14
5j.br. Wallach von Exploit Caf a.d. Sueiá della Luna von Ganymède
Be: Leonardo Cecchi; Zü: Az.Agr. Silvano Caparrini; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Assia Luis 13,2 Antonio di Nardo 90
3. Dali Prav 13,4 René Legati 42
4. Ziguli dei Greppi 13,5 Manuel Pistone 73
5. Zinko Top 14,1 Filippo Gallo 238
Calima di Poggio agh. Mario Minopoli jr 208
Dakovo Mail dis.r. Magnus Djuse 160
Sieg: 14; Richter: sicher 1 - 2 - ½ - 5 Längen; 7 liefen (NS Joyner Sport, Ersatzpferd Bigiarella Rek)
Zw-Zeit: 12,8/1000m
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6364508523112
2. Batteria (Premio Moni Maker)
1. Bengurion Jet 11,6 Alessandro Gocciadoro 29
7j.br. Hengst von Maharajah a.d. Love me Tender von Supergill
Be: Le Siepi Horse Racing, IT; Zü: Az.Agr.Toniatti Giacometti, IT; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Oscar L.A. 11,7 Magnus Djuse 60
3. Idéal San Leandro 11,8 Christophe Martens 60
4. Akela Pal Ferm 11,9 Antonio di Nardo 21
5. Doc Indal 12,0 Lucio Becchetti 114*
6. Girolamo 12,2 Giampaolo Minnucci 200
7. Altaseta del Pino 12,4 René Legati 114*
8. Eletta Star 12,6 Gaetano di Nardo 184
*Stallwette
Sieg: 29; sicher ½ - ¾ - Hals - 1½ - 1½ - 1½ - 1½ Längen; 8 liefen
Zw-Zeit: 12,4/1000m
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6364510585112
3. Batteria (Premio Pascia’ Lest)
1. Callisto 11,8 Vincenzo Luongo 125
6j.schwbr Hengst von Nad Al Sheba a.d. Medley d’Italia von Brad’s Photo
Be: Scud. Santese; Zü: Roberto Stancari; Tr: Mattia Orlando
2. Life Itself 12,2 Magnus Djuse 241
3. Caronte Trebí 12,3 Roberto Vecchione 54
4. Cuba del Duomo 12,3 Rene’ Legati 587
5. Eclat de Gloire 12,4 Loris Garcia 35
6. Click Bait 12,5 Alessandro Gocciadoro 15
7. Castaldo Cas 12,7 Gaetano di Nardo 422
Blind Date agh. Antonio di Nardo 232
Sieg: 125; überlegen 4 - Hals - ¾ - ½ - 1 - 1½ Längen; 8 liefen
Zw-Zeit: 11,7/1000m
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6364511340112
Im Finale entschied sich Gocciadoro für den „armen” Dany Capar, vertraute den viermal so reichen Bengurion Jet Magnus Djuse an - dafür wurde Oscar L.A. von Federico Esposito an die Kandare genommen - und traf damit die richtige Wahl.
Dany Capar legte von der „2“ einen Katapultstart vom Feinsten hin, und weil Bengurion Jet (1) eher dezent begann, konnte sich die nicht viel langsamer auf die Füße findende Akela Pal Ferm (7) im Windschatten des Favoriten einordnen. Bis in den ersten Bogen suchte Callisto mit unerhörtem Druck vergeblich, den Leader aus dem Amt zu jagen.
Nachdem die Fronten zwischen diesen Beiden geklärt waren, entwickelte sich ein taktisches Match, für das die ersten 1.000 Meter in bescheidenen 1:13,2 abgewickelt wurden. Innen waren Life Itself (9), Cuba del Duomo (12) und Ziguli dei Greppi die Nächsten. Außen warteten Assia Luis (5), Caronte Trebi (10), Dali Prav (11) und Idéal San Leandro (6), dass die Pace wieder anziehen möge.
Wo war Oscar L.A.? Der Lasbeker scheiterte an seiner eklatanten Startschwäche, blieb mit der „4“ allein in dritter Spur hängen und stand dort auf verlorenem Posten, als für die letzte halbe Runde die Ärmel hochgekrempelt wurden. Eingangs der Zielgeraden war Callisto abserviert, doch was nach einem lockeren Durchmarsch Dany Capars aussah, bekam einen letzten Thrill, der die Massen begeistert mitgehen ließ.
Innen entlang warf sich Akela Pal Ferm voller Inbrunst in die Schlacht, und Montegiorgio durfte tatsächlich hoffen, den im Vorjahr eroberten Titel zu behalten. Es war ein hartes Stück Arbeit für Dany Capar, sich die Braune mit der langen Blesse um eine halbe Länge vom Leib zu halten und den 16. Treffer aus 62 Starts zu setzen, mit dem sein Konto auf 168.105 Euro kletterte. Zugleich war’s das erste Mal, dass Francavilla d’Ete den Ehrenschild für ein Jahr in Besitz nahm.
Fast schon eine Sensation, wie Assia Luis sich aus dem Rücken Callistos zur größten Tat ihrer 114 Starts umfassenden Karriere aufraffte und einen anerkannten Crack wie Bengurion Jet leicht um 2½ Längen auf Platz vier verbannte.
Alessandro Gocciadoro machte als Fahrer zum sechsten Mal eine Contrade stolz: Auf Linda di Casei 2011 folgten Peace of Mind 2017 und 2018, Global Trustworthy 2021 und Bengurion Jet 2022.
XXXVI. Gran Premio Palio dei Comuni - Finale - (Gruppe I)
1600 Meter Autostart, 129.250 Euro
1. Dany Capar* 12,1 Alessandro Gocciadoro 23
5j.br. Wallach von Exploit Caf a.d. Sueiá della Luna von Ganymède
Be: Leonardo Cecchi; Zü: Az.Agr. Silvano Caparrini; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Akela Pal Ferm 12,1 Antonio di Nardo 150
3. Assia Luis 12,2 Giampaolo Minnucci 345
4. Bengurion Jet* 12,5 Magnus Djuse 34
5. Caronte Trebí 12,6 Roberto Vecchione 167
6. Callisto* 12,6 Vincenzo Luongo 44
7. Idéal San Leandro 12,6 Christophe Martens 155
8. Cuba del Duomo 12,7 Gennaro Pacileo 492**
9. Life Itself 12,9 Lucio Becchetti 765
10. Ziguli dei Greppi 13,0 Manuel Pistone 513
11. Oscar L.A. 13,9 Federico Esposito 82
Dali Prav dis.r. René Legati 492**
*Vorlaufsieger; ** Stallwette
Sieg: 23; Richter: sicher ½ - ¾ - 2½ - ½ - Kopf - Kopf - 1 - 1½ - 1 Länge; 12 liefen
Zw-Zeit: 13,2/1000m
Wert: 54.050 - 25.850 - 14.100 - 7.050 - 4.700 sowie 23.500 Euro Züchterprämie
Trainer: Gocciadoro – Casillo – Shmidra – Gocciadoro – Ehlert
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6364513261112